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Weiß.

Die Farbe des Todes. Der Trauer.

Schwermut ergoss sich über mich; eine salzige Flutwelle, die mich fortriss, in einen abgrundtiefen Ozean hinein.

Bestimmt glaubte er, ich würde an jemanden denken, der mir lieb gewesen war und den ich an den Tod verloren hatte. Doch obwohl der Groll gegen meinen Vater und meine Mutter längst erloschen war, dachte ich kaum mehr an sie, nicht an meine Brüder und Schwestern. Es war zu lange her.

In einem anderen Leben.

Die Blume des Todes war es, die er hier studierte.

Auch bei uns zu Hause wuchsen diese weißen Blumen auf den Gräbern. Ich hatte ihren genauen Namen vergessen, vielleicht wollte ich mich auch einfach nicht mehr daran erinnern.

Aber ich wusste noch sehr wohl, dass ihr Name das Bild einer Schale voller Blumen heraufbeschwor, die zerbrochen war. Wie ein zerschmetterter Menschenkörper, in dem der Geist welkte und abstarb. Während die Seele noch irgendwo umherirrte.

Als Kind hatte mich dieses Bild unendlich traurig gemacht.

Da hatte ich auch noch nicht gewusst, wie es war, solche Schmerzen zu erleiden, dass man zu sterben glaubte. Dass es Momente gab, in denen der Tod wie eine Erlösung schien.

Stunden. Ganze Tage und Nächte.

Weiß war die Farbe dieser Schmerzen gewesen. Die Farbe meiner Angst. Meiner Tränen, von denen ich damals so viel weinte, dass sie für ein Menschenleben gereicht hätten.

Seitdem hasste ich die Farbe Weiß.

Ich war ihm dankbar, dass er nicht weiter nachfragte. Mir einige Augenblicke der Stille schenkte, damit ich mich wieder sammeln konnte. Mir nur verstohlene Blicke zuwarf.

Ohne Mitleid, das immer eine Spur Herablassung in sich trug.

Sondern mit Mitgefühl. Von dem es viel zu wenig gab auf dieser Welt.

Dieser ungelenke Fremde, der mein Schweigen mit mir teilte, bevor er mir eine Legende aus seinem fremden Land erzählte, leise und behutsam.

Tochter des Windes.

Das war ich geworden – genauso wild, genauso rastlos und frei.

Er hätte mir nichts Schöneres erzählen können.

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