41 Der schmerzensreiche Weg

Als Bonaparte und Chateaubriand sich trennten, nachdem sie sich eher gemessen hatten wie zwei Athleten, die ihren nächsten Kampf vorbereiten, als wie ein Untergeordneter, der von seinem Vorgesetzten Befehle entgegennimmt, reiste General Ordener mit der Eilpost nach Straßburg ab.

Sobald er dort ankam, begab er sich zu dem Divisionskommandanten, der Ordre hatte, sämtliche Forderungen zu erfüllen, die ihm gestellt werden würden, auch ohne dass er wusste, worum es ging.

Der Kommandant stellte General Ordener auf der Stelle General Fririon und dreihundert Mann der sechsundzwanzigsten Dragoner sowie Pontoniere und alle Ausrüstung zur Verfügung, die General Ordener wünschte.

Und während General Ordener nach Schlettstadt aufbrach, entsandte er einen verkleideten Kavallerieunteroffizier nach Ettenheim, der sich vergewissern sollte, dass der Herzog und General Dumouriez sich dort befanden.

Der Unteroffizier kehrte zurück und berichtete, beide seien in Ettenheim.

General Ordener begab sich daraufhin nach Rheinau, wo er um acht Uhr abends eintraf; mithilfe der Fähre und fünf großer aneinandergebundener Schiffe konnten seine Truppen den Rhein auf einmal überqueren.

Gegen fünf Uhr morgens war das Schloss des Prinzen vollständig umzingelt. Von den Geräuschen der Pferde und der Aufforderung zu öffnen geweckt, sprang der Herzog aus dem Bett, ergriff ein zweiläufiges Gewehr, riss das Fenster auf und legte auf den Citoyen Charlot an, der die achtunddreißigste Schwadron der Nationalgendarmerie befehligte und den Bediensteten, die er hinter den Fenstern des Schlosses sah, zurief: »Im Namen der Republik, öffnen Sie!«

Der Herzog war im Begriff abzudrücken, und um Citoyen Charlot wäre es geschehen gewesen, wenn nicht Oberst von Grünstein, der in dem Zimmer neben dem des Herzogs schlief, zu dem Fenster geeilt wäre, an dem der Herzog stand. Grünstein legte die Hand auf das Gewehr und fragte den Herzog: »Gnädiger Herr, haben Sie sich kompromittiert?«

»Nicht im Geringsten, lieber Grünstein«, erwiderte der Fürst.

»Dann«, sagte Grünstein, »ist Widerstand zwecklos; wir sind umstellt, wie Sie sehen, und ich sehe die Bajonette blitzen. Derjenige, auf den Sie angelegt haben, ist der Kommandant; bedenken Sie, dass Sie Ihr Schicksal und das unsere besiegeln, wenn Sie ihn erschießen.«

»Sie haben recht«, sagte der Prinz und ließ das Gewehr sinken. »Mögen sie eintreten, aber nur mit Gewalt, denn ich erkenne die Französische Republik nicht an und werde ihnen nicht öffnen.«

Während die Türen eingeschlagen wurden, kleidete der Prinz sich schnell an. Vereinzelte Hilferufe verstummten bald; ein Mann, der zur Kirche laufen wollte, um die Sturmglocke zu läuten, wurde festgehalten, der vermeintliche General Dumouriez (in Wahrheit der Marquis de Thuméry) ließ sich ohne Gegenwehr festnehmen, der Fürst wurde aus seinem Zimmer geführt und zu der Ziegelmühle vor dem Stadttor gebracht, während man sich all seiner Unterlagen bemächtigte. Zudem wäre es nicht einmal nötig gewesen, die Türen einzuschlagen, denn der Kavallerieunteroffizier Pferdsdorf, der am Vorabend nach Ettenheim entsandt worden war und dem Kommandanten Charlot gezeigt hatte, wo die verschiedenen Gäste des Herzogs logierten, war mit einigen Gendarmen und einem Dutzend Dragonern des zweiundzwanzigsten Regiments über die Hofmauer geklettert und durch die Wirtschaftsgebäude in das Haus eingedrungen.

Nachdem die Verhafteten vollzählig waren, suchte man unter ihnen vergebens nach Dumouriez. Der Herzog wurde befragt und erklärte, dass Dumouriez nie einen Fuß nach Ettenheim gesetzt und er ihn noch nie im Leben gesehen habe.

Die Festgenommenen waren: der Herzog von Enghien, der Marquis de Thuméry, der Baron von Grünstein, Leutnant Schmidt, Abbé Weinborn, vormaliger Generalvikar des Bistums Straßburg, Abbé Michel, Sekretär Abbé Weinborns, Jacques, Sekretär des Herzogs von Enghien, Simon Féron, sein Kammerdiener, und zwei weitere Bedienstete namens Pierre Poulain und Joseph Canone.

Der Herzog von Enghien zeigte zu Anfang große Furcht davor, nach Paris gebracht zu werden. »Jetzt, da er mich hat«, sagte er, »wird der Erste Konsul mich einsperren lassen. Es verdrießt mich sehr«, fügte er hinzu, »nicht auf Sie geschossen zu haben, Kommandant; ich hätte Sie getötet, Ihre Männer hätten auf mich geschossen, und jetzt wäre für mich alles erledigt.«

Ein mit Stroh gefüllter Karren stand bereit; man hieß die Gefangenen einsteigen und führte sie zwischen zwei Reihen von Füsilieren bis zum Rhein. Dort wurde der Fürst nach Rheinau übergesetzt; zu Fuß ging er weiter nach Plobsheim, und da es inzwischen seit langem Tag war, machte man dort halt, um zu frühstücken. Nach dem Frühstück stieg der Fürst mit Kommandant Charlot und dem Kavallerieunteroffizier in den Wagen. Ein Gendarm und Oberst von Grünstein bestiegen den Fahrersitz.

Gegen fünf Uhr abends wurde Straßburg erreicht, wo man bei Oberst Charlot abstieg. Eine halbe Stunde später wurde der Herzog in einem Fiaker zur Zitadelle gebracht, wo er auf seine Gefährten traf, die in dem Karren und auf Bauernpferden hergekommen waren.

Der Festungskommandant hatte sie alle in seinem Salon versammelt, in dem Matratzen ausgelegt worden waren; drei Wachen wurden für die ganze Nacht postiert, zwei im Zimmer und eine an der Tür.

Der Fürst schlief schlecht; die Entwicklung der Dinge beunruhigte ihn. Die Ratschläge, die man ihm erteilt hatte, kamen ihm in Erinnerung, und er machte sich Vorwürfe, nicht darauf gehört zu haben.

Am Freitag, dem 16. März, teilte man ihm mit, dass er verlegt werden würde; General Leval, der zuständige Kommandant von Straßburg, und General Fririon, der ihn ausgehoben hatte, suchten ihn auf. Man unterhielt sich gezwungen und mehr als kühl. Der Herzog wurde in den Pavillon gebracht, der zur Rechten liegt, wenn man sich von der Stadt her nähert; durch Nebentüren konnte er von seinem Zimmer aus in die Zimmer der Herren de Thuméry, Schmidt und Jacques gelangen. Doch weder er noch seine Begleiter durften das Haus verlassen.

Man stellte jedoch in Aussicht, er könne in einem kleinen Garten an der Rückseite seines Pavillons spazieren gehen. Zwölf Soldaten und ein Offizier bewachten seine Tür.

Man trennte ihn von Baron von Grünstein, der auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes untergebracht wurde. Diese Trennung erfüllte den Herzog mit großem Schmerz.

Er schrieb an seine Ehefrau. Den Brief übergab er General Leval mit der Bitte, ihn weiterzuleiten.

Er erhielt keine Antwort, und sein Schmerz wurde zu Niedergeschlagenheit. Jede Kommunikation war ihm verboten. Um halb fünf Uhr wurden in seiner Anwesenheit seine Papiere durchsucht, die Oberst Charlot in Begleitung eines Kommissars der Geheimpolizei eröffnete. Man überflog sie flüchtig, teilte sie auf und schickte sie nach Paris.

Um elf Uhr abends ging der Prinz zu Bett, konnte aber nicht schlafen, obwohl er völlig erschöpft war. Der Kommandant der Zitadelle, Major Machin, besuchte ihn, als er schon im Bett lag, und versuchte ihn mit unverbindlichen Höflichkeiten zu trösten.

Am Samstag, dem 17. März, hatte der Herzog von Enghien keine Antwort auf den Brief erhalten, den er der Fürstin von Rohan geschrieben hatte; mittlerweile grenzte sein Zustand an Verzweiflung. Er musste das Protokoll über die Eröffnung seiner Papiere unterzeichnen, und abends erfuhr er, dass er in Begleitung des wachhabenden Offiziers und seiner Mitgefangenen im Garten spazierengehen dürfe.

Er speiste zu Abend und legte sich ruhig schlafen.

Am Sonntag, dem 18. März, wurde der Prinz um halb zwei Uhr morgens geweckt; man ließ ihm kaum Zeit, sich anzukleiden und seine Freunde zum Abschied zu umarmen. Er fuhr allein ab, begleitet von zwei Gendarmerieoffizieren und zwei Gendarmen. Auf der Place de l’Église wartete ein Wagen mit sechs Postpferden, in den man den Herzog schob, worauf Gendarmerieleutnant Petermann und ein Gendarm sich neben ihn setzten, während Wachtmeister Blittersdorf und der zweite Gendarm neben dem Kutscher Platz nahmen.

Die Kutsche mit dem Herzog erreichte am 20. März gegen elf Uhr vormittags die Stadtgrenze von Paris. Dort wartete der Wagen fünf Stunden lang, und in dieser Zeit wurden zweifellos alle Einzelheiten der schrecklichen Tragödie, die bevorstand, festgelegt. Um vier Uhr nachmittags nahm der Wagen über die Außenboulevards den Weg nach Vincennes, wo er erst nach Einbruch der Nacht eintraf.

Die Zwischenzeit benötigten die Konsuln der Republik, um folgenden Erlass aufzusetzen:


Paris, 29. Ventôse des Jahres XII der einen und unteilbaren Republik

Die Regierung der Republik hat Folgendes beschlossen:

Der vormalige Herzog von Enghien, angeklagt, gegen die Republik Waffen erhoben zu haben, im Sold Englands gestanden zu haben und noch zu stehen, an den Verschwörungen beteiligt zu sein, die diese Macht gegen die innere und äußere Sicherheit der Republik schmiedet, wird vor ein Militärtribunal gestellt werden, das aus sieben Mitgliedern besteht, die der Stadtkommandant von Paris bestimmen wird und die sich in Vincennes versammeln werden.

Der Oberrichter, der Kriegsminister und der Stadtkommandant von Paris tragen die Verantwortung für diesen Erlass.

BONAPARTE

HUGUES MARET

MURAT, STADTKOMMANDANT VON PARIS

Den Militärgesetzen zufolge war der Divisionskommandant dafür zuständig, das Militärtribunal zusammenzustellen, einzuberufen und die Exekution des Urteils anzuordnen.

Murat war sowohl Stadtkommandant von Paris als auch Divisionkommandant.

Als Murat obigen Erlass der Konsuln öffnete, den er selbst abgezeichnet hatte, weil ihm keine andere Wahl geblieben war, glitt ihm die Urkunde aus den Händen, so groß war sein Schmerz. Er war tapfer, ungestüm, aber gutherzig. Der Beschluss der Konsuln, den Herzog von Enghien festnehmen zu lassen, war ihm mitgeteilt worden, und in seinem Unwillen, das Leben seines Schwagers unablässig durch neue Verschwörungen gefährdet zu sehen, hatte er diesen Beschluss begrüßt; doch als der Herzog von Enghien festgenommen war und Murat sich damit konfrontiert fand, die entsetzlichen Konsequenzen dieser Verhaftung ins Werk zu setzen, konnte er sich dazu nicht überwinden.

»Ach«, rief er verzweifelt und warf seinen Hut auf den Boden. »Ach, der Erste Konsul will meine Uniform wohl mit Blut tränken!«

Dann lief er zum Fenster, öffnete es und rief hinaus: »Die Pferde anspannen!«

Kaum waren die Pferde vor den Wagen gespannt, sprang er hinein und sagte: »Nach Saint-Cloud!«

Er wollte nicht einen Befehl unwidersprochen ausführen, der in seinen Augen Bonaparte und ihn mit Unehre befleckte.

Es gelang ihm, bis zu seinem Schwager vorzudringen, und mit der Besorgnis, die sein Entsetzen ihm einflößte, legte er ihm die schmerzvollen Gefühle dar, die ihn quälten. Bonaparte jedoch verbarg hinter einer unbewegten Miene die Erregung, die ihn selbst ergriffen hatte; hinter dieser Maske der Unerschütterlichkeit beurteilte er seine Schwäche als Feigheit und beendete das Gespräch mit den Worten: »Nun, wenn Sie sich fürchten, werde ich die Befehle geben und abzeichnen, die im Verlauf dieses Tages gegeben werden.«

Wir erinnern uns, dass der Erste Konsul Savary von der Klippe von Biville zurückbeordert hatte, wo dieser die Prinzen bei ihrer Landung überraschen und verhaften sollte. Savary war einer jener seltenen Menschen, die alles, was sie tun, ganz tun, mit Leib und Seele; er hatte keine eigene Meinung, sondern liebte Bonaparte; er hatte keine politischen Ansichten, sondern verehrte den Ersten Konsul.

Bonaparte diktierte sämtliche Ordres, unterschrieb sie eigenhändig und befahl Savary, sie Murat zu überbringen, damit dieser ihre Ausführung überwachte.

Diese Ordres waren umfassend und unmissverständlich. Und Murat, den der Erste Konsul so grob abgewiesen und geschurigelt hatte, erließ folgenden Befehl, wobei er sich voller Gram seine schönen Haare raufte:


An die Regierung von Paris,

den 29. Ventôse des Jahres XII der Republik

Der kommandierende General und Stadtkommandant von Paris verkündet:

In Befolgung des Regierungserlasses mit Datum des heutigen Tages, dem zufolge der vormalige Herzog von Enghien vor ein Militärtribunal gestellt werden wird, das aus sieben Mitgliedern besteht, zu bestimmen von dem General und Gouverneur von Paris, hat dieser zu Mitgliedern besagten Tribunals folgende Personen ernannt:

General Hulin, Befehlshaber der Grenadiere der konsularischen Garde, als Vorsitzenden,

Oberst Guiton, Kommandant des ersten Kürassierregiments,

Oberst Bazancourt, Kommandant des vierten Infanterieregiments,

Oberst Ravier, Kommandant des achzehnten Infanterieregiments,

Oberst Barrois, Kommandant des sechsundneunzigsten Infanterieregiments,

Oberst Rabbe, Kommandant des zweiten Regiments des Pariser Gendarmeriekorps,

Citoyen d’Autancourt, Hauptmann der Elitegendarmerie und Rapporteur.

Dieses Tribunal wird sich unverzüglich im Schloss von Vincennes versammeln, um auf der Stelle über den oben Erwähnten aufgrund der im Erlass der Regierung vorgebrachten Beschuldigungen, die in Abschrift dem Vorsitzenden überreicht werden, sein Urteil zu fällen.

J. MURAT

Wir hatten den Gefangenen verlassen, als er Vincennes betrat.

Der Festungskommandant hieß Harel; er hatte den Befehl über dieses Schloss zur Belohnung für sein Mitwirken in der Affäre Ceracchi und Aréna erhalten.

Eine Fügung des Schicksals wollte, dass seine Ehefrau Milchschwester des Herzogs von Enghien war.

Harel hatte keinerlei Ordre erhalten. Man fragte ihn, ob er einen Gefangenen unterbringen könne. Er erwiderte, das könne er nicht, er habe nur seine eigene Wohnung und das Ratszimmer.

Daraufhin erteilte man ihm die Anweisung, auf der Stelle ein Zimmer herrichten zu lassen, in dem ein Gefangener schlafen und auf sein Urteil warten konnte. Dieser Ordre folgte die Aufforderung, als Nächstes im Hof eine Grube ausheben zu lassen.

Harel erwiderte, dies werde schwierig sein, da der Hof gepflastert war. Daraufhin suchte man nach einer geeigneten Stelle und verfiel auf den Festungsgraben, wo man die Grube aushob.

Der Herzog kam gegen sieben Uhr abends in Vincennes an; er war ausgehungert und fror, doch er wirkte weder traurig noch beunruhigt. Da sein Zimmer noch nicht geheizt war, lud Harel ihn in seine Wohnräume ein. Im Dorf wurde ihm etwas zu essen geholt. Der Herzog begab sich zu Tisch und lud den Kommandanten ein, mit ihm zu speisen.

Harel lehnte ab und hielt sich zur Verfügung des Herzogs, der ihm daraufhin viele Fragen über die Festung von Vincennes und die Geschehnisse darin stellte. Er erzählte, dass er in der Nähe aufgewachsen war, und plauderte gut gelaunt und freundlich.

Dann kam er auf seine Lage zu sprechen und fragte: »Oh, lieber Freund, wissen Sie, was man mit mir bezweckt?«

Der Kommandant wusste es nicht und konnte auf diese Frage nicht antworten. Seine Frau jedoch, die hinter den Vorhängen eines Alkovens lag, hörte alles mit an; und der Befehl, eine Grube auszuheben, enthüllte ihr das, was bevorstand, so klar, dass sie ihr Schluchzen nur mit größter Mühe zurückhalten konnte.

Wie gesagt war sie die Milchschwester des Herzogs.

Dieser begab sich so bald wie möglich zu Bett, erschöpft von seiner Fahrt. Doch bevor er einschlafen konnte, betraten Leutnant Noirot, Leutnant Jacquin, Hauptmann d’Autancourt und die Gendarmen Nerva und Tharsis sein Zimmer und begannen mit dem Verhör, dem als Gerichtsschreiber Citoyen Molin beiwohnte, Hauptmann des achtzehnten Regiments, den der Rapporteur bestimmt hatte.

»Name, Vorname, Alter und Beruf?«, fragte Hauptmann d’Autancourt.

»Ich heiße Louis-Antoine-Henri de Bourbon, Herzog von Enghien, geboren am 2. August 1772 in Chantilly«, erwiderte der Herzog.

»Zu welchem Zeitpunkt haben Sie Frankreich verlassen?«

»Das kann ich nicht genau sagen, ich denke aber, dass es am 16. Juli 1789 war, zusammen mit meinem Großvater, dem Prinzen von Condé, meinem Vater, dem Herzog von Bourbon, dem Grafen von Artois und den Kindern des Grafen von Artois.«

»Wo haben Sie sich aufgehalten, seit Sie Frankreich verließen?«

»Als ich Frankreich verließ, reiste ich mit meinen Verwandten, denen ich immer folgte, von Mons nach Brüssel; anschließend begaben wir uns nach Turin zu dem König von Sardinien, wo wir etwa eineinhalb Jahre blieben, und von dort nach Worms und in die Umgebung von Worms am Rheinufer; dann wurde das Korps Condé gebildet, und ich habe den ganzen Krieg mitgemacht; davor habe ich in Brabant am Feldzug von 1792 im Heer des Herzogs von Bourbon teilgenommen, in der Armee des Herzogs Albert.«

»Wo haben Sie sich nach dem Friedensschluss zwischen der Französischen Republik und dem Kaiser von Österreich niedergelassen?«

»Den letzten Feldzug haben wir in der Gegend von Graz beendet; dort wurde das Korps Condé verabschiedet, das im Sold Englands stand. Ich blieb acht oder neun Monate lang zum Zeitvertreib in Graz und Umgebung und wartete auf Nachrichten von meinem Großvater, der nach England gegangen war und dort meinen Sold verhandelte. In der Zwischenzeit bat ich den Kardinal von Rohan, mich in seinem Gebiet niederzulassen zu dürfen, in Ettenheim im Breisgau. Seit zwei Jahren halte ich mich dort auf. Nach dem Tod des Kardinals habe ich den Markgrafen von Baden offiziell darum ersucht, dort wohnen bleiben zu können, und die Erlaubnis wurde mir von ihm erteilt.«

»Sind Sie nicht nach England gereist, und hat Ihnen der englische Staat keine Besoldung zuerkannt?«

»Ich war nie in England, der englische Staat besoldet mich, und ich habe keinerlei andere Einnahmequellen.«

»Unterhalten Sie Beziehungen zu den französischen Prinzen, die sich nach London zurückgezogen haben, und haben Sie sie in letzter Zeit gesehen?«

»Selbstverständlich stehe ich in Briefwechsel mit meinem Vater und meinem Großvater, die ich aber, soweit ich mich erinnern kann, seit 1794 oder 1795 nicht mehr gesehen habe.«

»Welchen Rang haben Sie in der Armee Condé bekleidet?«

»Kommandant der Vorhut; vor 1796 habe ich im Generalstab meines Großvaters als Freiwilliger gedient.«

»Kennen Sie General Pichegru?«

»Ich glaube, dass ich ihn nie gesehen habe; ich hatte nie mit ihm zu tun; ich weiß, dass er mich kennenlernen wollte, und ich muss mir gratulieren, ihn nicht gekannt zu haben, wenn ich bedenke, welch niedriger Mittel er sich bedient haben soll.«

»Kennen Sie General Dumouriez, und haben Sie Beziehungen zu ihm unterhalten?«

»Nicht im Geringsten, ich habe ihn nie gesehen.«

»Haben Sie seit dem Friedensschluss keinerlei Briefwechsel in die Republik unterhalten?«

»Ich habe verschiedenen Freunden geschrieben, doch es handelt sich um Briefe, die der Regierung keine Sorgen bereiten dürften.«

Hauptmann d’Autancourt beendete das Verhör, und das Protokoll wurde von ihm unterzeichnet, von Leutnant Jacquin, von Leutnant Noirot, den zwei Gendarmen und dem Herzog von Enghien.

Doch bevor er unterzeichnete, schrieb der Herzog die folgenden Zeilen:


Bevor ich das Protokoll dieses Verhörs unterzeichne, bitte ich eindringlich um eine persönliche Audienz bei dem Ersten Konsul. Mein Name, meine Stellung, meine Denkweise und das Entsetzliche meiner Lage flößen mir die Hoffnung ein, dass er sein Ohr meiner Bitte nicht verschließen wird.

LOUIS-A.-H. DE BOURBON

Unterdessen hatte Bonaparte sich nach La Malmaison zurückgezogen und hatte angeordnet, dass er unter keinen Umständen gestört werden wolle. La Malmaison war seine Zuflucht, wenn er mit seinen Gedanken allein und ungestört sein wollte.

Madame Bonaparte, die junge Königin Hortense und der ganze weibliche Hofstaat waren verzweifelt. Die Sympathien dieser Damen waren durch und durch royalistisch. Mehrmals hatte Joséphine Bonapartes schlechter Laune die Stirn geboten und sich bis zu ihm vorgewagt, um die Frage anzusprechen. Bonaparte jedoch hatte ihr mit gespielter Schroffheit erwidert: »Geben Sie Ruhe und lassen Sie mich in Frieden; Frauen verstehen nichts von der Politik.«

Er wiederum war an diesem Abend des 20. März zerstreut, tat so, als wäre er ruhig, wanderte mit großen Schritten auf und ab, wie es seine Gewohnheit war, die Hände hinter dem Rücken, den Kopf gesenkt. Zuletzt setzte er sich an einen Tisch, auf dem ein Schachspiel aufgebaut war, und sagte laut: »Nun, meine Damen, welche von Ihnen spielt mit mir?«

Madame de Rémusat erhob sich, trat zu ihm und setzte sich, doch nach wenigen Minuten warf er die Schachfiguren um und verließ den Raum, ohne sich bei ihr zu entschuldigen.

Um sich dieser Sache zu entledigen, hatte Bonaparte sie, wie wir gesehen haben, Murat zu dessen größter Verzweiflung übertragen.

Unterdessen war der Herzog nach erfolgtem Verhör vor Erschöpfung sogleich eingeschlafen. Doch es war kaum eine Stunde vergangen, als man wieder in sein Zimmer kam.

Man weckte ihn, forderte ihn auf, sich anzukleiden und in den Gerichtssaal hinunterzukommen.

Der Vorsitzende des Gerichts, General Hulin, hatte eine ungewöhnliche militärische Laufbahn hinter sich. Er war Schweizer, 1758 in Genf geboren, und wie alle Genfer zum Uhrmacher ausgebildet. Der Marquis von Conflans, von seiner Körpergröße und seinem hübschen Gesicht eingenommen, hatte ihn zu seinem Leibjäger gemacht. Als bei der Erstürmung der Bastille die ersten Schüsse fielen, war er in seinem prachtvollen bestickten Anzug herbeigelaufen, und man hatte ihn für einen General gehalten. Er hatte diesen Irrtum nicht korrigiert, hatte sich an die Spitze eines Pelotons besonders Mutiger gestellt und war als einer der Ersten in den Hof des königlichen Kerkers eingezogen. Seitdem trug er den Titel eines Obersten, den ihm niemand streitig machte, und vor Kurzem erst hatte er sein Generalspatent erhalten. Der Mut, den er bezeigt hatte, war umso erstaunlicher, als er sich nach beendetem Kampf sofort auf die Seite des Gouverneurs de Launay geschlagen und diesen so lange wie möglich verteidigt hatte, bis er selbst unter dem Ansturm der Gegner zusammenbrach; er hatte, wie man weiß, nicht verhindern können, dass der arme Offizier in Stücke gerissen wurde.

Vielleicht war er der Menschlichkeit wegen, die er damals bezeigt hatte, zum Vorsitzenden des Tribunals ernannt worden, das über den Herzog von Enghien zu richten hatte.

Der Herzog wurde von ihm nochmals mit aller nur erdenklichen Rücksicht verhört, doch für ein Kriegstribunal gab es nur eines zu tun: den Herzog, falls für unschuldig befunden, aus Vincennes zu entfernen, für schuldig befunden aber der Urteilsvollstreckung zuzuführen.

Hier nun der Wortlaut des Urteils:

1. Das Tribunal erklärt Louis-Antoine-Henri de Bourbon, Herzog von Enghien, einstimmig für schuldig, bewaffnet gegen die Französische Republik gekämpft zu haben;

2. einstimmig für schuldig, seine Dienste der englischen Regierung angeboten zu haben, der Feindin des französischen Volkes;

3. einstimmig für schuldig, Spitzel besagter englischer Regierung empfangen und mit Empfehlungen versehen zu haben, ihnen dazu verholfen zu haben, in Frankreich Erkundungen zu betreiben, und mit ihnen gegen die innere und äußere Sicherheit des Staates konspiriert zu haben;

4. einstimmig für schuldig, sich an die Spitze einer Zusammenrottung französischer Emigranten und anderer Subjekte im Sold Englands begeben zu haben, die sich an Frankreichs Grenzen in Freiburg und Baden gebildet hat;

5. einstimmig für schuldig, in Straßburg Spionage betrieben zu haben, um die benachbarten Departements in Aufruhr zu versetzen und eine Diversion zu bewirken, die England nützen würde;

6. einstimmig für schuldig, Helfershelfer und Komplize der Verschwörung zu sein, die von den Engländern gegen das Leben des Ersten Konsuls angestiftet wurde, verbunden mit dem Vorhaben, im Falle des Gelingens der Verschwörung Frankreich zu betreten.

Nach dem Verhör stellte der Vorsitzende die letzte Frage nach der Strafe. Diese Frage wurde wie erwartet beantwortet, und einstimmig verurteilte das Militärtribunal Louis-Antoine-Henri de Bourbon, Herzog von Enghien, zum Tode für die Verbrechen der Spionage, der Verständigung mit den Feinden der Republik und der Attentate auf die innere und äußere Sicherheit des Staates.

Ein befremdlicher Nebenumstand war, dass die Mitglieder des Tribunals sich anfangs nicht zurechtgefunden hatten, weil keinem von ihnen mitgeteilt worden war, in welcher Sache man sie zusammengerufen hatte. Einer von ihnen hatte über eine Stunde auf Einlass warten müssen. Ein anderer hatte aufgrund des Befehls, sich unverzüglich nach Vincennes zu begeben, angenommen, er sei verhaftet, und hatte gefragt, wohin er sich zu wenden habe, um seine Haft anzutreten.

Was das Begehren des Herzogs nach einer Audienz bei Bonaparte betraf, erbot sich ein Mitglied des Tribunals an, es der Regierung zu übermitteln.

Das Tribunal stimmte zu, doch ein Uniformierter, der hinter dem Sessel des Vorsitzenden gewartet hatte und offenbar den Ersten Konsul vertrat, erklärte, dieses Begehren sei nicht angebracht; das Tribunal vertagte die Entscheidung und behielt sich vor, nach Verkündung des Urteilsspruchs darauf zurückzukommen.

Nach ergangenem Urteil griff General Hulin zur Feder, um Bonaparte das Begehren des Herzogs von Enghien mitzuteilen.

»Was tun Sie da?«, fragte ihn derjenige, der das Begehren als nicht angebracht bezeichnet hatte.

»Ich schreibe an den Ersten Konsul«, erwiderte Hulin, »um ihm den Wunsch des Tribunals und des Verurteilten mitzuteilen.«

»Ihre Arbeit ist getan«, sagte der andere und nahm Hulin die Feder aus der Hand. »Alles Weitere ist meine Sache.«

Nachdem Savary (denn um ihn handelte es sich) der Urteilsverkündung beigewohnt hatte, begab er sich zu den Elitegendarmen auf dem Platz vor dem Schloss.

Der befehlshabende Offizier kam mit Tränen in den Augen zu ihm und sagte, er habe Befehl, einen Pfahl aufzustellen, damit das Urteil des Militärtribunals vollzogen werden könne.

»Dann tun Sie es«, sagte Savary.

»Aber wo soll ich das tun?«

Und wahrhaftig waren die Gemüsebauern aus der Umgebung von Paris schon unterwegs zu den verschiedenen Märkten.

Der Offizier untersuchte die Örtlichkeiten und entschied sich für den Festungsgraben als sichersten Ort.

Nachdem die Sitzung des Tribunals beendet war, ging der Herzog in sein Zimmer zurück, legte sich zu Bett und schlief ein.

Er lag in tiefem Schlaf, als man ihn weckte. Sein Urteil sollte verlesen und vollstreckt werden. Da das Urteil am Ort der Exekution zu verlesen war, forderte man den Herzog auf, sich anzukleiden und mitzukommen.

Er ahnte so wenig, dass man ihn in den Tod führte, dass er im Hinuntersteigen der Treppe zum Festungsgraben fragte: »Wohin gehen wir?«

Als er die Kälte von unten heraufsteigen spürte, drückte er die Hand des Kommandanten, der die Laterne trug, und fragte im Flüsterton: »Will man mich etwa in ein Verlies werfen?«

Schon bald wurde ihm alles klar, ohne dass jemand ein Wort sagen musste.

Im Licht der Laterne, die Harel hielt, wurde ihm das Urteil verkündet. Er hörte unbewegt zu. Dann nahm er einen Brief aus der Tasche, den er zweifellos in Vorausahnung des Kommenden geschrieben hatte. Dieser Brief enthielt eine Locke seines Haars und einen goldenen Ring. Er übergab ihn Leutnant Noirot, demjenigen der Offiziere, mit dem er seit seiner Ankunft in Vincennes am meisten zu tun gehabt hatte und der ihm am freundlichsten erschienen war.

Der Kommandant, der den Schießbefehl geben sollte, fragte den Herzog, ob er bereit sei niederzuknien.

»Wozu?«, fragte der Herzog.

»Um zu sterben.«

»Ein Bourbone«, erwiderte der Herzog von Enghien, »kniet vor niemandem nieder als vor Gott.«

Die Soldaten traten einige Schritte zurück, und dabei wurde die Grube sichtbar.

Im gleichen Augenblick lief der kleine Hund des Herzogs, der ihn von Ettenheim bis hierher begleitet hatte, herbei und sprang unter Freudengebell zwischen seinen Beinen umher.

Der Fürst bückte sich, um ihn zu streicheln, und als er sah, dass die Soldaten anlegten, sagte er: »Kümmern Sie sich um meinen armen Fidèle, das ist alles, was ich verlange«, und dann richtete er sich auf: »Ich bin bereit, meine Herren, tun Sie Ihre Pflicht!«

Die vier Befehle: »Macht euch bereit!«, »Erhebt das Gewehr«, »Legt an!« und »Feuer!« ertönten in schneller Folge; Schüsse hallten wider, und der Herzog fiel zu Boden.

Man legte ihn angekleidet in die im Voraus ausgehobene Grube, und in wenigen Augenblicken war der Leichnam mit Erde bedeckt und die Soldaten traten die Erde fest, um die Spuren im Rasen zu verwischen.

Kaum war das Urteil gesprochen, wollten die Mitglieder des Tribunals Vincennes so schnell wie möglich verlassen. Jeder rief nach seinem Wagen, doch da am Ausgang des Schlosses ein Durcheinander entstanden war, konnte keiner derjenigen, die am Tod des unglücklichen Fürsten mitgewirkt hatten, den Ort verlassen, bevor die Gewehrschüsse ertönten, die verkündeten, dass alles zu Ende war.

Daraufhin wurde das Tor geöffnet, das möglicherweise auf höheren Befehl verschlossen geblieben war; ein jeder stieg in seinen Wagen und befahl dem Kutscher, das verwünschte Schloss zu verlassen; man hätte meinen können, diese tapferen Soldaten, die auf dem Schlachtfeld oft genug und ohne mit der Wimper zu zucken dem Tod ins Auge gesehen hatten, ergriffen vor einem Gespenst die Flucht.

Savary, den das Geschehen vielleicht stärker beeindruckt hatte als die anderen, begab sich ebenfalls nach Paris zurück; am Schlagbaum jedoch begegnete er dem als Staatsrat gewandeten Monsieur Réal, der nach Vincennes fuhr. Er hielt ihn an und fragte: »Wohin fahren Sie?«

»Nach Vincennes«, erwiderte Monsieur Réal.

»Und was wollen Sie dort tun?«, fragte Savary.

»Ich will den Herzog von Enghien verhören, wie es mir der Erste Konsul befohlen hat.«

»Der Herzog von Enghien ist seit einer Viertelstunde tot«, sagte Savary.

Monsieur Réal stieß einen Ausruf der Verwunderung und des Entsetzens aus und erbleichte sichtlich. »Oh«, sagte er, »wer kann es so eilig gehabt haben, diesen bedauernswerten Fürsten um sein Leben zu bringen?«

»Bei dieser Antwort«, schreibt Savary in seinen Erinnerungen, »begann ich mich zu fragen, ob der Tod des Herzogs von Enghien wirklich das Werk des Ersten Konsuls war.«

Monsieur Réal kehrte nach Paris zurück.

Savary fuhr nach La Malmaison, um Bonaparte Bericht zu erstatten. Er kam dort um elf Uhr an.

Der Erste Konsul wirkte nicht minder erstaunt als Monsieur Réal, als er vom Tod des Herzogs erfuhr. Wieso hatte man die Bitte des Fürsten nicht erfüllt, der mit ihm zu sprechen verlangt hatte?

»Soweit ich seinen Charakter beurteilen kann«, sagte Bonaparte, »hätte wir alles einvernehmlich regeln können«, und dann, während er mit großen Schritten hin- und herging: »Ich verstehe das Ganze nicht! Dass das Tribunal aufgrund des Geständnisses des Herzogs von Enghien sein Urteil fällte, ist völlig begreiflich; aber dieses Geständnis erfolgte schließlich zu Beginn der Verhandlung, und das Urteil hätte erst exekutiert werden dürfen, nachdem Monsieur Réal ihn über eine Sache befragt hatte, die unbedingt zu erhellen war.« Und er wiederholte: »Die Sache bleibt mir rätselhaft! Das ist eine Untat, die keinen Sinn hat und nur dazu dient, mich verhasst zu machen!«

Gegen elf Uhr erschien Admiral Truguet, der von diesen Geschehnissen nichts wusste, in La Malmaison, um dem Ersten Konsul den Bericht vorzulegen, den er auf sein Geheiß über die Organisation der Flotte vor Brest ausgearbeitet hatte. Da der Admiral nicht in Bonapartes Kabinett vorgelassen werden konnte, wo dieser sich mit Savary befand, wurde er in den Salon gebeten, in dem er Madame Bonaparte in Tränen aufgelöst und in tiefster Verzweiflung vorfand. Sie hatte erfahren, dass der Herzog von Enghien hingerichtet worden war, und konnte die Ängste nicht verbergen, die ihr die Folgen dieser schrecklichen Katastrophe einflößten.

Auch den Admiral ergriff beim Erfahren dieser unerwarteten Nachricht ein unbezähmbares Zittern, das sich noch verschlimmerte, als man ihm sagte, der Erste Konsul wolle ihn sehen.

Er ging durch das Speisezimmer, in dem die Adjutanten frühstückten; sie wollten ihn zum Frühstück einladen, doch er sagte, er sei nicht hungrig; er zeigte ihnen sein Portefeuille und gab zu verstehen, dass er es eilig habe, brachte jedoch kein Wort hervor.

Als er zu Bonaparte kam, riss er sich zusammen und sagte: »Citoyen Erster Konsul, ich unterbreite Ihnen den Bericht über die Flotte von Brest, den Sie verlangt haben.«

»Danke«, sagte Bonaparte, ohne in seinem Umhergehen innezuhalten, und dann blieb er unvermittelt stehen und fügte hinzu: »Nun, Truguet, jetzt gibt es einen Bourbonen weniger.«

»Pah!«, sagte Truguet. »Sollte etwa Ludwig XVIII. den letzten Atemzug getan haben?«

»Nein. Es handelt sich um Folgendes!«, erklärte Bonaparte nervös. »Ich habe den Herzog von Enghien in Ettenheim ausheben lassen; ich habe ihn nach Paris bringen lassen, und heute Morgen um sechs Uhr wurde er in Vincennes füsiliert.«

»Aber was war der Zweck einer so unerbittlichen Maßnahme?«, fragte Truguet.

»Mein Gott«, erwiderte Bonaparte, »es war an der Zeit, den zahllosen Meuchelmorden ein Ende zu machen, die gegen mich angestiftet wurden; jetzt wird niemand mehr zu sagen wagen, ich wolle Moncks Rolle spielen.«

Zwei Tage nach diesem entsetzlichen Geschehen sandte Bourrienne einen Eilboten zu Madame Bonaparte, um sie zu fragen, ob sie ihn empfangen könne, denn er machte sich Sorgen.

Der Bote kam mit bejahender Antwort zurück.

Bourrienne eilte nach La Malmaison, und kaum war er angekommen, wurde er in das Boudoir geleitet, in dem Joséphine mit Madame Louis Bonaparte und Madame Rémusat allein war. Alle drei Damen waren vor Schmerz außer sich.

»Ach, Bourrienne!«, rief Madame Bonaparte, als sie ihn sah. »Was für ein scheußliches Unglück! Wenn Sie wüssten, wie er sich in letzter Zeit aufgeführt hat! Aller Welt geht er aus dem Weg, niemanden will er sehen! Wer konnte ihm nur eine solche Tat einflüstern?«

Daraufhin berichtete Bourrienne ihnen alle Einzelheiten der Hinrichtung, die ihm Harel erzählt hatte.

»Welche Grausamkeit!«, rief Joséphine. »Wenigstens wird niemand behaupten können, ich sei daran schuld, denn ich habe nichts unversucht gelassen, um ihn von diesem abscheulichen Vorhaben abzubringen; er hatte mir nichts davon anvertraut, aber Sie wissen, wie gut ich ihn kenne. Er hat alles zugegeben; aber wenn Sie wüssten, mit welcher Herzlosigkeit er mein Flehen abgewiesen hat! Ich habe nicht aufgegeben, ich habe mich vor ihm auf die Knie geworfen. ›Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten!‹, hat er mir wutentbrannt entgegengeschleudert. ›Das geht Frauen nichts an, lassen Sie mich in Ruhe!‹ Und er hat mich so heftig weggestoßen, wie ich es seit seiner Rückkehr aus Ägypten nicht mehr erlebt habe. Was wird man in Paris darüber denken? Ich bin überzeugt, dass man überall nur das Schlechteste von ihm annimmt, denn selbst hier machen seine eingefleischtesten Liebediener einen betroffenen Eindruck. Sie wissen, wie er sich aufführt, wenn er sich selbst nicht ausstehen kann und sich das um keinen Preis anmerken lassen will – dann wagt niemand, das Wort an ihn zu richten, und alle führen sich auf wie die reinsten Leichenbitter. Hier habe ich die Haare und einen Goldring des armen Prinzen mit der Bitte, sie jemandem zu senden, der ihm teuer war. Der Leutnant, dem er sie gab, hat sie Savary anvertraut, und Savary gab sie mir. Savary sprach mit Tränen in den Augen von den letzten Worten des Herzogs, und er schämte sich nicht zu weinen, als er zu mir sagte: ›Ach, Madame, einen solchen Menschen kann man nicht sterben sehen, ohne ergriffen zu sein.‹«


Monsieur de Chateaubriand, der noch nicht zu seinem Botschafterposten in der Republik Wallis aufgebrochen war, ging durch den Tuileriengarten, als er einen Mann und eine Frau eine amtliche Bekanntmachung verkünden hörte: »Mit Beschluss der in Vincennes zusammengetretenen Militärkommission wird Louis-Antoine-Henri de Bourbon, Herzog von Enghien, geboren am 2. August 1772 in Chantilly, zum Tode verurteilt.«

Dieser Ruf traf ihn wie ein Blitzschlag; einen Augenblick lang verharrten er und die anderen Passanten wie versteinert.

Er ging nach Hause, setzte sich an einen Tisch, schrieb sein Entlassungsgesuch und schickte es noch am selben Tag an Bonaparte.

Dieser erkannte Chateaubriands Handschrift auf dem Briefumschlag und drehte und wendete den ungeöffneten Brief hin und her.

Schließlich erbrach er das Siegel, las den Brief und warf ihn zornentbrannt auf den Tisch. »Umso besser!«, sagte er. »Dieser Mann und ich hätten uns nie verstanden; er ist nichts als Vergangenheit, ich aber bin die Zukunft.«

Madame Bonaparte hatte sich zu Recht Sorgen über die Auswirkungen der Nachricht vom Tod des Herzogs gemacht. In ganz Paris war die Antwort auf die Bekanntmachung durch die Ausrufer deutlich missbilligendes Gemurmel. Niemand sprach von einer Hinrichtung; jedermann sprach von der Ermordung des Herzogs. Niemand glaubte an irgendeine Schuld des Herzogs, und es kam zu regelrechten Pilgerzügen zu dem Festungsgraben.

Die Grube, in welcher der Tote verscharrt worden war, hatte man sorgsam mit Rasen bedeckt, um sie dem Erdboden ringsum anzugleichen, und niemand hätte das Grab des bedauernswerten jungen Mannes ausfindig machen können, wäre nicht ein Hund gewesen, der sich nicht von der Stelle rührte. Die Pilger hielten den Blick auf das Rasenstück gerichtet, bis ihre Tränen es verschleierten, und dann riefen sie leise: »Fidèle! Fidèle! Fidèle!«, worauf das arme Tier mit langem, traurigem Geheul antwortete.

Eines Morgens suchte man vergebens nach Fidèle; für jene, die mit den Augen des Herzens hinsahen, war die Stelle noch zu erkennen; Fidèle aber hatte die Polizei beunruhigt, und deshalb war er verschwunden.


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