Jane ist das Los zugefallen, Roberts Eltern in einem Brief darüber in Kenntnis zu setzen, dass er einstweilen in der Fremde bleiben wird. Und da sie schon einmal dabei ist, auch ihre eigenen Eltern.

Mehrere Anläufe benötigt sie dafür und ertappt sich selbst dabei, wie sie die Bedeutung von Roberts geheimer Aufgabe doppelt und dreifach herausstreicht. Wie entschuldigend und kleinlaut sie doch in diesen Briefen klingt.

Jetzt schon fürchtet sie die Antworten auf diese Nachricht, die unweigerlich folgen werden. Sie solle doch nach Hause kommen, wird darin stehen. Vielleicht als Einladung abgefasst oder als Bitte, vielleicht auch als Aufforderung.

Voller Scham senkt Jane den Kopf über diesen Briefen.

Als ob sie als Ehefrau versagt hat.

Als ob es ihre Schuld wäre, dass Robert länger fortbleibt als ursprünglich geplant.

Sie meidet die Blicke der Leute im Dorf, die unverhohlen neugierig ausfallen.

Es hat sich herumgesprochen, dass Robert Fortune einstweilen nicht aus China zurückkehren wird. Nur nicht, warum.

Manchmal glaubt sie gar einen Vorwurf in diesen Blicken zu entdecken: dass sie immer noch hier ist, allein, in ihrem Cottage, mit den Kindern. Anstatt bei Eltern, anderen Verwandten oder Freunden unterzukommen, wie es sich gehört.

Unwillkürlich strafft Jane dann jedes Mal die Schultern, packt Helen und John fester bei den Händen und reckt ihr Kinn hoch.

Obwohl sie sich gar nicht stark fühlt. Nicht rebellisch.

Oft denkt sie dann darüber nach, Chiswick tatsächlich zu verlassen. Nach Schottland zurückzugehen.

Nicht zu ihren Eltern oder zu denen von Robert, auf keinen Fall; dazu ist sie es zu sehr gewohnt, ihre eigene Herrin zu sein. In eigenen vier und dazu noch großzügig bemessenen Wänden.

Eine zweite Miete gibt Roberts Salär jedoch nicht her. Sie würde dieses Cottage hier aufgeben müssen.

Das Herz wird ihr schwer, während sie sich im Garten umsieht, der mit den Kräutern und Blumen und den Gemüsebeeten fast ausschließlich ihr Werk ist.

Schließlich entscheidet sie sich dagegen. Sollen die Leute hier im Dorf sich die Mäuler zerreißen – Robert braucht doch ein Zuhause, wenn er wiederkommt.

Als wäre das Cottage mit ihr und den Kindern das einzige Leuchtfeuer in einem weiten, nächtlichen Ozean, der ihm den Weg nach Hause weisen kann.

Niemand denkt an sie, Jane. An die daheimgebliebene Ehefrau.

Auch sie selbst nicht.

Als würde sie das Schicksal herausfordern, entwirft sie auch nur in Gedanken grobe Skizzen für ein Leben ohne Robert. Selbst für eine begrenzte Zeit.

Dies ist nicht das Leben, das sie im Sinn gehabt hat, als sie heiratete.

Dies ist nicht die Art von Ehe, die sie jemals führen wollte.

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