Kapitel 49.

Langdon und Vittoria standen allein vor der großen Doppeltür, die ins Innere der Geheimarchive führte. Das Dekor des Säulengangs bestand aus einer willkürlichen Mischung von Gobelins über marmornen Böden und teilnahmslosen Sicherheitskameras neben Engelsskulpturen an der Decke. Langdon nannte das Sammelsurium im Stillen sterile Renaissance. Neben dem gewölbten Durchgang hing eine kleine Bronzeplakette.

ARCHIVIO VATICANO Curatore Padre Jaqui Tomaso

Vater Jaqui Tomaso. Langdon kannte den Namen von den zahlreichen Ablehnungsschreiben, die er bei sich zu Hause auf dem Schreibtisch liegen hatte. Sehr geehrter Mr. Langdon, mit Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass es unmöglich ist...

Bedauern. Blödsinn. Langdon kannte keinen einzigen amerikanischen nichtkatholischen Gelehrten, dem Zutritt zu den Vatikanischen Geheimarchiven gewährt worden wäre, seit Jaqui Tomaso die Leitung übernommen hatte. Il guardiano, so hatten die Historiker ihn getauft. Jaqui Tomaso war der unnachgiebigste Bibliothekar der Welt.

Als Langdon die Türen aufzog und durch das gewölbte Portal in das Allerheiligste trat, rechnete er beinahe damit, dass Vater Jaqui in Uniform und Helm und mit einer Panzerfaust den Eingang bewachte. Doch niemand erwartete sie. Der Raum lag leer vor ihnen.

Stille. Gedämpfte Beleuchtung.

Das Archivio Vaticano. Einer von Robert Langdons Lebensträumen wurde wahr.

Während seine Blicke durch die geheiligten Hallen schweiften, empfand er beinahe so etwas wie Schuldgefühle. Er

erkannte, was für ein unreifer Romantiker er im Grunde genommen doch war. Das Bild, das er sich im Lauf der Jahre von diesem Raum gemacht hatte, hätte unzutreffender nicht sein können. Langdon hatte sich staubige Bücherregale vorgestellt, die vor alten, zerfledderten Folianten überquollen, Priester, die bei Kerzenlicht die Bestände katalogisierten, Bleiglasfenster und Mönche mit Federkielen über Schriftrollen.

Was nicht einmal annähernd der Wirklichkeit entsprach.

Auf den ersten Blick erschien der Raum wie ein dunkler Fugzeughangar, in den jemand ein Dutzend frei stehender Raquetballfelder mit gläsernen Wänden gebaut hatte. Langdon wusste selbstverständlich, wozu die aus Glas bestehenden Zellen dienten. Er war nicht überrascht, sie hier anzutreffen - es waren Büchertresore, hermetisch gegen Feuchtigkeit und Wärme isoliert, luftdichte Kammern, die verhindern sollten, dass das alte Papier und Pergament noch weiter zerfiel. Langdon war schon häufig in Büchertresoren gewesen, doch es war jedes Mal aufs Neue eine beunruhigende Erfahrung, einen luftdichten Container zu betreten, während draußen ein fremder Bibliothekar die Sauerstoffzufuhr regulierte.

Die Tresore lagen in geisterhafter Dunkelheit, kaum zu erkennen im Licht der schwachen Deckenlampen. In der Schwärze jedes Containers nahm Langdon undeutlich die Umrisse der monströsen Regale wahr, Reihe um Reihe mit Geschichte beladene Türme. Es war eine schier unglaubliche Sammlung.

Auch Vittoria, die hinter ihm stand, starrte sprachlos auf die gigantischen transparenten Container.

Die Zeit war knapp, sodass Langdon gar nicht erst im Halbdunkel der Halle nach einem Bibliothekskatalog suchte -den es wohl auch nicht gab, denn er bemerkte eine Hand voll schwach erleuchteter Computerterminals, die gleichmäßig verteilt in der Halle standen. »Sieht aus, als hätten sie ein

Bibliotheksprogramm«, sagte er. »Ihr Verzeichnis ist elektronisch gespeichert.«

Vittoria warf ihm einen hoffnungsvollen Blick zu. »Das sollte die Suche vereinfachen, nicht wahr?«

Er hätte gerne ihre Zuversicht geteilt, hatte jedoch das ungute Gefühl, dass diese Neuigkeit keine gute Nachricht war. Er trat zu einem Terminal und tippte etwas ein. Seine Befürchtungen bewahrheiteten sich augenblicklich. »Die altmodische Methode wäre besser gewesen.«

»Warum?«

Er wandte sich vom Monitor ab. »Weil richtige Bücher nicht durch Passwörter geschützt sind. Ich nehme nicht an, dass Physiker geborene Hacker sind?«

Vittoria schüttelte den Kopf. »Ich kann Austern öffnen, mehr nicht.«

Langdon atmete tief durch und blickte auf die langen Reihen unheimlicher transparenter Container. Er trat zum nächststehenden und spähte in das düstere Innere. Hinter dem Glas sah er undeutliche Umrisse, die er als gewöhnliche Regale, Pergamentbehälter und Lesetische erkannte. Er starrte angestrengt auf die Beschriftung am Ende jedes einzelnen Regals - wie in allen Bibliotheken der Welt war dort zu lesen, was die Regale enthielten. Er las, während er langsam an der transparenten Barriere entlangging:

PIETRO IL ERIMITO. LE COCIATE. URBANO II. LEVANT.

»Sie sind beschriftet«, sagte er zu Vittoria. »Aber leider nicht alphabetisch nach den Autoren.« Was ihn im Grunde genommen nicht weiter überraschte. Alte Archive wie dieses waren fast nie alphabetisch geordnet, weil zahlreiche Autoren unbekannt waren. Eine Sortierung nach Titeln war ebenfalls nicht möglich, weil viele historische Dokumente nur als Fragmente vorlagen oder überhaupt keinen Titel besaßen. Bei den meisten Katalogen wurde daher chronologisch vorgegangen. Was hier jedoch ebenfalls nicht zutraf, wie Langdon zu seiner Bestürzung rasch feststellte.

Er spürte, wie kostbare Zeit unter seinen Fingern verrann. »Sieht aus, als hätte der Vatikan sein eigenes System.«

»Was für eine Überraschung.«

Langdon untersuchte die Beschriftungen erneut. Die Dokumente auf den Regalen umfassten Jahrhunderte - doch die Schlüsselworte standen alle in einem bestimmten Bezug zueinander. »Ich glaube, sie sind thematisch klassifiziert«, sagte er schließlich.

»Thematisch?«, erwiderte Vittoria im Tonfall einer enttäuschten Wissenschaftlerin. »Das klingt nicht gerade effizient.«

Bei genauerer Betrachtung, dachte Langdon, habe ich noch nie eine derart schlaue Katalogisierung gesehen. Er hatte gegenüber seinen Studenten stets betont, wie wichtig es war, die Gesamtheit der Motive und Schattierungen einer künstlerischen Epoche zu betrachten und sich nicht in den einzelnen Daten und spezifischen Arbeiten zu verlieren. Die Vatikanischen Archive waren, wie es schien, nach genau dieser Philosophie katalogisiert. Breite Spektren...

»Alles in diesem Tresor hier«, sagte er und spürte, wie seine Zuversicht wuchs, »hat mit den Kreuzzügen zu tun. Material aus mehreren Jahrhunderten über die Kreuzzüge. Das ist das Thema dieses Containers.« Es war alles dort. Historische Berichte, Briefe, Kunstwerke, soziopolitische Daten, moderne Analysen. Alles an einem Ort... sodass der tiefere Zugang Zum Thema erleichtert wird. Brillant.

Vittoria runzelte die Stirn. »Aber die Daten können zu vielen Themen gleichzeitig in Beziehung stehen.«

»Deswegen gibt es Querverweise zu weiteren Standorten.« Langdon deutete durch das Glas auf die bunten

Plastikschildchen, die zwischen den langen Reihen von Dokumenten aus den Regalen ragten. »Sie verweisen auf andere Dokumente, die bei anderen Themenbereichen eingegliedert stehen.«

»Sicher«, sagte sie in offensichtlicher Resignation. Sie stemmte die Hände in die Hüften und ließ den Blick durch den riesigen Raum schweifen. Dann schaute sie Langdon an. »So, Professor, und wie war der Name von diesem Galileo-Ding, nach dem wir suchen?«

Langdon musste unwillkürlich grinsen. Irgendwie konnte er immer noch nicht fassen, dass er tatsächlich im vatikanischen Geheimarchiv stand. Es ist hier drin, dachte er. Irgendwo hier in der Dunkelheit. Es wartet darauf, dass ich es finde.

»Folgen Sie mir«, sagte er und setzte sich durch den ersten Gang zwischen den Containern hindurch in Bewegung, während er die Beschriftungen las. »Erinnern Sie sich, was ich Ihnen über den Weg der Erleuchtung erzählt habe? Wie die Illuminati neue Mitglieder rekrutierten und sie dabei zugleich einer kunstvollen Probe unterzogen?«

»Die Schnitzeljagd«, sagte Vittoria dicht hinter ihm.

»Nachdem die Illuminati die Wegweiser aufgestellt hatten, blieb ein Problem zu lösen. Sie mussten der wissenschaftlichen Gemeinde irgendwie mitteilen, dass es den Weg der Erleuchtung gab.«

»Logisch«, sagte Vittoria. »Ansonsten hätte wohl kaum jemand danach gesucht.«

»Richtig. Doch selbst wenn die Wissenschaftler von der Existenz des Weges wussten, konnten sie nicht wissen, wo er begann. Rom ist riesig.«

»Keine Einwände.«

Langdon überflog die Beschriftungen im nächsten Gang, während er weiterredete. »Vor etwa fünfzehn Jahren habe ich zusammen mit ein paar Historikern von der Sorbonne eine Reihe von Illuminati-Briefen mit Hinweisen auf il segno entdeckt.«

»Das Zeichen. Die Ankündigung, dass der Weg existiert und wo er seinen Anfang nimmt.«

»Ja. Seit damals haben viele Illuminati-Forscher -einschließlich meiner selbst - weitere Hinweise auf il segno entdeckt. Heutzutage geht man einvernehmlich davon aus, dass dieser Hinweis existiert und dass Galileo ihn der wissenschaftlichen Gemeinde seiner Zeit hat zukommen lassen, ohne dass der Vatikan je etwas erfahren hätte.«

»Wie das?«

»Das wissen wir nicht genau. Höchstwahrscheinlich durch Bedruckte Veröffentlichungen. Er hat im Lauf der Jahre sehr viele Bücher und Zeitungen herausgegeben.«

»Die der Vatikan ohne Zweifel genau unter die Lupe nahm, ziemlich gefährlich, wenn Sie mich fragen.«

»Zugegeben. Nichtsdestotrotz wurde der Hinweis auf diese Weise lanciert.«

»Und niemand hat ihn je entdeckt?«

»Niemand. Eigenartigerweise wird häufig in Form einer Zahl auf il segno hingewiesen, ganz gleich, wo Hinweise auftauchen in Freimaurerberichten, alten wissenschaftlichen Journalen, Illuminati-Briefen.«

»666?«

Langdon lächelte. »Nein. 503.«

»Und das bedeutet?«

»Keiner von uns konnte sich je etwas darunter vorstellen, Ich war fasziniert von dieser Zahl und habe alles Mögliche ausprobiert, um ihre Bedeutung zu entschlüsseln - Numerologie, Kartenreferenzen, Breiten- und Längengrade.« Langdon war am Ende des Gangs angekommen und bog um die Ecke in den nächsten Gang, während er die Beschriftungen keine Sekunde aus den Augen ließ. »Viele Jahre schien der einzige Hinweis die Tatsache, dass 503 mit der Ziffer fünf beginnt. eine der Schlüsselzahlen der Illuminati.« Er zögerte.

»Irgendetwas verrät mir, dass Sie es vor kurzem herausgefunden haben. und das ist der Grund, aus dem wir hier sind.«

»So ist es«, antwortete Langdon und gestattete sich einen seltenen Augenblick von Stolz auf seine Leistung. »Kennen Sie ein Buch von Galileo namens Dialogo?«

»Selbstverständlich. Es ist unter Forschern berühmt als der ultimative Verrat an der Wissenschaft.«

Verrat war nicht ganz das Wort, das Langdon benutzt hätte, doch er wusste, was Vittoria meinte. Anfang der dreißiger Jahre des siebzehnten Jahrhunderts wollte Galileo ein Buch veröffentlichen, in dem er das von Kopernikus entwickelte heliozentrische Modell des Sonnensystems unterstützte, doch der Vatikan gestattete die Veröffentlichung nicht, bevor Galileo nicht überzeugende Beweise für das geozentrische Modell der Kirche einfügte - ein Modell, von dem Galileo wusste, dass es vollkommen falsch war. Doch ihm blieb keine andere Wahl, als den Forderungen der Kirche nachzugeben und ein Buch zu publizieren, in dem beide Modelle - das richtige wie das falsche

- mit gleicher Ausgiebigkeit abgehandelt wurden.

»Wie Sie vielleicht wissen«, entgegnete Langdon, »wurde Dialogo trotz des Kompromisses von der Kirche immer noch als Häresie betrachtet, und der Vatikan stellte Galileo unter Hausarrest.«

»Keine gute Tat bleibt ungestraft.«

Langdon lächelte. »Wie wahr. Und doch, Galileo blieb unbeugsam. Während er unter Hausarrest stand, verfasste er heimlich ein weniger bekanntes Manuskript, das Gelehrte häufig mit Dialogo verwechseln. Dieses Buch nannte er Discorsi.«

Vittoria nickte. »Ich habe davon gehört. Diskurs über die

Gezeiten.«

Langdon blieb überrascht stehen, erstaunt, dass sie von der obskuren Publikation über die Planetenbewegungen und ihren Einfluss auf die Gezeiten gehört hatte.

»Hey!«, sagte sie, »Sie reden mit einer italienischen Meeresphysikerin, deren Vater Galileo angebetet hat!«

Langdon lachte. Discorsi war nicht das Buch, nach dem sie suchten. Er erklärte ihr, dass Discorsi nicht Galileos einziges Werk aus der Zeit war, als er unter Hausarrest stand. Historiker glaubten, dass er außerdem ein weiteres Buch mit dem Titel Diagramma geschrieben habe.

»Diagramma della Verit’a«, sagte Langdon. »Das Diagramm der Wahrheit.«

»Nie davon gehört.«

»Das überrascht mich nicht. Diagramma war Galileos geheimste Arbeit - mutmaßlich handelt es sich um eine Art Abhandlung über wissenschaftliche Fakten, die er für wahr erachtete und mit niemandem teilen durfte. Wie einige der vorhergehenden Manuskripte wurde auch Diagramma von einem Freund aus Rom herausgeschmuggelt und später in Holland publiziert. Das Buch wurde in den wissenschaftlichen Kreisen, die im Untergrund arbeiteten, äußerst populär. Dann erfuhr der Vatikan davon und begann eine Bücherverbrennung.«

Vittoria schien fasziniert. »Und Sie glauben, dass der Hinweis in Diagramma steckt? Il segno? Die Informationen, die zum Weg der Erleuchtung führen?«

»Diagramma ist jedenfalls das Werk, mit dem Galileo die Nachricht verbreitet hat, dessen bin ich mir sicher.« Langdon betrat den dritten Mittelgang zwischen den Büchertresoren und überflog weitere Hinweisschilder. »Archivare suchen seit vielen Jahren nach einer erhaltenen Ausgabe von Diagramma. Doch irgendwie scheinen die wenigen Exemplare, die der Verbrennung entgingen, aufgrund ihrer geringen Haltbarkeit

vom Angesicht der Erde verschwunden zu sein.«

»Geringe Haltbarkeit?«

»Ja. Archivare besitzen ein Bewertungssystem für die Qualität des verwendeten Papiers. Diagramma wurde auf RiedgrasPapyrus gedruckt. Es ist wie ein Papierhandtuch. Lebensdauer unter normalen Bedingungen nicht mehr als ein Jahrhundert.«

»Warum hat man nichts Besseres genommen?«

»Es geschah auf Galileos Veranlassung. Um seine Anhänger zu schützen. Ein Wissenschaftler, der mit dem Buch überrascht wurde, konnte es rasch in Wasser werfen, und es hätte sich binnen kürzester Zeit aufgelöst. Eine großartige Methode, um Beweise zu vernichten, aber schrecklich für die heutigen Archivare. Man glaubt, dass nur eine einzige Ausgabe von Diagramma die Zeit nach dem achtzehnten Jahrhundert überlebt hat.«

»Eine?« Vittoria blickte sich aufgeregt in dem großen Gewölbe um. »Und sie ist hier?«

»Kurz nach Galileos Tod wurde sie in den Niederlanden vom Vatikan konfisziert. Ich richte seit Jahren Eingaben an das Archiv, um es einzusehen. Seit ich zu dem Schluss gelangt bin, dass es hier lagern muss.«

Als hätte sie seine Gedanken gelesen, bewegte sich Vittoria auf die andere Seite des Ganges und suchte die aigrenzenden Container ab. Auf diese Weise kamen sie doppelt so schnell voran.

»Vielen Dank«, rief Langdon. »Suchen Sie nach Hinweisen, die irgendetwas mit Galileo zu tun haben, mit Wissenschaft oder Forschern. Sie werden es erkennen, sobald Sie es erst sehen.«

»In Ordnung, aber Sie haben mir immer noch nicht erzählt, wie Sie herausgefunden haben, dass der Hinweis in Diagramma versteckt sein muss. Hat es etwas mit der Zahl zu tun, die Sie immer wieder in Dokumenten der Illuminati gefunden haben?

Langdon lächelte. »Ja. Ich habe eine Weile dazu benötigt, aber schließlich fand ich heraus, dass 503 ein einfacher Code ist. Er weist ohne jeden Zweifel auf Diagramma hin.«

Einen Augenblick lang durchlebte Langdon erneut dieses Gefühl einer unerwarteten Entdeckung, diesen sechzehnten August vor zwei Jahren. Es war auf der Hochzeit des Sohnes eines Kollegen gewesen. Er stand am Ufer eines Sees, und Dudelsackmusik dröhnte über das Wasser, während Braut und Bräutigam ihren Auftritt hatten. sie kamen mit einem Boot über den See. Das Boot war geschmückt mit Blumen und Kränzen, und es trug eine römische Zahl am Bug - DCII.

Verwirrt hatte Langdon den Vater der Braut gefragt: »Was bedeutet die 602?«

Der Mann hatte gelacht. »Das ist keine römische Zahl, sondern der Name des Bootes.«

»Was denn, DCII?«

Der Mann hatte genickt. »Die Dick and Connie II.«

Langdon hatte sich verlegen entschuldigt. Dick und Connie waren das Paar, das damals geheiratet hatte. Das Schiff war offensichtlich ihnen zu Ehren so genannt worden. »Was ist aus der DCI geworden?«

Der Mann hatte gestöhnt. »Sie ist gestern bei der Generalprobe gesunken.«

Langdon hatte gelacht. »Tut mir Leid, das zu hören.« Er wandte sich ab und schaute wieder zu dem Boot auf dem Wasser. Die DCII, dachte er. Wie eine Miniatur-QE ll3.

Eine Sekunde später fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

Er wandte sich zu Vittoria um. »503 ist ein Kode!«, erklärte

er. »Wie bereits erwähnt - ein Illuminati-Trick, um zu verschleiern, was in Wirklichkeit eine römische Zahl darstellt. Die 503 in römischer Schreibweise bedeutet.«

»Dm.«

Langdon blickte sie erstaunt an. »Das war schnell. Erzählen Sie mir jetzt nicht, dass Sie auch zu den Illuminati gehören.«

Vittoria lachte. »Nein, bestimmt nicht. Ich benutze römische Ziffern, um meine pelagischen Zonen zu kennzeichnen.«

Natürlich, dachte Langdon. Tun wir das nicht alle?

Vittoria blickte zu ihm herüber. »Und was bedeutet DIII nun?«

»DI, DII und DIII sind sehr alte Abkürzungen. Die zeitgenössischen Wissenschaftler benutzten sie, um zwischen den drei häufig miteinander verwechselten Büchern Galileos zu unterscheiden.«

Vittoria atmete scharf ein. »Dialogo... Discorsi... Diagramma.«

»Deins, Dzwei und Ddrei. Allesamt wissenschaftliche Werke. Allesamt kontrovers. 503 steht für Diagramma. Das dritte Buch Galileos.«

Vittoria schien zu zweifeln. »Eine Sache ergibt immer ioch keinen Sinn. Wenn dieses segno, dieser Hinweis auf den Weg der Erleuchtung tatsächlich in Galileos Diagramma zu finden ist

- warum haben die Männer des Vatikans es nicht bemerkt, als sie die Bücher einsammelten?«

»Vielleicht haben sie es gesehen und nicht erkannt, was sich dahinter verbirgt. Erinnern Sie sich an die Zeichen der Illuminati? Vor aller Augen sichtbar und doch verborgen? Dissimulation? Das segno war offensichtlich auf die gleiche Weise getarnt. Unsichtbar für alle, die nicht wussten, wonach sie zu suchen hatten. Und unsichtbar für diejenigen, die es nicht verstanden.«

»Und was bedeutet das?«

»Dass Galileo es sehr gut versteckt hat. Nach den historischen Aufzeichnungen zu urteilen, wurde das segno auf eine Weise enthüllt, die die Illuminati linguapura nannten.«

»Die reine Sprache?«

»Genau.«

»Mathematik?«

»Glaube ich zumindest. Es scheint im Grunde offensichtlich. Galileo war Wissenschaftler, und er schrieb für Wissenschaftler. Mathematik wäre die logische Sprache für den Hinweis. Das Buch heißt Diagramma, also bilden mathematische Diagramme möglicherweise einen Bestandteil des Kodes.«

Vittoria klang immer noch nicht recht überzeugt. »Ich nehme an, Galileo hätte durchaus einen mathematischen Kode verwenden können, der dem Klerus nicht auffällt.«

»Sie scheinen Ihre Zweifel zu haben«, sagte Langdon und betrat den nächsten Gang.

»Ich gestehe es. Hauptsächlich deswegen, weil Sie nicht überzeugt sind. Wenn Sie so sicher sind wegen DIII, warum haben Sie Ihre Theorie dann nicht veröffentlicht? Irgendjemand mit Zugang zum Geheimarchiv hätte längst herkommen und Diagramma überprüfen können.«

»Ich wollte meine Ergebnisse nicht veröffentlichen«, entgegnete Langdon. »Ich habe sehr hart gearbeitet, um die Informationen zu finden, und ich wollte.« Er brach verlegen ab.

»Sie wollten den Ruhm für sich.«

Langdon spürte, dass er errötete. »In gewisser Hinsicht. Es ist nur, dass.«

»Schauen Sie mich nicht so verlegen an. Sie sprechen mit einer Wissenschaftlerin. Publiziere oder gehe unter. Bei CERN ist das nicht anders, Robert.«

»Es war jedenfalls nicht nur der Grund, dass ich der Erste sein wollte. Ich musste befürchten, dass Diagramma verschwinden könnte, falls die falschen Leute von den Informationen in diesem Buch erfuhren.«

»Mit falschen Leuten meinen Sie den Vatikan?«

»Nicht, dass es per se die falschen Leute wären, doch die Kirche hat die Bedrohung durch die Illuminati stets heruntergespielt. Noch Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts behauptete der Vatikan, die Illuminati wären nichts weiter als ein Hirngespinst von Leuten mit überbordender Fantasie. Der Klerus war wohl der Meinung - und wahrscheinlich zu Recht - , dass die Christen besser nichts von einer so mächtigen antichristlichen Bewegung erfuhren, die ihre Banken, Parlamente und Universitäten infiltrierte.«

Gegenwart, Robert, ermahnte er sich. Es gibt sie noch immer, diese Organisation, und sie infiltriert noch immer Banken, Parlamente und Universitäten.

»Sie halten es für möglich, dass der Vatikan sämtliche Beweise vernichtet hätte, die auf die wirkliche Bedrohung durch die Illuminati hinweisen?«

»Durchaus möglich, ja. Jede Bedrohung, gleichgültig, ob sie real ist oder eingebildet, schwächt das Vertrauen in die Macht der Kirche.«

»Noch eine Frage.« Vittoria blieb stehen und schaute Langdon an, als wäre er ein Außerirdischer. »Meinen Sie das alles ernst? «

Langdon hielt inne. »Wie meinen Sie das?«

»Haben Sie das wirklich vor?«

Langdon war nicht sicher, ob das Glitzern in ihren Augen nacktes Entsetzen oder heimliche Belustigung war. »Sie meinen die Suche nach Diagramma?«

»Nein, ich meine nicht nur die Suche. Ich meine Diagramma zu finden, ein vierhundert Jahre altes segno aufzuspüren, irgendeinen mathematischen Kode zu entziffern und einer uralten Spur aus Kunstwerken zu folgen, die zu entdecken allein die brillantesten Wissenschaftler in der Geschichte der Menschheit in der Lage gewesen sind. und all das innerhalb der nächsten vier Stunden?«

Langdon zuckte die Schultern. »Wenn Sie einen besseren Vorschlag haben.?«

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