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Es war nach zehn Uhr abends, als Hunter in seine Wohnung zurückkam. Er fand keinen Schlaf. Sein Gehirn konnte einfach nicht abschalten. Statt dagegen anzugehen, nahm er sich noch einmal den Karton voller Fotos aus Littlewoods Wohnung vor. Er breitete sie im Wohnzimmer auf dem Fußboden aus und verglich sie mit dem Hochzeitsfoto, das Allison ihm überlassen hatte. Er wusste ja bereits, dass die Mordopfer einander gekannt hatten, und wenn Derek Nicholson auf einem der Fotos zu finden war, dann vielleicht auch das bislang unbekannte vierte Mitglied der Gruppe.

Nach einer Stunde auf den Knien mit einer Lupe vor dem Auge ließ Hunter es sein. Er war müde. Seine Beine taten weh, und er brauchte dringend Schlaf. Seine Augen brannten, Nacken und Schultern waren verspannt. Aber noch immer arbeitete sein Verstand verbissen weiter.

Er hörte, wie das Pärchen nebenan von einer ihrer zahlreichen Kneipentouren zurückkam. Türen wurden geknallt, dann folgte betrunkenes Gemurmel.

»Ich muss mir dringend neue Nachbarn zulegen.« Hunter lachte leise, bevor er sich wieder den Fotos der Schattenbilder zuwandte. Die neuen Informationen, die sie im Laufe der letzten Stunden zutage gefördert hatten, wirbelten in seinem Kopf herum.

Auf der anderen Seite der Wand war Kichern und Stöhnen zu hören. »O nein, nicht das«, knurrte Hunter. »Bitte nicht im Wohnzimmer.«

Das Stöhnen wurde lauter.

»Verdammt!« Jeden Moment würde das dumpfe Pochen gegen die Wand losgehen. Er verschränkte die Finger und legte sich die Hände auf den Kopf, während er versuchte, sich erneut auf die Bilder am Fußboden zu konzentrieren.

Je länger er darüber nachdachte, desto logischer erschien es ihm. Nicholson, Dupek, Littlewood und der Vierte im Bunde, wer auch immer er gewesen war, hatten eine Frau vergewaltigt. Gut möglich, dass es das Mädchen war, von dem Jude ihnen erzählt hatte – Roxy –, oder eine andere Prostituierte. Aber was war mit dem Opfer geschehen? Hatte die Sache einen schlimmen Ausgang genommen? War sie tot?

Die lauten Geräusche von nebenan störten Hunter längst nicht mehr. Er war ganz in seiner eigenen Welt. Systematisch ging er alle bekannten Fakten des Falls durch.

Er war so in Gedanken, dass es eine ganze Weile dauerte, bis das Klingeln des Telefons zu ihm durchdrang. Er blinzelte zweimal und sah sich im Zimmer um, als wisse er im ersten Moment nicht, wo er war. Sein Handy lag neben dem Drucker auf dem Tisch. Es fing erneut an zu klingeln, und Hunter klappte es auf, ohne einen Blick auf das Display zu werfen.

»Detective Hunter.«

»Detective, hier ist noch mal Jude. Wir haben uns heute unterhalten.«

»Ja, natürlich.« Hunter war überrascht, doch seine Stimme verriet nichts.

»Tut mir leid, dass ich so spät anrufe, aber mir ist tatsächlich noch was eingefallen. Eigentlich wollte ich bis morgen früh warten, aber es geht mir nicht aus dem Kopf, und ich kann nicht schlafen. Sie haben gesagt, dass ich mich jederzeit melden kann, wenn mir noch was einfällt.«

»Ja, auf jeden Fall. Das macht überhaupt nichts«, sagte Hunter nach einem Blick auf die Uhr. »Was ist Ihnen noch eingefallen?«

»Ein Name.«

Die Muskeln in Hunters Nacken versteiften sich. »Der vierte Mann?«

»Nein. Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich an dem Abend keinen anderen Namen gehört hab.« Eine kurze Pause. »Aber mir ist der Name von Roxys Kind wieder eingefallen. Wissen Sie noch? Ich hab Ihnen gesagt, dass sie ein paar Mal davon gesprochen hat.«

»Ja, ja.«

Jude nannte Hunter den Namen, woraufhin dieser die Stirn in Falten legte. Ein ungewöhnlicher Name, aber gleichzeitig klang er irgendwie vertraut.

Jude legte auf. Sie war froh, dass sie angerufen hatte, und hoffte, die Sache jetzt endlich abhaken zu können. Sie wollte wieder ruhig schlafen.

Hunter legte sein Handy zurück auf den Tisch. Der Name, den Jude ihm genannt hatte, ließ ihm keine Ruhe. Er beschloss, die Datenbank des LAPD zu durchsuchen. Vielleicht kannte er ihn von dort.

Hunter schaltete seinen Laptop ein. Während er darauf wartete, dass das Gerät hochfuhr, fiel sein Blick erneut auf die am Boden liegenden Fotos. Er hielt inne, und plötzlich spürte er, wie sich eine unangenehme Kälte in seiner Magengrube ausbreitete.

Er konnte sich die Datenbankabfrage sparen. Ihm war soeben eingefallen, wo er den Namen schon einmal gehört hatte.

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