Sommer.
Janes liebste Jahreszeit.
Ein Traumsommer ist es dieses Jahr. Zu heiß, zu trocken, klagen die Bauern und Gärtner, nachdem schon der Frühling so wenig Regen gebracht hatte.
Jane freut sich über diesen Sommer, auch wenn sie morgens und abends den Garten reichlich gießen muss. An der Sonne erfreut sie sich, am fast unwirklich blauen Himmel und an der Wärme, die auch noch die duftenden Abende füllt.
Es gibt nichts Herrlicheres, als diesen Sommer durch die Sinne von gleich zwei Kindern zu erleben.
Oft gehen sie zum Bach hinunter, wo die beiden Papierschiffchen schwimmen lassen und nach Herzenslust planschen.
Die Bäuche voll mit Kirschen und Keksen, schlafen sie danach im sonnengefleckten Halbschatten ein, John auf Janes Schoß, Helen auf der Decke an sie gekuschelt.
Über Felder und Weiden wandern sie, und Jane erklärt ihnen, wo ihr Brot herkommt, die Milch und das Fleisch.
Helen ist überglücklich, als sie im Wechsel mit John eine Kuh tätscheln und beim Bauern die neugeborenen Ferkel anschauen darf, und jeden Tag stehen frische Wiesenblumen in einem Krug auf dem Küchentisch und in einem Wasserglas auf dem Kaminsims.
Viel Zeit verbringen sie auch im Garten, der in voller Blüte steht. Während sie ein Auge auf die spielenden Kinder hat, hängt Jane die Wäsche auf oder palt Erbsen für das Abendessen.
Es sind die Nächte, die ihr zu schaffen machen.
Die Nächte, in denen es zu heiß ist, um zu schlafen. Wenn ihre Schenkel aneinanderkleben, sich Schweiß unter ihren Achseln sammelt und das Haar im Nacken und an den Schläfen feucht ist.
Dann ist ihr danach, den dünnen Baumwollstoff ihres Nachthemds abzustreifen und die glühende Haut auf den Laken zu kühlen.
Sie wagt es nicht.
Nicht nur, weil es schamlos wäre, sie vielleicht mitten in der Nacht in aller Eile aufstehen und nach den Kindern sehen muss, die ebenfalls schlecht schlafen und quengelig sind.
Verrucht kommt es ihr vor. Als würde sie das Unheil geradezu einladen.
Verlockend bleibt es trotzdem, eine unerfüllte Sehnsucht.
Lässt sie die Fenster offen, dann ist es so, als würde sie das Böse damit hereinbitten. Obwohl sie weiß, dass in Chiswick nie etwas Schlimmes passiert, die Nachbarn in Hörweite sind, ist ihr bewusst, wie schutzlos sie hier mit den Kindern ist. Ohne einen Mann im Haus.
Jane wartet.
Auf Nachricht von Robert.
Auf seine Rückkehr.
Obwohl sie weiß, dass es dafür noch zu früh ist, malt sie sich wieder und wieder aus, wie es wäre, käme er jetzt den Pfad zum Cottage herauf. Müde und staubig nach der langen Reise, von einem Ende der Welt zum anderen, aber unversehrt.
Endlich zu Hause. Endlich wieder bei ihr.
Jeden einzelnen Tag wartet sie darauf, und so viele Nächte in diesem Sommer.