113 General Reynier


General Reynier, dem René sich anschließen wollte, war im Jahr 1792 auf Empfehlung La Harpes in seiner Eigenschaft als Ingenieur in die Artillerie des Generalstabs von General Dumouriez aufgenommen worden; von Dumouriez zum Adjutanten befördert, nahm er an der berühmten Kampagne der Nordarmee in den Niederlanden teil, in der Husarenregimenter die holländische Flotte eroberten, indem sie über die zugefrorene Insel Texel stürmten; er wurde zum Brigadegeneral befördert und bald darauf zum Chef des Generalstabs der Rheinarmee unter Moreau.

Bonaparte nahm ihn nach Ägypten mit und vertraute ihm das Kommando über eine Division an. Diese Division bildete eines der Karrees, die den Sieg der Schlacht bei den Pyramiden errangen. Nach der Einnahme Kairos wurde General Reynier beauftragt, Ibrahim Bey aus Syrien zu vertreiben und den Oberbefehl über die Provinz Charki zu übernehmen. Die Loyalität, mit der General Reynier sich ausnahmslos betrug, brachte ihm die Achtung aller arabischen Völker ein.

Bonaparte verließ Ägypten. Das Oberkommando über die Armee hätte von Rechts wegen Reynier zugestanden, wurde aber Bonapartes Günstling Menou verliehen. Die Armee murrte, und eines Tages ließ Menou Reynier festnehmen, auf eine Fregatte bringen und ohne Erklärung nach Frankreich verschiffen.

Bei seiner Ankunft in Paris erfuhr Reynier, dass er bei Bonaparte in Ungnade gefallen war, und er musste sich auf sein Landgut im Nièvre (vormals Nivernais) zurückziehen.

Unbeugsame und stolze Menschen wie Reynier waren Napoleon stets suspekt; dennoch rief er ihn für die Kampagne von 1805 in den aktiven Dienst zurück, und nach der Schlacht von Austerlitz vertraute er ihm das Kommando über die Armee an, die für seinen Bruder Joseph das Königreich Neapel zu erobern hatte.

Josephs Amtseinführung verlief ohne Zwischenfälle, und da er sich vom Augenschein blenden ließ, prahlte er sogar in dem Briefwechsel mit seinem Bruder, dem Kaiser, mit dem Wohlwollen, das die Neapolitaner ihm bezeigten und das, wie er sagte, bei manchen bis zur Begeisterung reichte. Doch die lange Belagerung Gaetas, die den Großteil seiner Truppen erforderte, ermöglichte den einstigen Parteigängern der Bourbonen oder eher jenen Briganten, die jede Gelegenheit nutzen, ihr ruchloses Gewerbe mit einem patriotischen Banner zu schmücken, ihre Banden wieder zusammenzurufen und das Land mit ihren sogenannten politischen Überfällen zu überziehen, die in Wahrheit das Deckmäntelchen für Plünderungen und private Rachefeldzüge waren.

Daraufhin wurde Reynier mit einer Armee von sieben- bis achttausend Mann nach Kalabrien entsandt. Keine Stadt, keine Räuberbande wagte sich ihm entgegenzustellen; und so erreichte er Scilla und Reggio, und in beiden Städten errichtete er Garnisonen.

Doch Ferdinand und Caroline, die nach Palermo geflüchtet waren, hatten sich mittlerweile mit den Engländern verständigen können, ihren althergebrachten Verbündeten gegen die Franzosen.

Die Engländer schickten Schiffe vor die kalabrische Küste und versorgten die Aufständischen mit Geld, Schießpulver und Waffen, während sie in Messina eine Flotte ausrüsteten, die noch wirksamere Hilfe bringen sollte.

Reynier musste also jeden Tag damit rechnen, dass die Engländer Truppen an Land absetzten, während die Anführer der Räuberbanden wie Panedigrano, Benincasa, Parafante oder Il Bizzarro seinen Männern aus dem Hinterhalt auflauerten und sie bisweilen sogar im offenen Kampf töteten.

Schon vor über einem Monat hatte er König Joseph mitgeteilt, dass zahlreiche englische Agenten in Kalabrien eingetroffen waren, denen jedes Mittel recht war, das Volk zum Aufstand aufzuwiegeln, und er hatte mehrere Kolonnen gebildet, die sie verfolgten.

Dann verließ die englische Flotte die Meerenge von Messina.

Reynier schrieb unverzüglich an General Compère, den er mit zwei Bataillonen zwischen Scilla und Reggio postiert gelassen hatte, er solle nur so viele Männer in den Städten belassen, wie für den Schutz der Paläste und des Krankenhauses erforderlich waren, und mit den übrigen Soldaten am Fluss Angitola zu ihm stoßen, und er sandte Boten an alle verstreuten Regimenter, um sie aufzufordern, sich ebenfalls an besagtem Fluss zu konzentrieren.

Als Reynier in Monteleone ankam, erfuhr er, dass die Engländer im Schutz der Dunkelheit am Golf von Sant’ Eufemia an Land gegangen waren. Drei polnische Kompanien, die sich ihnen in den Weg gestellt hatten, waren unter großen Verlusten zurückgeschlagen worden und hatten sich hinter den Angitola zurückziehen müssen. General Digonet war nachts mit einer Kompanie polnischer Grenadiere und dem neunten Jägerregiment hinzugestoßen und kampierte am Lamato.

Reynier kampierte mit seinen etwa fünfzehnhundert Mann oberhalb des Angitola. Von dem Hochplateau aus hatte er ungehinderte Sicht über den ganzen Golf von Sant’ Eufemia. Der Gegner, sechs- bis siebentausend Mann stark, hatte seit der Landung seine Stellung nicht verändert und mit seinem rechten Flügel samt Feldbatterie am Fuß des Turms der Bastion Posten bezogen, mit dem linken im Dorf von Sant’ Eufemia. Die Engländer schickten Patrouillen nach Sambiase und Nicastro, bei deren Erscheinen in beiden Orten Aufruhr ausbrach; man hisste die rote Kokarde und verbündete sich mit den Engländern. Den ganzen Tag kamen Briganten in Trüppchen von zwanzig bis vierzig Mann den Berg hinunter und verstärkten die englischen Einheiten.

Von seinem Aussichtspunkt aus konnte Reynier all das sehen; er dachte sich, dass die Engländer immer mehr Verstärkung erhalten würden, je länger er wartete, und obwohl diese Verstärkung auf flachem Land nicht allzu sehr zu fürchten war, beschloss er, trotz der zahlenmäßigen Unterlegenheit seiner Truppen am nächsten oder übernächsten Tag die Engländer anzugreifen.

So kam es, dass Reynier an ebenjenem Tag, an dem René in Amantea übernachtete, von dem Hochplateau hinter dem Angitola herunterkam und am Fluss Lamato Stellung bezog, in der Nähe von Maida, damit er innerhalb von zwei Stunden den Gegner in dessen Zentrum angreifen konnte, zwischen Bergen und Meer, so dass die französischen Truppen sich einerseits außerhalb Reichweite der Gewehre der Briganten befanden, die am Fuß der Berge versammelt waren, und andererseits außerhalb der Reichweite der Geschütze auf den Schiffen, die vor der Küste warteten und den linken Flügel des Gegners bis in das Meer verlängerten.

Am Vorabend hatte René durch seinen Führer erfahren, dass die französische Armee nur mehr wenige Meilen von ihm entfernt war und dass er sie am nächsten Tag erreichen werde; am nächsten Morgen war er bei Tagesanbruch auf den Beinen und bewaffnet; er öffnete die Tür seines Zimmers und sah seinen Führer an der Wand lehnen, ebenfalls bereit.

Der Führer legte den Finger auf den Mund und bedeutete René, ihm zu folgen; dann führte er ihn nicht etwa zu einer Tür, sondern zu einem Fenster, vor dem eine Leiter stand.

Der Führer kletterte als Erster hinaus, René folgte ihm; ihre Pferde warteten gesattelt vor einem Hintertürchen.

Als René sah, dass der Führer sich anschickte wegzureiten, sagte er: »Halt, mir scheint, wir haben vergessen abzurechnen.«

»Das ist schon erledigt«, erwiderte der Führer, »beeilen wir uns lieber.«

Und er trieb sein Pferd zum Trab an, der René inzwischen so vertraut war.

Gegen acht Uhr morgens erreichten sie den Gipfel des Bergs von Sant’ Eufemia mit Blick über den ganzen Golf, die beiden Armeen und die Flotte, während am Horizont eine lange bläuliche Linie die sizilianische Küste anzeigte und mehrere dunkle Flecken auf dem Wasser und Rauch und Feuer, die von einer Insel in Zuckerhutform aufstiegen, Stromboli und sein Archipel bezeichneten.

René hielt einen Moment inne, um das prachtvolle Schauspiel zu genießen, das alle Schönheiten und alle Schrecknisse der Natur zusammenfasste: Berge, Wälder, Meer, Inseln, den Golf mit goldenem Sandstrand und an diesem Golf mit einer Meile Zwischenraum zwei Armeen, im Begriff, einander umzubringen.

»Wir sind da«, sagte der Führer. »Dort sind die Franzosen, und hier stehen ihnen die Engländer gegenüber, von deren Landung Sie gestern erfuhren.«

René kramte in der Tasche.

»Hier«, sagte er, »sechs Louisdors für dich statt der drei, die ich versprochen habe.«

»Danke«, sagte der Führer und schob Renés Hand weg. »Ich habe noch die Hälfte des Geldes, das Sie mir gaben, als Sie mich im Vicaria-Gefängnis verließen.«

René sah ihn verblüfft an. Der Mann lüpfte den Hut, nahm die Binde ab, die sein Gesicht zur Hälfte verdeckt hatte, und obwohl er Bart und Schnurrbart abrasiert hatte, erkannte René den Banditen, den er in den Pontinischen Sümpfen gefangen genommen hatte.

»Wie! Du bist hier?«, sagte er.

»Ja«, erwiderte der Bandit und lachte.

»Konntest du entfliehen?«

»Ja«, sagte der Bandit, »der Gefängniswärter war ein Freund von mir; durch Zufall bin ich Ihnen begegnet, und ich hatte nicht vergessen, was Sie für mich getan hatten.«

»Was soll ich denn für dich getan haben?«

»Sie hätten mich erschlagen können, aber Sie haben mein Leben verschont; ich verschmachtete vor Durst, und Sie ließen mir zu trinken geben, ohne dass ich darum bitten musste; ich hatte kein Geld, und als sie mich am Gefängnis absetzten, steckten Sie mir einen Louisdor zu. Brigant mag ich sein, aber Ehrenmann bin ich trotzdem. Ich habe einige Male aufgepasst, dass Sie nicht im Schlaf ermordet wurden; wir sind quitt.«

Diesmal trieb der Bandit sein Pferd nicht zum Trab an, sondern zum Galopp, und war verschwunden, bevor René sich von seinem Erstaunen erholt hatte.

René zuckte die Schultern, sagte sich: »Nicht zu glauben, in welchen Winkeln die Dankbarkeit sich einnistet!«, und richtete den Blick wieder auf den Strand, wo die Schlacht stattfinden würde.

In den Reihen der Engländer herrschte Unruhe, sie bewegten sich auf das Meer zu, und einen Augenblick lang wollte es René scheinen, als wären sie im Begriff, an Bord zu gehen; doch dann teilten sie sich in zwei Kolonnen auf und marschierten der Flussmündung entgegen, die sie durchquerten, da sie nur knietief war; ein Kriegsschiff, eine Fregatte und mehrere Kanonenboote begleiteten sie auf dem Meer; sie verlagerten ihre rechte Flanke zum Lamato hin, den sie offenbar überqueren wollten, um den Franzosen den Weg nach Monteleone abzuschneiden.

Nun marschierte die Kolonne, die den Fluss an seiner Mündung überschritten hatte, den Flusslauf hinauf und dem französischen Lager entgegen.

René konnte von seinem Platz aus beinahe die Soldaten beider Armeen zählen. Die Franzosen waren zahlenmäßig völlig unterlegen. Mit ihren Alliierten aus dem Räubergewerbe waren die Engländer an die achttausend Mann stark, denen die Franzosen nur fünftausend Mann entgegenstellen konnten.

Unterdessen war General Reynier offenbar zu der Ansicht gelangt, dass der Augenblick für einen Angriff günstig sei und dass er das Zentrum der gegnerischen Armee mit einer kraftvollen Attacke umso eher vernichten konnte, als die englische Armee durch den Flusslauf des Lamato zweigeteilt war; die englische Abteilung, die sich nahe dem Meer befand, konnte sich dann zwar auf die Schiffe retten, doch die andere Abteilung, die Reyniers linke Flanke überwältigen wollte, müsste in die Sümpfe oder in die Wälder von Sant’ Eufemia flüchten.

Gelang es Reynier, den Lamato zu überschreiten, konnte er den Engländern mit seiner Infanterie, seiner leichten Artillerie und seiner Kavallerie entgegentreten (wobei die Kavallerie sich leider auf einhundertfünfzig Jäger beschränkte), überließ er aber den Lamato den Engländern, musste er alle Vorteile einbüßen, da er gezwungen wäre, auf einem Terrain zu kämpfen, das von Schluchten durchzogen und von Sümpfen durchsetzt war, in denen er weder seine Artillerie noch seine Pferde zum Einsatz bringen konnte.

Eine Viertelmeile vom Ort des Geschehens entfernt, sah René, wie General Reynier zwei Kompanien von Schützen abzog, damit diese den Vormarsch der englischen Kolonne störten, die den Lamato an der Mündung überschritten hatte, und wie unter dem Kommando eines Generals, den er nicht kannte, zwei Regimenter von annähernd zweieinhalbtausend Mann den Lamato überquerten und am jenseitigen Ufer in Gefechtsstellung gingen. Ihnen folgten das vierte Schweizer Bataillon und zwölf Kompanien des polnischen Regiments, ungefähr fünfzehnhundert Mann.

Das dreiundzwanzigste Regiment der leichten Infanterie unter General Digonet begab sich an die äußerste rechte Flanke, und die vier leichten Artilleriegeschütze und die hundertfünfzig Reiter bezogen in der Mitte Aufstellung.

Dann befahl General Reynier General Compère, sich an die Spitze des ersten Regiments zu setzen und gestaffelt den Engländern entgegenzumarschieren, während Schweizer und Polen als zweite Linie folgen sollten und das dreiundzwanzigste Infanterieregiment, das zu weit nach rechts abgeschwenkt war, sich den Schweizern nähern und ebenso wie General Compère alle Anstrengungen auf das Zentrum des englischen Heeres richten sollte.

Zum ersten Mal erlebte René eine geordnete Feldschlacht mit: Vor Neugier war er wie gebannt; zudem fragte er sich, was in einem solchen Gewimmel ein Mann mehr oder weniger bewirken sollte.

Die zwei Attacken wurden mit großer Ruhe und Kaltblütigkeit vorgetragen; General Compère ging an der Spitze der Soldaten. Als die Engländer die Franzosen kommen sahen, warteten sie bis auf halbe Gefechtweite, ohne zu schießen.

Dann gab das erste Regiment Signal zum Angriff und stürmte voran, vom zweiundvierzigsten Regiment gefolgt.

General Compère befand sich mit seinen zwei Ordonnanzen und seinem Leutnant in dem Zwischenraum zwischen den beiden Heeren.

Als die Franzosen sich den Engländern bis auf fünfzehn Fuß genähert hatten, feuerten die Engländer der ersten und der zweiten Reihe.

Die Franzosen marschierten unverdrossen weiter, wurden jedoch von neuem Gewehrfeuer begrüßt, nachdem die Männer aus der dritten englischen Reihe ihre geladenen Gewehre nach vorne gereicht hatten.

General Compère stürzte nach dieser Salve zu Boden, an Kopf und Arm getroffen.

Als die Franzosen ihren General am Boden sahen, ergriffen die Soldaten des ersten Regiments die Flucht, woraufhin die Soldaten des zweiundvierzigsten Regiments unschlüssig verharrten. René erkannte, dass diese Panik im Handumdrehen die ganze Armee überwältigen konnte; die Hufe seines Pferdes schienen sich wie von allein vom Boden zu lösen, und ohne zu überlegen, ob ihn unterwegs noch andere Hindernisse erwarteten als das abschüssige Terrain, gab er dem Pferd die Sporen und befand sich eine Sekunde später mitten unter den Flüchtenden, in jeder Hand eine Pistole.

Zuerst versuchte er die Flüchtenden aufzuhalten; doch als er sah, dass die Soldaten, die er aufhalten wollte, ihn mit ihren Gewehren bedrohten, sprang er vom Pferd und kümmerte sich um den verwundeten General, den die Engländer entführen wollten, nachdem sie gemerkt hatten, dass er nicht tot war, sondern nur verwundet, und den seine Adjutanten verzweifelt verteidigten.

Mit zwei Pistolenschüssen und zwei Schüssen aus dem Stutzen sorgte René für etwas Luft um den Verwundeten; da Pistolen und Stutzen entladen waren, hängte er den Stutzen an seinen Sattel, steckte die Pistolen in ihr Halfter, ergriff ohne abzusteigen einen Kavalleriesäbel vom Boden und preschte auf die fünf oder sechs Engländer los, die sich noch immer um den General herum aufhielten.

René handhabte den Säbel ebenso gewandt wie den Degen: In wenigen Sekunden waren drei der Engländer tot oder verwundet, und die drei anderen ergriffen die Flucht; einer von ihnen wurde dabei von einem der Adjutanten des Generals erschossen. Diesen Augenblick des Atemholens nutzte René, um seine Waffen zu laden.

Unterdessen hatte Reynier sich unter die Flüchtenden geworfen, begleitet von seinen hundertfünfzig berittenen Jägern; von seinem Feldherrenhügel aus hatte er voller Staunen gesehen, wie René sich in den Kampf gestürzt und gekämpft hatte. Da ihm Renés Uniform unbekannt war, zögerte er einen Augenblick, doch dann sagte er sich, dass sie das Herz eines tapferen Mannes bedeckte, und rief ihm zu: »Übernehmen Sie das Kommando über diese Männer, und tun Sie Ihr Bestes!«

»Wollt ihr mich als euren Anführer?«, rief René.

»Ja«, antworteten die Soldaten wie aus einem Mund.

Daraufhin nahm René seinen Hut auf die Spitze seines Säbels, stürzte sich gegen die englische Schlachtlinie, warf den Hut mitten unter die Engländer, erlegte einen Gegner mit einem Säbelhieb und rief: »Zwanzig Louisdors für den, der mir meinen Hut zurückbringt.«

Und die Soldaten, angefeuert durch ihren Mut und durch die Hoffnung auf Belohnung, zerteilten die Reihen der Engländer und gelangten bis zur dritten Reihe, doch dort kamen sie nicht weiter. René klemmte sich den Säbel zwischen die Zähne, nahm seine Pistolen aus dem Halfter und schoß zwei Männer nieder; dann steckte er die Pistolen wieder ein, nahm den Säbel wieder zur Hand, hob damit seinen Hut auf, den er als Einziger erreicht hatte, und sagte: »Nun gut, es sieht ganz so aus, als hätte ich meine zwanzig Louisdors gewonnen.«

Hinter ihm hatten sich die Reihen der Engländer geschlossen; er hatte zwei gegnerische Reihen durchquert, durchquerte nun die dritte, indem er zwei Männer niederstreckte, und fand sich als einziger Franzose hinter der englischen Armee wieder.

Offiziere zu Pferd umringten General Stuart, und zwei von ihnen kamen René entgegen.

René begriff, dass man ihm ein Duell anbot, nur dass es sich um ein Duell handelte, bei dem zwei gegen einen kämpften.

Er ließ sein Pferd anhalten, schoss mit seinem Stutzen aus fünfzig Fuß Entfernung auf einen der Reiter und aus zwanzig Fuß Entfernung auf den zweiten; beide stürzten zu Boden.

Daraufhin löste sich ein dritter Reiter aus der Gruppe, der seinen Säbel schwenkte und damit bedeutete, dass er einen Kampf mit blanker Waffe vorschlug. René befestigte seinen Stutzen am Sattel und galoppierte dem neuen Gegner entgegen.

Und wie im Altertum oder im Mittelalter boten René und sein Widersacher, homerischen Helden oder unerschrockenen Rittern vergleichbar, das Schauspiel eines Kampfes, den beide Kombattanten mit größtem Mut und Einsatz führten.

Nach zehn Minuten musste der Engländer sich ergeben, an der rechten Hand verwundet und Renés Säbelspitze vor der Brust.

»Monsieur«, sagte er daraufhin in tadellosem Französisch zu René, »wären Sie bereit, mich auf Parole zu meinem General zurückkehren zu lassen? Ich möchte ihm etwas sagen.«

»Gehen Sie, Monsieur.«

René nutzte die Atempause, um seine Waffen zu laden und wieder an ihrem Platz unterzubringen.

Kurz darauf sah er den englischen Offizier zurückkommen, den rechten Arm verbunden und in der Linken seinen Säbel mit einem weißen Taschentuch an der Spitze.

»Was bedeutet dieses weiße Taschentuch?«, fragte René lachend. »Kommen Sie als Unterhändler, um mich aufzufordern, mich zu ergeben?«

»Ich komme, um Sie zu bitten, mir zu folgen, Monsieur; und damit Ihnen kein Ungemach widerfährt, wenn Sie abermals die Reihen unserer Armee durchqueren, um zu Ihrer Armee zurückzugelangen, hat General Stuart mich beauftragt, als Ehrenbezeigung unsere Reihen für Sie zu öffnen.«

»Sollte General Stuart etwa der Ansicht sein, ich verstünde sie mir nicht selbst zu öffnen?«

»Keineswegs, Monsieur, doch er legt so großen Wert darauf, dass Sie wohlbehalten aus der Lage zurückkehren, in die Sie sich begeben haben, dass er mich bat, Ihnen auszurichten, er werde selbst Ihr Führer sein, wenn Sie mich nicht als Führer annähmen.«

»Du lieber Himmel«, sagte René, »dafür wollen wir ihn nicht bemühen. Reiten Sie voran, Monsieur, wenn es Ihnen recht ist, ich folge Ihnen.«

Unterdessen war der Ausgang der Schlacht entschieden worden: General Compère war gefangen genommen worden, der Bataillonschef des ersten Regiments war gefallen, der Bataillonschef der Schweizer war lebensgefährlich verwundet und der des dreiundzwanzigsten Regiments verwundet; die Verbindung zu Monteleone war unterbrochen, die französische Armee wurde von der englischen Armee verfolgt und befand sich auf dem Rückzug durch das Lamatotal.

Die englische Armee schrak davor zurück, sich in das Tal zu begeben, und gewährte General Reynier einen ungestörten Rückzug.

Renés Führer rief mit lauter Stimme: »Salutiert auf Befehl General Stuarts!«

Die Soldaten gehorchten, und René durchschritt eine doppelte Reihe erhobener Gewehre.

So gelangten sie zu der Stelle, wo die englische Vorhut innegehalten hatte.

»Monsieur«, sagte René zu seinem Führer, »niemand als Sie kann General Stuart meinen Dank angemessen ausdrücken; ich entlasse Sie unter der einzigen Bedingung, dass Sie ihm meinen innigen Dank aussprechen.«

Er gab seinem Pferd die Sporen, nachdem er den Gefangenen gegrüßt hatte, dem er die Freiheit gegeben hatte, und gesellte sich zu der französischen Nachhut, die erst bei Catanzaro anhielt, anders gesagt: sechs Meilen entfernt.


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