Die Stimme aus dem Telefon des Camerlengos klang metallisch und kalt und troff vor Arroganz. Jeder im Raum lauschte gebannt.
Langdon versuchte den Akzent zu identifizieren. Vielleicht Mittlerer Osten?
»Ich bin ein Bote eines alten Bundes«, verkündete die Stimme in merkwürdigem Ton. »Einer Bruderschaft, die Sie seit Jahrhunderten verleumdet haben. Ich bin ein Bote der Illuminati.«
Langdon spürte, wie er sich versteifte, als die letzten Spuren von Zweifel schwanden. Einen Augenblick lang empfand er den gleicher! vertrauten Widerspruch aus Nervenkitzel, Privilegiertheit und tödlicher Furcht, der von ihm Besitz ergriffen hatte, als er am frühen Morgen zum ersten Mal das Ambigramm gesehen hatte.
»Was wünschen Sie?«, fragte der Camerlengo.
»Ich repräsentiere Männer der Wissenschaft. Männer, die wie Sie selbst nach Antworten suchen. Antworten auf das Schicksal des Menschen, auf den Sinn seines Daseins und auf seinen Schöpfer.«
»Wer auch immer Sie sein mögen«, sagte der Camerlengo, »ich.«
Silenzio! Sie tun besser daran, mir zuzuhören. Zwei Jahrtausende hat die Kirche die Suche nach der Wahrheit dominiert. Sie haben Ihre Gegner mit Lügen und Untergangsprophezeiungen vernichtet. Sie haben die Wahrheit zu Ihren Zwecken manipuliert und diejenigen ermordet, deren Entdeckungen Ihrer Politik zuwider liefen. Sind Sie tatsächlich überrascht, dass Sie sich erleuchtete Männer aus der ganzen
Welt zum Feind gemacht haben?«
» Erleuchtete Männer flüchten sich nicht in Erpressung, um ihre Sache voranzubringen.«
» Erpressung?« Der Anrufer lachte. »Dies ist keine Erpressung. Wir haben keine Forderungen. Die Vernichtung des Vatikans ist nicht verhandelbar. Wir haben vierhundert Jahre auf diesen Tag gewartet. Um Mitternacht wird Ihre Stadt zerstört, Es gibt nichts, was Sie dagegen unternehmen könnten.«
Olivetti stürmte zum Telefon. »Sie können unmöglich in die Stadt eingedrungen sein! Sie können keine Bombe in der Vatikanstadt versteckt haben!«
»Sie sprechen mit der ignoranten Hingabe des Schweizergardisten. Wahrscheinlich sind Sie Offizier? Sicher wissen Sie sehr genau, dass die Illuminati jahrhundertelange Erfahrung im Infiltrieren elitärer Organisationen überall auf der Welt besitzen. Glauben Sie allen Ernstes, Ihr Vatikan wäre dagegen immun?«
Mein Gott, dachte Langdon, sie haben jemanden in der Vatikanstadt! Es war kein Geheimnis, dass Infiltration das Markenzeichen der Illuminati und ihr erprobter Weg zur Macht gewesen war. Sie hatten die Freimaurer infiltriert, Großbanken, Regierungen. Churchill hatte einmal zu Reportern gesagt, dass der Krieg in weniger als einem M^nat vorüber gewesen wäre, hätten englische Spione die Nazis in dem Ausmaß infiltriert, in dem das englische Parlament von Mitgliedern der Illuminati durchsetzt gewesen sei.
»Ein durchsichtiger Bluff!«, fauchte Olivetti. »Ihr Einfluss kann sich unmöglich bis hinter unsere Mauern erstrecken!«
»Warum nicht? Weil Ihre Schweizergarde so wachsam ist? Weil sie jeden Winkel Ihrer privaten Welt überwacht? Was ist mit den Gardisten selbst? Sind sie nicht auch Menschen? Glauben Sie allen Ernstes, sie würden ihr Leben für die Fabel um einen Mann hingeben, der über das Wasser gelaufen sein soll? Fragen Sie sich, wie der Behälter mit Antimaterie in Ihre Stadt gelangen konnte. Oder wie vier Ihrer wichtigsten Aktivposten heute Nachmittag unbemerkt aus der Stadt verschwinden konnten.«
»Aktivposten?« Olivetti runzelte die Stirn. »Was meinen Sie damit?«
»Eins, zwei, drei, vier. Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, dass etwas fehlt?«
»Wovon reden.?« Olivetti stockte und riss die Augen auf, als hätte er einen Schlag in den Unterleib erhalten.
»Ah, ich merke, es dämmert«, sagte der Anrufer. »Soll ich ihre Namen nennen?«
»Was geht da eigentlich vor?«, fragte der Camerlengo verwirrt.
Der Anrufer lachte. »Ihr Offizier hat Sie also noch nicht informiert? Das überrascht mich nicht. So viel Stolz. Wahrscheinlich schämt er sich, Ihnen die Wahrheit zu gestehen. dass vier Kardinale, die er mit seinem Leben zu schützen geschworen hat, spurlos vom Erdboden verschwunden sind.«
»Woher haben Sie diese Information?«, brauste Olivetti auf.
»Camerlengo«, spottete der Anrufer, »fragen Sie Ihren Oberst, ob sich sämtliche Kardinale in der Sixtinischen Kapelle eingefunden haben.«
Der Camerlengo wandte sich zu Olivetti und funkelte ihn fragend an.
»Monsignore.« Olivetti beugte sich herab und flüsterte in das Ohr des Camerlengos. »Es trifft zu, dass vier der Kardinale noch nicht in der Sixtinischen Kapelle erschienen sind, doch es gibt keinen Grund zur Besorgnis. Jeder von ihnen hat sich heute Morgen in der Residenz gemeldet, daher wissen wir, dass sie sich noch in der Vatikanstadt befinden. Sie selbst haben noch vor einigen Stunden mit ihnen Tee getrunken. Sie haben sich lediglich verspätet und versäumen die stille Begegnung vor der eigentlichen Konklave. Wir suchen nach ihnen, doch ich bin sicher, sie haben einfach das Gefühl für die Zeit verloren und genießen noch immer die Gärten.«
»Genießen die Gärten?« Die Ruhe aus der Stimme des Camerlengos war wie weggeblasen. »Sie sollten seit über einer Stunde in der Kapelle sein!«
Langdon warf Vittoria einen erstaunten Blick zu. Verschwundene Kardinale? Danach suchen die Gardisten also so hektisch!
»Sie werden unsere Bestandsliste recht überzeugend finden, denke ich. Wir haben da einen Kardinal Lamasse aus Paris, einen Kardinal Guidera aus Barcelona, Kardinal Ebner aus
Fankfurt.«
Mit jedem Namen, den der Anrufer nannte, schien Olivetti zu schrumpfen.
»Und aus Italien.« Der Anrufer zögerte, als empfände er beim letzten Namen besonderes Vergnügen.». Kardinal Baggia.«
Der Camerlengo sank zusammen wie ein Schiff, das mit vollen Segeln in eine Flaute rauscht. Seine Soutane flatterte, und er sank in seinen Stuhl zurück. »Il preferiti«, flüsterte er. »Die vier Favoriten. einschließlich Baggia. der wahrscheinlichste Nachfolger als Pontifex maximus. wie ist das nur möglich?«
Langdon hatte genug über neuzeitliche Papstwahlen gelesen, um den Ausdruck von Verzweiflung zu verstehen, der sich auf dem Gesicht des Camerlengos wider spiegelte. Obwohl rein technisch betrachtet jeder Kardinal unter achtzig Jahren zum Papst gewählt werden konnte, besaßen nur sehr wenige den Respekt, um sich im Verlauf des wilden Abstimmungsmarathons die notwendige Zweidrittelmehrheit zu sichern. Sie wurden preferiti genannt, und sie alle waren
verschwunden.
Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn des Camerlengos. »Was haben Sie mit diesen Männern vor?«
»Was glauben Sie denn, was ich mit ihnen vorhabe? Ich bin ein Nachfahre der Hashishin.«
Langdon lief ein Schauer über den Rücken. Er kannte den Namen gut. Die Kirche hatte sich im Lauf der Jahrhunderte eine Reihe tödlicher Feinde gemacht - die Hashishin, die Templer, Armeen, die entweder vom Vatikan gejagt oder betrogen worden waren.
»Lassen Sie die Kardinale gehen«, sagte der Camerlengo. »Reicht nicht die Drohung, Gottes Stadt zu zerstören?«
»Vergessen Sie Ihre vier Kardinale. Sie werden sie nicht wiedersehen. Doch ich kann Ihnen versichern, dass man sich an ihren Tod noch lange erinnern wird. Millionen werden sich an sie erinnern. Der Traum eines jeden Märtyrers. Ich werde sie zu Lichtgestalten für die Medien machen. Einen nach dem anderen. Um Mitternacht werden die Augen der ganzen Welt auf die Illuminati blicken. Warum sollten wir die Welt ändern, während die Welt wegsieht? Öffentliche Hinrichtungen erwecken ein schauriges Interesse, meinen Sie nicht? Sie waren es schließlich, die das vor langer Zeit bewiesen haben. die Inquisition, die Folterungen der Templer, die Kreuzzüge.« Er verstummte. »Und natürlich la purga«, fügte er hinzu.
Der Camerlengo schwieg.
»Sie erinnern sich nicht an la purga?«, fragte der Anrufer. »Nein, selbstverständlich nicht. Sie sind ja noch ein halbes Kind. Priester sind außerdem schlechte Historiker. Liegt es vielleicht daran, dass sie sich ihrer Geschichte schämen?«
»La purga«, hörte Langdon sich sagen. »1686. Die Kirche hatte vier Wissenschaftler aus den Reihen der Illuminati mit dem Symbol des Kreuzes gebrandmarkt. Um sie von ihren Sünden zu läutern.«
»Wer spricht da?«, fragte der Anrufer. Er klang mehr fasziniert als besorgt. »Wer befindet sich sonst noch alles bei Ihnen, Cammerlengo?«
» Mein Name tut nichts zur Sache«, entgegnete Langdon mit weichen Knien und mühsam beherrschter Stimme. Mit einem lebendigen Illuminatus zu sprechen war höchst beängstigend für jemanden wie ihn. als spräche er mit George Washington. »Ich bin Akademiker und habe die Geschichte Ihrer Bruderschaft studiert.«
»Superb!«, sagte die Stimme. »Ich bin erfreut, dass es noch immer Menschen gibt, die sich der Verbrechen an uns erinnern.«
»Die meisten halten Ihre Bruderschaft für tot.«
»Eine Fehlinterpretation, an deren Zustandekommen die Bruderschaft hart gearbeitet hat. Was wissen Sie sonst noch über lapurga?«
Langdon zögerte. Was weiß ich sonst noch? Dass diese ganze Situation ein einziger Wahnsinn ist, das weiß ich! »Nach den Brandmarkungen wurden die Wissenschaftler ermordet und ihre Leichen in ganz Rom an öffentlichen Plätzen liegen Belassen, als Warnung an andere Gelehrte, sich nicht den Illuminati anzuschließen.«
»Genau. Wir werden das Gleiche tun. Quid pro quo. Betrachten Sie es als symbolische Vergeltung für unsere ermordeten Brüder. Ihre vier Kardinale werden sterben, jede Stunde einer, beginnend um acht Uhr heute Abend. Eine mathematische Progression des Todes. Um Mitternacht ist uns die Aufmerksamkeit der ganzen Welt gewiss.«
Langdon ging zum Telefon. »Sie haben allen Ernstes vor, diese vier Kardinale zu brandmarken und zu ermorden?«
»Die Geschichte wiederholt sich, oder nicht? Selbstverständlich werden wir eleganter zu Werke gehen als seinerzeit die Kirche. Sie hat im Geheimen gemordet und die Leichen auf die Straßen geworfen, als niemand zasah. Es war
sehr feige.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Langdon. »Dass Sie diese vier Männer in der Öffentlichkeit brandmarken und töten wollen?«
»Sehr richtig. Obwohl es ganz davon abhängt, was Sie als Öffentlichkeit betrachten. Meines Wissens sind die Kirchen heutzutage nicht mehr so gut besucht wie noch vor einigen Jahren.«
Langdon ächzte erschrocken. »Sie wollen sie in einer Kirche ermorden?«
»Eine Geste der Barmherzigkeit. Dadurch kann Gott ihre Seelen schneller zu sich in den Himmel holen. Es scheint nur recht. Die Presse wird das Schauspiel genießen, könnte ich mir vorstellen.«
»Das ist ein Bluff!«, sagte Olivetti. Die kühle Arroganz war in seine Stimme zurückgekehrt. »Sie können nicht erwarten, einen Mann in einer Kirche zu ermorden und ungeschoren davonzukommen.«
»Bluff? Wir bewegen uns unter der Schweizergarde frei und ungehemmt wie Gespenster, entführen vier Kardinale vor Ihren Augen, platzieren eine tödliche Bombe direkt unter Ihrem heiligsten Schrein, und Sie halten das alles für einen Bluff? Sobald die Leichen gefunden werden, werden die Medien sich darauf stürzen. Um Mitternacht wird die ganze Welt wissen, wer die Illuminati sind und was sie wollen.«
»Und wenn wir in jeder Kirche Wachen aufstellen?«, entgegnete Olivetti.
Der Anrufer lachte. »Ich fürchte, die produktive Natur Ihrer Religion macht das zu einer undurchführbaren Aufgabe. Haben Sie in letzter Zeit nicht mehr nachgezählt? Allein in Rom gibt es mehr als vierhundert katholische Kirchen. Kathedralen, Kapellen, Schreine, Abteien, Klöster, Stifte, Pfarreien.«
Olivettis Gesichtsausdruck war eine Maske.
»In neunzig Minuten geht es los«, sagte der Anrufer. »Einer zu jeder vollen Stunde. Eine mathematische Progression des Todes. Jetzt muss ich auflegen.«
»Warten Sie!«, verlangte Langdon. »Was sind das für Zeichen, mit denen Sie diese Männer brandmarken wollen? Erzählen Sie mir davon!«
Der Hashishin klang belustigt. »Ich denke, Sie wissen sehr genau, was für Brandzeichen das sein werden. Oder sind Sie vielleicht immer noch nicht überzeugt? Sie werden sie früh genug zu sehen bekommen. Den Beweis, dass die alten Legenden wahr sind.«
Langdon wusste tatsächlich, was der Anrufer meinte. Er stellte sich das Brandzeichen auf Leonardo Vetras Brust vor. Die Illuminati-Legenden sprachen von insgesamt fünf Brandzeichen. Vier sind noch übrig, dachte Langdon. Und vier Kardinäle sind verschwunden.
»Ich habe geschworen«, sagte der Camerlengo, »heute Nacht einen neuen Papst vorzustellen. Geschworen bei Gott.«
»Camerlengo«, sagte der Anrufer, »die Welt braucht keinen neuen Papst. Nach Mitternacht wird er nichts mehr außer einem Trümmerhaufen haben, über den er herrschen könnte. Die katholische Kirche ist erledigt. Ihre Zeit auf Erden ist vorbei.«
Stille breitete sich aus.
»Sie sind fehl geleitet, mein Sohn«, sagte der Camerlengo schließlich. »Eine Kirche ist mehr als nur der Stein und der Mörtel, aus dem ihr Gebäude besteht. Sie können zwei Jahrtausende des Glaubens nicht einfach auslöschen. egal welchen Glaubens. Sie können den Glauben nicht vernichten, indem sie seine irdischen Manifestationen vernichten. Die katholische Kirche wird fortbestehen, mit dem oder ohne den Vatikan.«
»Eine noble Lüge, nichtsdestotrotz eine Lüge. Wir beide kennen die Wahrheit. Verraten Sie mir doch, warum ist die Vatikanstadt eine von Mauern umgebene Zitadelle?«
»Männer Gottes leben in einer gefährlichen Welt«, antwortete der Camerlengo.
»Wie alt sind Sie? Der Vatikan ist eine Festung, weil die katholische Kirche die Hälfte ihrer Schätze im Innern versteckt
- wertvolle Gemälde, Skulpturen, unschätzbare Juwelen, kostbare Bücher. außerdem gibt es da noch das Barrengold und die Grundbesitzurkunden in den Gewölben der Vatikanbank. Insiderschätzungen gehen von einem Wert von an die fünfzig Milliarden US-Dollar aus. Ein hübsches Nest, auf dem Sie sitzen, Camerlengo, finden Sie nicht auch? Morgen ist es nur noch Asche. Liquidierte Aktiva, würde ich sagen. Sie werden bankrott sein. Nicht einmal Männer des Glaubens können ganz ohne Geld arbeiten.«
Die Folgerichtigkeit dieser Feststellung spiegelte sich auf den geschockten Gesichtern von Olivetti und dem Camerlengo wider. Langdon wusste nicht, was ihn mehr erstaunte - die Tatsache, dass die katholische Kirche über derartige Mengen Geld verfügte oder dass die Illuminati irgendwie davon erfahren hatten.
Der Camerlengo seufzte schwer. »Glaube, nicht Geld, ist die Stütze der Kirche.«
»Noch mehr Lügen«, entgegnete der Anrufer. »Allein im letzten Jahr haben sie einhundertdreiundachtzig Millionen Dollar zur Unterstützung Ihrer ums Überleben kämpfenden Diözesen in der ganzen Welt ausgegeben. Sie hatten weniger Kirchenbesucher als jemals zuvor in Ihrer Geschichte, sechsundvierzig Prozent Rückgang allein in der letzten Dekade. Die Spendeneinnahmen haben sich in den letzten sieben Jahren halbiert. Weniger und weniger Männer melden sich für das Priesterseminar an. Sie mögen es abstreiten, so viel Sie wollen, doch Sie sind am Ende. Die Kirche wird sterben. Betrachten Sie es als eine Gelegenheit, sich mit einem großen Knall aus der Geschichte zu verabschieden.«
Olivetti trat vor. Er schien weniger kampflustig als zuvor. Vielleicht spürte er zum ersten Mal die nackte Realität. Er sah aus wie ein Mann, der nach einem Ausweg sucht. Irgendeinem Ausweg. »Und was, wenn ein Teil dieses Schatzes Ihnen zukäme? Ihrer Sache?«
»Beleidigen Sie uns nicht.«
»Wir haben Geld.«
»Wir auch. Mehr, als Sie sich vorstellen können.«
Langdon dachte an die geheimnisvollen Schätze der Illuminati, den Reichtum der Bayerischen Freimaurer, der Rothschilds, der Bilderbergs, den legendären Illuminati-Diamanten.
»Il preferiti«, sagte der Camerlengo und wechselte das Thema. Seine Stimme klang nun flehend. »Verschonen Sie die Kardinäle. Bitte. Sie sind alt, und sie.«
»Sie sind unsere jungfräulichen Opfer.« Der Anrufer lachte. »Verraten Sie mir - glauben Sie allen Ernstes, dass die vier noch Jungfrauen sind? Werden die kleinen Lämmer schreien, wenn sie sterben? Sacrifici vergini neu’altare di scienza.«
Der Camerlengo schwieg lange Zeit. »Sie sind Männer des Glaubens«, sagte er schließlich. »Sie fürchten sich nicht vor dem Tod.«
Der Anrufer schnaubte. »Leonardo Vetra war ebenfalls ein Mann des Glaubens, und doch habe ich letzte Nacht die Furcht in seinen Augen gesehen. Eine Furcht, von der ich ihn erlöst habe.«
Vittoria hatte die ganze Zeit geschwiegen, doch bei den letzten Worten sprang sie auf, das Gesicht verzerrt vor Hass. »Asino! Er war mein Vater!«
Ein hässliches Lachen drang aus dem Lautsprecher. »Ihr Vater? Was ist das? Vetra hatte eine Tochter? Sie sollten wissen, dass er am Ende gewimmert hat wie ein kleines Kind. Erbärmlich. Ein erbärmlicher Mann.«
Vittoria zuckte zurück, als hätten die Worte sie körperlich Betroffen. Langdon wollte sie halten, doch sie gewann ihr Gleichgewicht zurück und starrte mit dunklen Augen auf das Telefon. »Ich schwöre bei meinem Leben, noch bevor diese Nacht vorüber ist, habe ich Sie gefunden!« Ihre Stimme klang schneidend wie ein Rasiermesser. »Und wenn ich Sie gefunden habe.«
Der Anrufer lachte heiser. »Eine Frau mit Mumm. Das erregt mich. Vielleicht komme ich zu Ihnen, bevor die Nacht vorüber ist. Und wenn ich Sie gefunden habe.«
Die Worte schwebten im Raum, und die Leitung war tot.