12 Das Menuett der Königin

Madame de Permon trat vor den Ersten Konsul und begrüßte ihn voller Ehrerbietung. Bonaparte jedoch ergriff ihre Hand und küsste diese mit vollendeter Galanterie.

»Habe ich recht gehört, verehrte Freundin«, sagte er, »dass Sie den Ball nicht vor meiner Ankunft eröffnen wollten? Doch wenn ich erst um ein Uhr morgens hätte kommen können, hätten dann all diese hübschen jungen Leute um meinetwillen warten müssen?«

Er musterte den Salon mit einem schnellen Blick und sah, dass einige Damen des Faubourg Saint-Germain sich bei seinem Eintreten nicht erhoben hatten. Er runzelte die Stirn, ließ sich jedoch weiter nichts anmerken.

»Kommen Sie, Madame de Permon«, sagte er, »lassen Sie den Ball beginnen; die jungen Leute sollen sich amüsieren, und der Tanz ist nun einmal ihr liebster Zeitvertreib. Es heißt, Loulou tanze wie Mademoiselle Chameroi. Wer hat mir das gesagt? Das war Eugène, oder?«

Eugène errötete bis an die Haarwurzeln, denn er war der Verehrer der jungen Ballerina.

Bonaparte sprach weiter. »Das möchte ich unbedingt sehen. Wenn es Ihnen recht ist, Madame de Permon, werden wir den Monaco tanzen, denn andere Tänze beherrsche ich nicht.«

»Belieben Sie zu scherzen?«, erwiderte Madame de Permon. »Seit dreißig Jahren habe ich nicht mehr getanzt.«

»Jetzt scherzen Sie«, sagte Bonaparte, »denn Sie sehen heute Abend aus, als wären Sie die Schwester Ihrer Tochter«, und da er Monsieur de Talleyrand erblickte: »Ah, Talleyrand, gut, dass ich Sie sehe! Ich muss dringend mit Ihnen sprechen.« Und er verschwand in das kleine Boudoir, in dem Madame Leclerc dem Außenminister ihr Leid geklagt hatte.

Die Musik setzte ein, die Tänzer eilten zu ihren Tänzerinnen, der Ball begann.

Mademoiselle de Beauharnais tanzte mit Duroc und führte ihn zu Claire und dem Grafen von Sainte-Hermine. Alles, was ihre Freundin ihr über den jungen Mann erzählt hatte, hatte ihr lebhaftes Interesse geweckt.

Die Reels, die unseren heutigen Contredanses entsprechen, bestanden wie diese aus vier Figuren; allerdings hatte der tonangebende Tänzer jener Zeit, Monsieur de Trénis, die letzte Figur durch eine eigene Figur ersetzt, die bis zum heutigen Tag trénis genannt wird.

Monsieur de Sainte-Hermine tat sich als Tänzer nicht minder hervor als auf allen anderen Gebieten. Er war Schüler Vestris II., des legitimen Sohns des Gottes des Tanzes, und machte seinem Meister alle Ehre.


Jene, denen das traurige Los beschieden war, zu Beginn unseres Jahrhunderts zu erleben, was von den eleganten Tänzern der Zeit des Konsulats noch übrig war, können sich vielleicht am ehesten eine Vorstellung davon machen, welche Bedeutung seinerzeit ein eleganter junger Mann der Vervollkommnung der Tanzkunst beimaß. Ich erinnere mich, in meiner Kindheit gegen 1812 oder 1813 die Messieurs Montbreton gesehen zu haben, die auf dem Ball Madame de Permons tanzten, den ich zu schildern versuche, und als ich sie sah, waren sie vierzig Jahre alt. Anlässlich des großen Fests von Villers-Cotterêts fand ein großer Ball statt, Treffpunkt der Aristokratie der Schönheit und der neuen Aristokratie, die in unseren Hinterwäldlerregionen zahlreicher vertreten war als der alte Adel und von jenen, deren Taten ich berichte, kaum weniger geschätzt wurde als jener. Sei’s drum! Die Messieurs de Montbreton kamen von ihrem Château de Corcy, die Messieurs de Laigle aus Compiègne, die einen aus drei, die anderen aus sieben Wegstunden Entfernung. Raten Sie, auf welche Weise. In ihrem Kabriolett? Gewiss doch, aber in dem Kabriolett saß ihr Lakai, während seine Herren sich hinten am Wagen festhielten und in ihren feinen Tanzschuhen auf dem Brett, das der Platz des Lakaien war, die ganze Fahrt über ihre raffiniertesten und zierlichsten Tanzschritte übten, bis sie pünktlich zu Ballbeginn eintrafen, sich kurz den Rock abbürsten ließen und sich in die Contredanses stürzten.


Nun gut! Beglückt hatte Mademoiselle de Beauharnais und stolz hatte Mademoiselle de Sourdis gesehen, dass der Graf von Sainte-Hermine, den man noch nie tanzen gesehen hatte, es an Können und Anmut mit den besten Tänzern unter den Anwesenden aufnehmen konnte.

Doch während Hortenses Neugier in dieser Hinsicht befriedigt war, plagte sie eine andere Ungewissheit nicht minder – hatte der junge Mann sich Claire anvertraut, hatte er ihr den Grund seiner früheren Schwermut, seines langen Schweigens und seines plötzlichen Frohsinns verraten?

Sie eilte zu ihrer Freundin und zog sie in eine Fensternische. »Was hat er dir gesagt?«, fragte sie atemlos.

»Etwas Wichtiges in Hinsicht auf das, was ich dir erzählt habe.«

»Darfst du es mir verraten?«

»Sicherlich.« Claire senkte die Stimme und sagte leise: »Er hat gesagt, er wolle mir ein Familiengeheimnis anvertrauen.«

»Dir?«

»Mir, niemandem sonst. Deshalb hat er mich gebeten, bei meiner Mutter die Erlaubnis zu erwirken, dass er als Verwandter eine Stunde lang mit mir sprechen darf, wenn nötig unter ihren Augen, doch außerhalb ihrer Hörweite. Sein Lebensglück hängt davon ab, wie er mir versichert hat.«

»Wird deine Mutter es erlauben?«

»Ich hoffe es, sie liebt mich so zärtlich. Ich habe ihm versprochen, noch heute meine Mutter um die Erlaubnis zu bitten und ihm ihre Antwort gegen Ende des Balls mitzuteilen.«

»Weißt du eigentlich, dass er sehr gut aussieht, dein Graf, und so göttlich tanzt wie Gardel?«

Die Musik stimmte eine neue Contredanse an und rief die beiden Mädchen auf ihre Plätze zurück, und es wurde noch leidenschaftlicher getanzt als zuvor.

Wie gesagt, waren die jungen Freundinnen mit den Tanzkünsten Monsieur de Sainte-Hermines hochzufrieden, doch der Reel, den er getanzt hatte, war nur eine gewöhnliche Contredanse. Tänzer, die man auf die Probe stellen wollte, mussten sich zu jener Zeit zwei Prüfungen unterziehen, der Gavotte und dem Menuett.

Hortense und Claire warteten auf die Darbietung des jungen Grafen bei der Gavotte, die er auf Verlangen der Mademoiselle de Beauharnais mit ihr tanzen würde.

Die Gavotte, die wir heute nur noch als historischen Tanz kennen, der uns zutiefst lächerlich erscheint, war unter dem Direktorium, unter dem Konsulat und sogar zur Zeit des Empire von herausragender Bedeutung. Wie sich der Schlangenleib, dem man den Kopf abgeschlagen hat, noch geraume Zeit windet, so konnte sich auch die Gavotte lange nicht zum Sterben entschließen; mit ihren höchst komplizierten und schwierig auszuführenden Figuren eignete sie sich eher für die Theaterbühne als für einen Salon. Ein Paar, das sie tanzte, benötigte viel Platz, und selbst in einem großen Ballsaal konnten kaum mehr als vier Paare gleichzeitig diesen Tanz ausführen.

Unter den vier Paaren, die in Madame de Permons großem Saal die Gavotte tanzten, erregten der Graf von Sainte-Hermine und Mademoiselle de Beauharnais den einhelligsten Beifall. Der Beifall war so laut, dass er Napoleon aus seinem Gespräch mit Monsieur de Talleyrand riss und aus dem Boudoir, in dem sie sich unterhielten, hinauslockte. Bei den letzten Tanzfiguren erschien er auf der Türschwelle und sah den Triumph Hortenses und ihres Partners.

Nach der Gavotte winkte Bonaparte Hortense herbei, die zu ihm trat und ihm die Stirn zum Kuss bot.

»Mein Kompliment, Demoiselle«, sagte Bonaparte, »man sieht, dass Sie Unterricht in diesen eleganten Künsten genossen haben und dass dieser Unterricht auf fruchtbaren Boden gefallen ist; aber wer ist der schöne junge Herr, mit dem Sie getanzt haben?«

»Ich kenne ihn nicht, General«, antwortete Hortense. »Ich habe ihn heute Abend zum ersten Mal gesehen. Er hat mich um den Tanz gebeten, als er kam, um Mademoiselle de Sourdis, mit der ich mich unterhielt, um einen Tanz zu bitten. Eigentlich hat er mich gar nicht um den Tanz gebeten, sondern gesagt, er stehe zu meinen Diensten, und ich habe erwidert, ich wolle die Gavotte tanzen und welcher Tanz es sein wird.«

»Aber seinen Namen werden Sie doch wissen?«

»Er ist der Graf von Sainte-Hermine.«

»Hm!«, sagte Bonaparte mit übellauniger Miene. »Schon wieder Faubourg Saint-Germain. Die gute Madame Permon kennt offenbar kein größeres Vergnügen, als ihr Haus mit meinen Feinden zu füllen. Beim Eintreten habe ich eine Madame de Contades in die Flucht gejagt, eine Irre, die mir nicht mehr Verdienste zugestehen will als dem einfachsten Unterleutnant meiner Armee; wenn die Rede auf meine Siege in Italien und Ägypten kommt, soll sie jedes Mal sagen, mit ihren Augen könnte sie das Gleiche ausrichten wie ich mit dem Schwert. Wie verdrießlich«, fuhr Bonaparte fort und fasste Hortenses Tanzpartner genauer ins Auge, »er gäbe einen herrlichen Husarenoffizier ab«, und dann schickte er Hortense mit einer Handbewegung zu ihrer Mutter zurück und sagte: »Monsieur de Talleyrand, Sie wissen doch so vieles, können Sie mir etwas über eine Familie Sainte-Hermine berichten?«

»Warten Sie einen Augenblick«, sagte Monsieur de Talleyrand, stützte das Kinn zwischen Zeigefinger und Daumen und legte den Kopf zurück, wie er es immer tat, wenn er nachdachte. »Im Jura, in der Gegend von Besançon, gibt es Sainte-Hermines. Ja, den Vater habe ich gekannt: ein ausgesprochen vornehmer Mann, wurde 1793 guillotiniert. Er hat drei Söhne hinterlassen. Was aus ihnen geworden ist? Ich weiß es nicht. Dieser junge Mann müsste einer der drei sein oder vielleicht ein Neffe, obwohl ich von einem Bruder des Vaters nie gehört habe. Soll ich mich eingehender erkundigen?«

»O nein, das ist die Sache nicht wert.«

»Es wäre nicht schwierig. Ich sah ihn vorhin, nein, er spricht immer noch mit Mademoiselle de Sourdis, und über ihre Mutter könnte ich ohne Weiteres -«

»Nein, nicht nötig. Vielen Dank! Und diese Sourdis, was sind das für Leute?«

»Bester Adel.«

»Das wollte ich nicht wissen. Wie denken sie?«

»Ich glaube, die Familie besteht nur noch aus zwei Frauen, die auf unserer Seite stehen oder sich nichts sehnlicher wünschen als das. Cabanis, der großen Einfluss auf sie hat, hat die Damen vor einigen Tagen erwähnt. Die junge Dame soll verheiratet werden, mit einer Million Mitgift, wenn ich mich nicht täusche. Das wäre nicht übel für einen Ihrer Adjutanten.«

»Sind Sie der Ansicht, dass Madame Bonaparte mit ihnen verkehren kann?«

»Selbstverständlich.«

»Das meinte Bourrienne auch; ich danke Ihnen. Aber was ist mit Loulou? Sie sieht aus, als wolle sie jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. Liebe Madame de Permon, welchen Tort tun Sie Ihrer Tochter an, ausgerechnet an diesem Tag?«

»Sie soll das Menuett der Königin tanzen und weigert sich.«

Bei den Worten »Menuett der Königin« musste Bonaparte lächeln.

»Und warum weigert sie sich?«

»Was weiß ich! Eine törichte Laune! Loulou, Sie sind ein dummes Kind, denn wozu haben wir Gardel und Saint-Amand als Tanzlehrer, wenn Sie daraus keinerlei Nutzen ziehen!«

»Aber, Mama«, erwiderte Mademoiselle de Permon, »nichts täte ich lieber, als dieses Menuett zu tanzen, obwohl ich es nicht ausstehen kann, aber ich wage nicht, es mit einem anderen Partner als mit Monsieur de Trénis zu tanzen, denn ihm habe ich diesen Tanz versprochen.«

»Und warum ist er dann nicht hier?«, fragte Madame de Permon. »Es ist eine halbe Stunde nach Mitternacht.«

»Er hat uns wissen lassen, dass er zwei andere Bälle vor dem unseren besuchen muss und erst sehr spät kommen könne.«

»Oh«, sagte Bonaparte, »das freut mich aber, dass es in Frankreich einen Mann gibt, der noch beschäftigter ist, als ich es bin. Doch dass Monsieur de Trénis wortbrüchig wurde, Mademoiselle Loulou, ist kein Grund, uns des Vergnügens zu berauben, Sie das Menuett der Königin tanzen zu sehen. Er ist nicht da, Sie sind daran nicht schuld, nehmen Sie sich einen anderen Tänzer.«

»Nimm Gardel«, sagte Madame de Permon.

»Aber er ist mein Tanzlehrer«, sagte Loulou.

»Na, dann nimm Laffitte; schließlich ist er der beste Tänzer von ganz Paris nach Gardel.«

Monsieur Laffitte ließ sich im Salon sehen.

»Monsieur Laffitte, Monsieur Laffitte, kommen Sie her!«, rief Madame de Permon.

Monsieur Laffitte trat überaus nonchalant und elegant näher. Er war ausgesucht gekleidet und sah sehr gut aus.

»Monsieur Laffitte«, sagte Madame de Permon, »erweisen Sie mir den Gefallen, mit meiner Tochter das Menuett der Königin zu tanzen.«

»Wie bitte?«, rief Monsieur Laffitte. »Madame, Sie tun mir zu viel der Ehre an, weiß Gott. Das wird ein Duell mit Monsieur de Trénis«, fügte er lachend hinzu, »aber dieses Wagnis gehe ich gerne ein; allerdings rechnete ich nicht mit dieser Ehre und habe deshalb keinen Hut bei mir.«

Um die letzten Worte zu verstehen, muss der geneigte Leser wissen, dass die Verbeugung bei diesem Menuett, sein Höhepunkt, sein choreographischer Dreh- und Angelpunkt, mit einem Hut à la Ludwig XV. und mit keinem anderen Hut zu geschehen hatte.

Ein passender Hut wurde gesucht und im Handumdrehen gefunden. Das Menuett wurde unter größtem Beifall getanzt, und als Monsieur Laffitte Mademoiselle de Permon zu ihrem Platz zurückbrachte, begegnete er Monsieur de Trénis, der völlig außer Atem erschien, weil er sich verspätet hatte, seine Verabredung mit Mademosielle Laure wahrzunehmen.

Monsieur de Trénis blieb vor den beiden Tänzern stehen, verblüffter noch als erzürnt. Das Menuett, das er hatte tanzen sollen, wie jedermann wusste, war nicht nur ohne ihn getanzt worden, sondern obendrein, wie sich dem leise verebbenden Beifall entnehmen ließ, mit nicht geringem Erfolg.

»Oh, Monsieur«, sagte Mademoiselle de Permon verschämt, »ich habe bis nach Mitternacht auf Sie gewartet, sehen Sie selbst die Uhrzeit, und das Menuett war für elf Uhr angekündigt. Um Mitternacht schließlich hat meine Mutter darauf bestanden, dass ich es mit Monsieur Laffitte tanze«, fuhr sie fort und fügte kichernd hinzu: »Und der Erste Konsul hat es befohlen.«

»Mademoiselle«, sagte Trénis ernst, »wenn Madame de Permon dieses Opfer von Ihnen verlangte, war sie als Herrin des Hauses dazu befugt, und sie schuldete das Menuett ihren Gästen. Bedauerlicherweise war ich verspätet, und sie war im Recht; wenn jedoch der Erste Konsul« – und Monsieur de Trénis, der eine gute Handbreit größer war als der Erste Konsul, maß ihn verächtlich von oben herab – »befehlen lässt, einen Tanz zu beginnen, der ohne mich nicht getanzt werden kann, dann überschreitet er seine Befugnisse, und zwar bei Weitem. Ich werde ihn nicht auf den Schlachtfeldern eines Besseren belehren wollen, und er sollte es in meinen Salons genauso halten. Ich werde seine Lorbeeren nicht schmälern, und er sollte es mit den meinen ebenso halten«, und indem er stolz neben Madame de Permon Platz nahm: »Zum Glück bin ich Philosoph genug, mich darüber zu trösten, dass ich diesen Tanz nicht mit Ihnen tanzen konnte, insbesondere da das Versäumnis meine Schuld war, so dass ich Ihnen meiner Verspätung wegen nicht gram sein kann, dass Sie Ihr Wort nicht hielten; dennoch hätte dieses Menuett der Königin uns den Lorbeerkranz des Tanzens eingebracht. Ich hätte es voller Ernst und Tiefsinn getanzt, nicht traurig wie Monsieur Laffitte. Nun, es hat mir dennoch gefallen. Oh, diesen Anblick werde ich nie vergessen, nie!«

Um Monsieur de Trénis hatte sich ein großer Kreis von Zuhörern gebildet, die dem Erguss seines Kummers lauschten, darunter der Erste Konsul, dem diese Art von Sprache so neu war, dass er versucht war zu glauben, er habe es mit einem Geisteskranken zu tun.

»Monsieur de Trénis«, sagte Mademoiselle de Permon, »ich verstehe Sie nicht. Was habe ich getan, um Sie zu kränken?«

»Was Sie getan haben? Madame, Sie, die Sie so tanzen, dass es mir ein Vergnügen ist, mit Ihnen zu tanzen, Sie, die Sie Ihr Menuett mit Gardel geübt haben – oh, es lässt sich nicht in Worte fassen! Sie tanzen dieses Menuett mit jemandem, der sicherlich ein guter Tänzer ist, aber ein Tänzer, der sich für die Contredanse eignet und für mehr nicht. Jawohl, für mehr nicht! Nein, Madame, nein, nie in seinem Leben hat er je die große Reverenz mit dem Hut auszuführen verstanden! O nein, ich wiederhole es, nie in seinem Leben!«

Und als er auf manchen Mienen ein Lächeln entdeckte: »Ha! Das finden Sie komisch! Nun, ich werde Ihnen sagen, warum er noch nie verstanden hat, die große Reverenz auszuführen, die feierliche Verbeugung, die den Maßstab für die Beurteilung eines Menuetttänzers bildet: Das liegt daran, dass er nicht weiß, wie er seinen Hut aufzusetzen hat; und dieses Wissen, meine Herren, ist das Einzige, worauf es ankommt, fragen Sie nur die Damen, die ihre Hüte von Leroy anfertigen, sie sich aber von Charbonnier aufsetzen lassen! Ha! Fragen Sie nur Gardel, was es mit dem Aufsetzen des Hutes auf sich hat, er wird es Ihnen sagen können. Seinen Hut aufsetzen kann jeder, mehr oder weniger richtig, wie ich annehme. Aber die Würde, aber der Schwung, mit denen die Bewegung des Arms und des Unterarms zu erfolgen hat... Sie gestatten?«

Und Monsieur de Trénis nahm den unförmigen Dreispitz aus den Händen dessen, der ihn hielt, und trat vor einen Spiegel, wo er, gefolgt von der Hälfte der Gäste, die sich an seine Fersen geheftet hatten, die Melodie der Reverenz des Menuetts summte und mit vollendeter Anmut und unvergleichlicher Feierlichkeit salutierte; dann setzte er den Hut mit all der Förmlichkeit ab, die ein solcher Anlass zu verlangen schien.

Bonaparte, auf Monsieur de Talleyrand gestützt, war ihm gefolgt.

»Fragen Sie ihn doch«, sagte er zu Letzterem, »wie er sich mit Monsieur Laffitte versteht; nach seinem Ausfall gegen mich«, fügte er lachend hinzu, »wage ich es nicht mehr, das Wort an ihn zu richten.«

Monsieur de Talleyrand formulierte die Wünsche des Ersten Konsuls so feierlich, als erkundigte er sich nach dem Stand der Beziehungen zwischen England und Amerika seit dem letzten Krieg.

»Ach, wir verstehen uns so gut«, erwiderte Monsieur de Trénis, »wie zwei Männer von Talent wie wir uns auf so sensiblem Terrain verstehen können. Ich muss allerdings einräumen, dass er als Rivale sehr großzügig und gutherzig ist und mir meinen Erfolg nicht im Geringsten neidet. Vielleicht macht der eigene Erfolg ihn nachsichtig. Sein Tanz ist kraftvoll und lebhaft. Bei den ersten acht Schritten der Gavotte Panurge ist er mir überlegen, ganz zweifellos. Aber was die jetés betrifft, oh, da kann er mir nicht das Wasser reichen, nicht im Mindesten. In puncto Sehnigkeit übertrifft er mich fast immer, aber ich bin ihm in Sachen Geschmeidigkeit weit voraus.«

Bonaparte betrachtete ihn und lauschte ihm sprachlos vor Verblüffung.

»Nun«, fragte Monsieur de Talleyrand, »sind Sie jetzt beruhigt, Citoyen Erster Konsul? Es wird zu keinem Krieg zwischen Monsieur de Trénis und Monsieur Laffitte kommen. Ich wünschte, das Gleiche könnte ich auch von Frankreich und England sagen.«

Während der unterbrochene Ball Monsieur de Trénis Gelegenheit bot, sich über seine Theorie zum Aufsetzen des Dreispitzes zu verbreiten, verhandelte Claire mit ihrer Mutter einen Gegenstand, der ihr mindestens ebenso am Herzen lag, wie es Monsieur de Talleyrand und dem Ersten Konsul daran gelegen zu sein schien, den Frieden zwischen den zwei herausragendsten Tänzern von ganz Paris und damit den Weltfrieden zu bewahren.

Der junge Graf, der Claire nicht eine Sekunde lang aus den Augen ließ, las ihrer lächelnden Miene ab, dass ihre Verhandlungen offenbar zum gewünschten Erfolg geführt hatten, und er täuschte sich nicht.

Unter dem Vorwand, sich in einem Salon zu erfrischen, in dem sich weniger Leute aufhielten, nahm Mademoiselle de Sourdis Mademoiselle de Beauharnais am Arm, und als sie an dem Grafen vorbeiging, sagte sie leise: »Meine Mutter gestattet, dass Sie morgen Nachmittag um drei Uhr bei uns vorsprechen.«


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