Saga Bauer liegt auf dem hellen, filzigen Teppich auf dem Bauch. Sie schließt die Augen, während Stefan langsam ihren Rücken küsst. Ihre blonden Haare liegen weit gefächert auf dem Boden wie schimmernder Dunst. Stefans warmes Gesicht bewegt sich über ihre Haut.
Mach weiter, denkt sie.
Die leichte Berührung seiner Lippen kribbelt zwischen den Schulterblättern.
Sie zwingt sich, liegen zu bleiben, und schaudert wonnig.
Aus der Musikanlage ertönt ein erotisches Duett für Violoncello und Mezzosopran des Komponisten Carl Unander-Scharin.
Die beiden Stimmen kreuzen sich rhythmisch und immer wieder wie das langsame Glitzern in einem dunklen Bach.
Saga liegt ganz still und spürt, dass ihr Körper immer erregter wird. Sie atmet durch den halb geöffneten Mund und befeuchtet ihre Lippen mit der Zunge.
Seine Hände gleiten über ihre Taille, schließen sich um die Hüften und heben federleicht ihren Po an.
Kein Mann, dem ich vorher begegnet bin, hat mich so sanft berührt, denkt Saga und lächelt.
Er betrachtet sie, und sie spreizt die Schenkel. In ihr beginnt es zu glühen, ein Kern aus öliger, pochender Hitze.
Sie hört sich selbst stöhnen, als sie seine Zunge spürt.
Behutsam dreht er ihren Körper um. Der Teppich hat streifige Abdrücke auf ihrem Bauch hinterlassen.
»Mach weiter«, flüstert sie.
»Sonst erschießt du mich«, sagt er.
Sie nickt und lächelt offen und glücklich. Stefans schwarze Haare sind ihm ins Gesicht gefallen, der schmale Pferdeschwanz liegt auf seiner Brust.
»Komm, komm«, sagt Saga.
Sie zwingt sein Gesicht zu ihrem, küsst ihn und begegnet seiner warmen und feuchten Zunge.
Schnell streift er seine Hose ab und legt sich nackt auf sie. Sie zieht die Beine an und spürt ihn in sich eindringen. Sie stöhnt lang gezogen und atmet anschließend schnell, als sie kurz innehalten. Die atemberaubende Nähe des anderen spüren. Stefan stößt ganz sanft in ihr. Seine schlanken Hüften bewegen sich langsam. Sagas Finger streichen über seine Schulterblätter, Lenden, Pobacken.
Dann klingelt das Telefon. Na klar, denkt sie sofort. Das Geräusch von ZZ Tops ruhigem »Blue Jeans Blues« dringt aus dem Kleiderhaufen auf der Couch, unter dem weißen Unterhemd, dem Slip, der umgestülpten Jeans.
»Lass es klingeln«, flüstert sie.
»Es ist dein Diensthandy«, sagt er.
»Das ist mir scheißegal, es ist nichts Wichtiges«, murmelt sie und versucht, ihn festzuhalten, aber er zieht sich aus ihr zurück, kniet sich hin und tastet in ihren Hosentaschen nach dem Telefon. Er kann es nicht finden, der Blues geht gedämpft weiter. Schließlich dreht er die Jeans auf den Kopf und schüttelt das Handy heraus. Es ist verstummt. Ein leise klingelnder Ton teilt mit, dass ihr jemand auf die Mailbox gesprochen hat.
Zwanzig Minuten später eilt Saga Bauer im Laufschritt durch den Flur des Landespolizeiamts. Nach der hastigen Dusche sind ihre Haarspitzen noch feucht. In ihrem Körper steckt noch prickelnde und unbefriedigte Lust. Slip und Jeans sitzen unbequem.
Als sie zu Joonas Zimmer läuft, erblickt Saga flüchtig Anja Larssons rundes fragendes Gesicht hinter dem Computerbildschirm. Joona steht mit dem Foto in der Hand in seinem Zimmer und erwartet sie. Als sie seinem eisig grauen, stechenden Blick begegnet, läuft ihr ein unangenehm kalter Schauer über den Rücken.
»Schließ die Tür«, sagt er.
Sie befolgt seine Anweisung, dreht sich zu ihm um und wartet. Ihre Atemzüge sind schnell, still.
»Axel Riessen erinnert sich an jedes Musikstück, das er jemals gehört hat, an jeden Ton von jedem Instrument in einem Symphonieorchester …«
»Was willst du mir damit sagen?«
»Er konnte sehen, welches Stück das Quartett auf dem Bild spielt, es ist Béla Bartóks zweites Streichquartett.«
»Okay, du hattest recht«, erklärt sie schnell. »Man konnte das Stück herausfinden, aber wir …«
»Das Foto ist am dreizehnten November 2009 entstanden«, unterbricht Joona sie ungewöhnlich schroff.
»Also haben diese Schweine noch nach der Anklage gegen al-Bashir Waffengeschäfte mit dem Sudan gemacht«, sagt sie.
»Ja.«
»Sie wussten, dass die Munition in Darfur landen würde«, flüstert sie.
Joona nickt.
»Carl Palmcrona hatte in dieser Loge nichts verloren«, sagt er. »Pontus Salman hatte dort nichts zu suchen, keiner von ihnen hätte dort sein sollen …«
»Aber jetzt haben wir sie gemeinsam auf einem Foto«, erklärt Saga. »Raphael Guidi fädelt ein Riesengeschäft mit dem Sudan ein.«
»Ja«, erwidert Joona und begegnet Sagas sommerblauen Augen.
»Der richtig große Fisch war natürlich faul«, stellt Saga fest. »Das haben viele auch schon vorher gesagt und die meisten geahnt … aber die größten Fische kommen immer davon.«
Schweigend mustern sie erneut das Foto, betrachten die vier Personen in der Loge der Alten Oper, den Champagner, ihre Gesichter, die Musiker mit Paganinis historischen Instrumenten.
»Jetzt haben wir das erste Rätsel gelöst«, meint Saga und holt tief Luft. »Wir wissen, dass man auf diesem Bild sieht, dass der Sudan trotz des Waffenembargos versucht, Munition zu kaufen.«
»Palmcrona war dabei, das Geld auf seinem Konto ist mit Sicherheit Schmiergeld«, meint Joona zögernd. »Andererseits … Palmcrona hat nach der Sache mit dem Präsidenten doch gar keinen Waffenexport in den Sudan genehmigt, damit wäre er niemals durchge …«
Er verstummt, als das Handy in seinem Jackett summt. Joona meldet sich, hört wortlos zu und beendet das Gespräch. Er sieht Saga an.
»Das war Axel Riessen«, sagt Joona. »Er behauptet, dass er weiß, worum es auf dem Foto geht.«