70

Juni

Nichts, was das Niederschreiben wert gewesen wäre, seit ich in Kiangnan zurück bin.

Morgen Aufbruch nach Shanghai.

AUS DEN NOTIZEN VON ROBERT FORTUNE

Mit langsamen Schritten wanderte Fortune den Hügel hinauf, den Blick auf die Berge gerichtet.

Seine Art, Abschied zu nehmen von diesem Flecken Erde.

Die Gipfel schienen mit dem letzten Regen näher gerückt; fast unwirklich sahen sie aus, scharf umrissen vor dem Blau des Himmels.

Unwirklich wie alles, was er dort oben gesehen und erlebt hatte.

Greifbare Wirklichkeit hingegen waren die Setzlinge von Camellia sinensis, die er aus dem Kloster von Ling Chuan Yuan mitgebracht hatte und die in Kisten auf dem Dachboden der Wangs wurzelten.

Ein guter Grund, noch eine Weile hierzubleiben. Die Tage damit zu verbringen, zu pflanzen, zu gießen. Zu hoffen und zu bangen und zu warten, wie sie sich entwickelten.

Nicht der einzige Grund.

Bis er einsehen musste, dass es hoffnungslos war: Lian war fort und kam auch nicht wieder zurück. Dieses Mal nicht.

Morgen würde er nach Shanghai aufbrechen, mit diesen Kisten voller Setzlinge. Den Paketen mit Samen, von denen er hoffte, dass sie ihre Reise nach Calcutta unbeschadet überstanden. Mit Wang, der im Dorf gefeiert wurde wie ein Held, weil er nach Indien auswanderte.

Einen Satz Wardian Cases würde Fortune in Auftrag geben und das Geld der Society abholen, vielleicht davon Tee kaufen, andere Pflänzchen, anderes Saatgut, in Gestalt von Xinghua. Briefe waren zu schreiben, als Robert Fortune.

All die Dinge, die es noch zu tun galt, bevor er seine chinesische Haut ablegte, die englische Haut wieder überstreifte und dieses Land verließ.

Farbtupfer leuchteten aus dem Gras hervor, am Hang schräg unter ihm, und weckten seine Aufmerksamkeit: Blüten von einem satten, kräftigen Pink, die die zarten Rispen beugten wie Lampions.

Fortune ging in die Knie, betrachtete staunend diese ungewöhnlichen Blüten.

Ein kleines Herz, jedes einzelne davon, aus dessen Spitze sich ein weißes Zünglein hervorschob.

Wie eine Träne.

Keine Worte dieser Welt hätten besser ausdrücken können, was er empfand. Ohne Lian.

Sorgsam, damit er nicht eine Wurzelspitze verletzte, grub er diese Herzblume aus und barg sie sicher in seinen Armen.

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