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Sie war wieder da.

Am nächsten Tag, ein Stück weiter den Fluss hinauf.

Fortune fragte sich, ob sie wohl irgendeinen Dank oder Lohn von ihm erwartete, dafür, dass sie ihm in Chimoo aus seiner Notlage herausgeholfen hatte.

Doch sie machte keine Anstalten, sich ihm zu nähern. Eine Forderung zu stellen oder auch nur eine Bitte.

Er wusste nicht, wie er von sich aus seinen Dank anbieten konnte. Die Stolpersteine der fremden Sprache hemmten ihn; es entsprach ihm auch nicht, zusammenhanglose Wortbrocken über die Wiese zu brüllen. Er suchte ihren Blick, um eine Verbindung herzustellen. Nickte ihr kurz zu. Blickte fragend drein.

Sie saß einfach nur da und beobachtete ihn.

Reglos.

Auch am Tag darauf ließ sie ihn nicht aus den Augen, während er sich mit Clerodendrum indicum beschäftigte.

Der kalte Schweiß brach ihm aus bei dem Gedanken, sie könnte ihn aus den Händen der geldgierigen Raufbolde befreit haben, um danach selbst zuzuschlagen und die Beute für sich allein zu beanspruchen.

Er erinnerte sich gut daran, wie schnell sie gewesen und wie geschickt sie mit der Klinge des Schwerts umgegangen war. So schnell, dass er vermutlich keine Chance hätte, auch nur nach seiner Pistole zu tasten, geladen oder nicht.

Er hätte Wang bitten sollen, mitzukommen. Und sei es nur als Dolmetscher, der herausfand, was das Mädchen von ihm wollte.

Dieses Mädchen, dessen Haltung Wachsamkeit ausstrahlte. Fast misstrauisch wirkte sie; womöglich hatte er sie in ihrem Schlupfwinkel aufgestört, und sie traute ihm genauso wenig wie er ihr.

Er schalt sich einen Narren, der Gespenster sah, und bückte sich tiefer über das Purpur der fleischigen Seesternblüten.

Keinen Schritt näherte sich ihm das Mädchen.

Nie richtete sie das Wort an ihn oder langte nach dem Griff ihres Schwerts.

Sie schien sich damit zu begnügen, ihm zuzusehen.

An jedem einzelnen Tag, den er sich methodisch durch die Landschaften der Insel vorarbeitete. In seinem eigenen gemächlichen Rhythmus die Pflanzen betrachtete, untersuchte und vermaß. Besonders schöne Exemplare erntete er, um sie zu konservieren. Andere grub er behutsam aus, die in Glaskästen wieder wurzeln und die Schiffsreise in ihre neue Heimat antreten sollten.

Es war ihm unangenehm, einen Zuschauer zu haben. Als wäre er wieder ein Lehrling, dem der Meister peinlich genau auf die Finger schaute.

Er gewöhnte sich daran.

Eine stille Präsenz am Rande seines Gesichtsfelds war das Mädchen, unaufdringlich wie ein Grashalm.

Fortune war Gärtner, er hatte Geduld.

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