34 Die Enthüllungen eines Gehenkten

Während der Erste Konsul die Instruktionen verfasste, die der Gendarmeriebeamte mitnehmen sollte, spielte sich im Temple-Gefängnis eine tragische Szene ab.

Im Temple befanden sich die wenigen Gefangenen, die man in dieser Verschwörungssache bisher gemacht hatte, darunter Georges’ Diener, ein gewisser Picot, und zwei weitere Verschwörer, die mit ihm zusammen im Haus eines Weinhändlers in der Rue du Bac verhaftet worden waren, am nämlichen Tag, an dem der Limousiner Georges besagtes Haus hatte verlassen sehen. Eine Karte, die man in Picots Zimmer fand, war mit einer Adresse in der Rue Saintonge beschriftet; unter dieser Adresse fand die Polizei unfehlbar Roger und Damonville und verfehlte Coster Saint-Victor nur um wenige Augenblicke.

Noch am Abend seiner Einlieferung in das Temple-Gefängnis erhängte sich Damonville. Deshalb wurde angeordnet, dass die Wärter zweimal nachts in den Zellen der Gefangenen nach dem Rechten sahen, was sonst nicht üblich war.

Ein weiterer Gefangener, Bouvet de Lozier, war am 12. Februar bei einer gewissen Dame namens Saint-Léger in der Rue Saint-Sauveur verhaftet worden. Im Temple-Gefängnis wurde er aus dem Loch für Krethi und Plethi, wo es ihm übel ergangen war, in Einzelhaft versetzt und streng verhört.

Er war Mitte dreißig, royalistischer Offizier, Adjutant Cadoudals, einer seiner engsten Vertrauten, und hatte unter falschem Namen alles vorbereiten lassen, was Savary in seinem Bericht aufgeführt hatte.

Er war einer der umtriebigsten Verschwörer, und durch besagte Madame de Saint-Léger, die seine Vermieterin war, hatte er in Cahillot in der Grande Rue, Nummer sechs, ein Haus mieten lassen, in dem Georges Cadoudal nach seiner Ankunft in Paris unter dem Namen Larive Logis genommen hatte.

Als er begriff, dass er in seinem ersten Verhör schon zu viel gesagt hatte, und weil er befürchtete, in einem zweiten Verhör noch unvorsichtiger zu sein, beschloss er, sich das Leben zu nehmen, wie Damonville es getan hatte.

Am 14. Februar gegen Mitternacht erhängte er sich an einer schwarzen Seidenkrawatte, die er so hoch wie möglich an seiner Zellentür befestigt hatte. Als er das Bewusstsein verlor, betrat jedoch einer seiner Wärter namens Savard im Verlauf seiner nächtlichen Runde die Zelle. Er spürte, dass die Tür sich nicht öffnen ließ, drückte sie mit aller Kraft auf, vernahm ein Stöhnen, drehte sich um, sah den Gefangenen an seiner Krawatte baumeln und rief Hilfe herbei.

Der zweite Wärter dachte, es gebe Streit mit einem Gefangenen, und lief mit gezücktem Messer herbei.

»Schneide ihn ab, Élie, schneide ihn ab!«, rief Savard und deutete auf die Krawatte, die der Gefangene sich um den Hals geschlungen hatte.

Élie säumte nicht, sondern durchschnitt den Knoten, und Bouvet stürzte wie ein Toter zu Boden. Für tot hielt man ihn wahrhaftig, doch da der Obergefängniswärter Fauconnier sich Gewissheit verschaffen wollte, befahl er seinen Männern, den Selbstmörder in den Raum des Kanzleischreibers zu bringen und Monsieur Souppé, den Arzt des Temple-Gefängnisses, zu holen.

Der Arzt stellte fest, dass der Gefangene noch atmete, und ließ ihn zur Ader; das Blut sprudelte hervor, und wenige Sekunden darauf schlug Bouvet de Lozier die Augen auf. Sobald sein Zustand es erlaubte, wurde er in einen Wagen gesetzt und zu Citoyen Desmarets gebracht, dem Leiter der Geheimpolizei.

Bei Desmarets traf der Gefangene auf Monsieur Réal. Er legte nicht nur ein umfassendes Geständnis ab, sondern schrieb es nieder und unterzeichnete es. Um sieben Uhr am nächsten Morgen, als der Gendarm sich anschickte, nach Deutschland abzureisen, suchte Réal den Ersten Konsul auf, der gerade von Constant, seinem Kammerdiener, frisiert wurde.

»Ah, Herr Staatsrat, Sie haben offenbar Neuigkeiten für mich, dass ich Sie zu so früher Stunde sehe?«

»Ja, General, ich habe Ihnen Neuigkeiten von allerhöchster Wichtigkeit mitzuteilen, aber ich würde Sie gerne unter vier Augen sprechen.«

»Pah! Machen Sie sich keine Gedanken, was Constant betrifft, Constant ist niemand.«

»Wenn Sie es wünschen, General, bitte sehr. Pichegru weilt in Paris, wie Sie wissen.«

»Natürlich weiß ich das«, sagte Bonaparte. »Das hat mir Fouché gesagt.«

»Ja, aber was er Ihnen nicht gesagt hat, weil er es selbst nicht wissen kann, ist, dass Pichegru und Moreau miteinander verkehren und miteinander konspirieren.«

»Kein weiteres Wort!«, sagte Bonaparte. Und er führte einen Finger an den Mund, um Réal Schweigen zu gebieten.

Bonaparte beeilte sich mit seiner Toilette und führte dann den Staatsrat in sein Arbeitskabinett. »Gut«, sagte er, »Sie hatten recht, und wenn das, was Sie mir sagen, wahr sein sollte, dann wäre dies in der Tat eine Neuigkeit von allergrößter Wichtigkeit.« Bei diesen Worten vollführte er die Geste mit dem Daumen, die wir bereits erwähnten.

Réal berichtete ihm, was vorgefallen war.

»Und Sie sagen«, unterbrach ihn Bonaparte, »er habe ein schriftliches Geständnis verfasst, das Sie bei sich tragen?«

»Hier ist es«, erwiderte Réal.

In seiner Ungeduld riß Bonaparte es ihm beinahe aus der Hand.

In der Tat war es eine gewichtige Neuigkeit für ihn zu erfahren, dass Moreau sich an einer Verschwörung gegen ihn beteiligte. Moreau und Pichegru waren die Einzigen, die sich in militärischer Hinsicht mit ihm messen konnten. Pichegru, zu Recht oder zu Unrecht des Hochverrats verdächtigt und am 18. Fructidor nach Sinnamary geschickt, war trotz seiner wunderbaren Rettung wie durch Gottes Hand kein Gegner mehr, vor dem Bonaparte sich fürchten musste.

Moreau hingegen, noch vom Glanz seines Sieges bei Hohenlinden umstrahlt und von Bonaparte für diesen trefflichen und klugen Sieg mit Undank gelohnt, lebte als schlichter Bürger in Paris und konnte sich auf eine große Gefolgschaft verlassen. Am 18. Fructidor und am 13. Vendémiaire hatte Bonaparte nur die Jakobiner, das heißt die exaltiertesten Republikaner, für vogelfrei erklärt und aus den Staatsgeschäften verbannt. Alle gemäßigten Republikaner jedoch, die sahen, wie der Erste Konsul sich nach und nach die Macht sicherte und sich Schritt für Schritt dem Königtum näherte, hatten sich zumindest geistig – wenn nicht greifbarer – um Moreau gesammelt, der mit Unterstützung der wenigen anderen Generäle, die den Grundsätzen von 1789 und sogar von 1793 treu geblieben waren, und durch seine ununterbrochene Verschwörertätigkeit in der Armee, sichtbar durch Augereau und Bernadotte verkörpert, unsichtbar durch Malet, Oudet und die Philadelphes, zu einem Gegner geworden war, den man ernsthaft fürchten musste.

Und nun sollte Moreau, dieser untadelige Republikaner, dieser zweite Fabius, wie er genannt wurde, dieser Beschwichtiger, der immer gesagt hatte, sein Wahlspruch sei, dass man den Menschen und den Dingen Zeit geben müsse – nun sollte dieser Moreau sich ohne alle Bedenken Hals über Kopf in ein royalistisches Komplott gestürzt haben, mit dem Condé-Anhänger Pichegru und dem Chouan Cadoudal als Verbündeten! Bonaparte lächelte, verdrehte die Augen zum Himmel und sagte: »Die Sterne meinen es wahrhaftig gut mit mir!«

Dann wandte er sich an Réal: »Ist der Brief wirklich von seiner Hand?«

»Ja, General.«

»Und unterzeichnet?«

»Und unterzeichnet.«

»Sehen wir es uns an.« Ohne eine Antwort abzuwarten, las er:


Ein Mann, soeben dem Grabe entronnen und noch von den Schatten des Todes umfangen, verlangt nach Rache an denen, die ihn und seine Mitstreiter durch ihre Perfidie in den Abgrund gestürzt haben, in dem er sich befindet. Nach Frankreich entsandt, um die Sache der Bourbonen zu unterstützen, sieht er sich genötigt, entweder für Moreau zu kämpfen oder auf das Unternehmen zu verzichten, welches das einzige Ziel seiner Aufgabe war...

Bonaparte hielt inne. »Was soll das heißen: ›für Moreau zu kämpfen?‹« fragte er.

»Lesen Sie weiter«, sagte Réal.


Ein Prinz aus dem Hause Bourbon sollte nach Frankreich kommen und sich an die Spitze der royalistischen Partei stellen. Moreau hatte versprochen, sich der Sache der Bourbonen anzuschließen. Kaum haben die Royalisten in Frankreich Fuß gefasst, zieht Moreau sich zurück. Er bietet ihnen an, für sie zu wirken und sich zum Diktator ausrufen zu lassen. Das sind die Tatsachen; ziehen Sie daraus Ihre Schlüsse.

Lajolais, ein General, der unter Moreau gedient hatte, wird von ihm nach London zu dem Prinzen geschickt. Pichegru war der Mittelsmann. Lajolais hält sich im Namen und im Auftrag Moreaus an den vereinbarten Plan. Der Prinz macht sich bereit abzureisen, doch in den Gesprächen, die Moreau, Pichegru und Cadoudal in Paris führen, erklärt Ersterer, dass er nur zu handeln bereit sei, um einem Diktator den Weg zu ebnen, nicht aber einem König. Ergebnis ist Zerwürfnis und beinahe völlige Niederlage der royalistischen Partei.

Besagten Lajolais sah ich in Paris, als er am 25. Januar Georges und Pichegru abholte; ich saß mit ihnen im Wagen am Boulevard de la Madeleine, Lajolais wollte sie zu Moreau bringen, der in der Nähe wartete; sie hatten eine Besprechung in den Champs-Élysées, in deren Verlauf Moreau sich dagegen aussprach, die Monarchie wiedereinzuführen, und vorschlug, man solle stattdessen ihn als Diktator an die Spitze der Regierung setzen und den Royalisten keine andere Wahl lassen, als seine Mitstreiter oder Soldaten zu werden.

Der Prinz sollte erst nach Frankreich kommen, nachdem ihm das Ergebnis der Konferenz der drei Generäle vorläge und nachdem die drei sich völlig einig erklärt hätten und Einigkeit über ihr weiteres Vorgehen bestünde.

Georges wies jeden Gedanken an einen Meuchelmord und an eine Höllenmaschine weit von sich; in London hatte er dies in aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben; ihm war es nur um einen Kampf zu tun gewesen, in dem er und seine Offiziere ihr Leben riskiert hätten. Dieser Kampf hätte zum Ziel gehabt, sich des Ersten Konsuls und damit der Regierung zu bemächtigen.

Ich kann nicht wissen, welches Gewicht Sie den Worten eines Mannes beimessen, der seit einer Stunde dem Tod entrissen ist, den er sich selbst gegeben hatte, und der sich vor dem Tod sieht, den ihm eine Regierung zuweist, die er gekränkt hat, doch ich kann den Aufschrei meiner Verzweiflung nicht zurückhalten und den Mann, der mich ihr ausgeliefert hat, nicht schonen. Im Übrigen lassen sich im Verlauf des Hochverratsprozesses, der gegen mich geführt wird, Beweise finden, die erhärten, was ich vorbringe.

BOUVET DE LOZIER

Bonaparte verharrte nach der Lektüre einen Augenblick schweigend. Zweifellos versuchte er durch heftige geistige Anstrengung ein Problem zu lösen. Dann sagte er wie im Selbstgespräch: »Der Einzige, der mich besorgt stimmen kann, der Einzige, der mir gegenüber die geringsten Aussichten hätte, sollte sich so tölpelhaft verraten! Unmöglich!«

»Soll ich Moreau auf der Stelle verhaften lassen?«, fragte Réal.

Der Erste Konsul schüttelte den Kopf.

»Moreau ist zu wichtig«, sagte er, »er ist mir zu feindlich gesinnt, ich bin viel zu sehr daran interessiert, mich von ihm zu befreien, als dass ich mich den Mutmaßungen der öffentlichen Meinung aussetzen wollte.«

»Aber wenn Moreau mit Pichegru konspirieren sollte?«, wandte Réal ein.

»Dann muss ich sagen«, fuhr Bonaparte fort, »dass ich Pichegrus Anwesenheit in Paris erst durch Fouché und Ihren Todeskandidaten heute Nacht erfahren habe. Aber alle englischen Zeitungen tun so, als weilte er heute noch in London oder in der Nähe der Stadt. Ich weiß sehr wohl, dass diese Zeitungen gegen mich sind und gegen die französische Regierung konspirieren.«

»Auf alle Fälle«, sagte Réal, »habe ich die Schlagbäume schließen lassen und angeordnet, dass jeder, der die Stadt betreten will, gründlich untersucht wird.«

»Vor allem jeder, der die Stadt verlassen will«, sagte Bonaparte.

»Ist nicht vorgesehen, dass Sie morgen eine große Parade abnehmen, Citoyen Erster Konsul?«

»Ja.«

»Nun, die müssen Sie absagen.«

»Und warum?«

»Weil sich noch etwa sechzig Verschwörer in Paris herumtreiben, und wenn wir ihnen jeden Weg abschneiden, die Stadt zu verlassen, könnten sie einen waghalsigen Coup riskieren.«

»Und wenn schon«, sagte Bonaparte, »was geht mich das an? Ist es nicht Ihre Aufgabe, mich zu bewachen?«

»General«, erwiderte Réal, »für Ihre Sicherheit können wir nur garantieren, wenn Sie die Parade absagen.«

»Herr Staatsrat, ich wiederhole es«, sagte Bonaparte, der die Geduld zu verlieren begann, »jeder von uns hat seine Aufgabe; Ihre besteht darin, darüber zu wachen, dass ich nicht ermordet werde, wenn ich Paraden abnehme, die meine besteht darin, Paraden abzunehmen auf die Gefahr hin, dabei ermordet zu werden.«

»General, das ist unbedacht.«

»Monsieur Réal«, erwiderte Bonaparte, »Sie sprechen wie ein Staatsrat; die größte Bedachtsamkeit in Frankreich ist der Mut!«

Und er kehrte dem Staatsrat den Rücken zu und sagte zu Savary: »Lassen Sie Fouché durch eine Ordonnanz zu Pferd benachrichtigen, dass er mich auf der Stelle aufsuchen soll.«

Von den Tuilerien bis zu Fouchés Wohnung in der Rue du Bac war es nicht weit, und keine zehn Minuten später hielt der Wagen des wahren Polizeiministers vor dem Tor des Tuilerienpalasts.

Fouché traf Bonaparte an, der mit großen Schritten umherging und sich in Rage redete.

»Kommen Sie schon!«, sagte er zu Fouché. »Wissen Sie, dass Bouvet de Lozier versucht hat, sich in seiner Zelle zu erhängen?«

»Ich weiß auch«, erwiderte Fouché ungerührt, »dass man ihn rechtzeitig retten konnte, dass er zu Monsieur Desmarets gebracht wurde, wo er von Monsieur Réal verhört wurde und seine Aussage unterzeichnet hat.«

»In dieser Aussage behauptet er, Pichegru sei in Paris.«

»Ich hatte Ihnen das bereits gesagt.«

»Ja, aber Sie hatten mir nicht gesagt, dass er hier ist, um mit Moreau zu konspirieren.«

»Das wusste ich damals noch nicht oder wenigstens noch nicht definitiv; ich hegte nur einen Verdacht, und diesen Verdacht habe ich Ihnen mitgeteilt.«

»Und jetzt wissen Sie mehr?«, fragte Bonaparte.

»Sie sind ein schrecklicher Mann«, sagte Fouché. »Sie wollen alles wissen und am liebsten im Voraus, so dass man nie das Verdienst hat, Ihnen etwas zu enthüllen. Wollen Sie wissen, wie weit meine Nachforschungen gediehen sind, vorausgesetzt, Sie lassen mich die Sache so zu Ende führen, wie ich es will?«

»Ich stelle keine Bedingungen, und ich will wissen, wie weit Sie sind.«

»Wohlan. Jeder von uns hat seine Rolle: Réal für Bouvet de Lozier, der sich gestern erhängt hat, und ich habe Lajolais, der sich vielleicht morgen erhängen wird. Ich habe Lajolais verhaften lassen, ich habe ihn verhört; wollen Sie erfahren, was er ausgesagt hat? Ich habe seine Aussage mitgebracht, weil ich mir dachte, Sie wollten sie sehen. Hier das Wesentliche, ohne seine Bitten und Fragen.


Seit Längerem wusste ich durch einen gemeinsamen Freund, den Abbé David, dass Pichegru und Moreau, die verfeindet gewesen waren, sich zuletzt versöhnt hatten. Moreau hatte ich im vergangenen Sommer mehrmals gesehen; er hat mir den Wunsch bezeigt, sich mit Pichegru zu unterhalten. Um dies zu bewerkstelligen, bin ich nach London abgereist; dort habe ich Pichegru gesprochen und ihm Moreaus Wunsch mitgeteilt. Pichegru hat mir versichert, er hege den gleichen Wunsch und wolle eine solche Annäherung wahrnehmen, um England zu verlassen.

Kaum waren zwei Wochen vergangen, als sich die Gelegenheit bot, und wir ließen sie nicht ungenutzt verstreichen. Pichegru wohnte damals in der Rue de l’Arcade; die Verabredung sollte auf dem Boulevard de la Madeleine stattfinden, an der Ecke zur Rue Basse-du-Rempart. Moreau kam im Fiaker von zu Hause, aus der Rue d’Anjou-Saint-Honoré.

An der Madeleine stieg er aus, und ich blieb im Wagen, der im Schritt weiterfuhr. Die zwei Generäle begegneten sich an der vereinbarten Stelle. Sie gingen etwa eine Viertelstunde lang miteinander. Ich weiß nicht, was bei dieser ersten Unterredung besprochen wurde. Die zwei weiteren Unterredungen fanden in Moreaus Haus in der Rue d’Anjou-Saint-Honoré statt. Diesmal erwartete ich Pichegru in der Rue de Chaillot, denn wir hatten ihn eine neue Wohnung nehmen lassen. Bei seiner Rückkehr zeigte er sich äußerst unzufrieden mit Moreau, und als ich ihn fragte, was der Grund seiner Unzufriedenheit sei, sagte er: »Wissen Sie, was Moreau uns angeboten hat, dieser selbstlose Mensch mit dem Herzen eines Spartaners? Er hat von uns verlangt, dass wir ihn zum Diktator machen. Die Diktatur würde er sich gnädig antragen lassen! Offenbar ist dieser... so ehrgeizig, dass er die Regentschaft übernehmen will. Nun, da wünsche ich ihm viel Erfolg; Doch meiner Meinung nach könnte er Frankreich keine drei Monate lang regieren.«

»Meinen Sie, man sollte Moreau verhaften?«, fragte Bonaparte.

»Ich wüsste nicht, was dagegenspräche«, sagte Fouché. »So wie wir ihn kennen, wird er in drei Monaten nicht weiter sein, als er heute ist. Und Pichegru sollte man in diesem Fall gleich mitverhaften, damit beide Namen gleichzeitig ausgesprochen und an den Hauswänden von Paris angeschlagen werden.«

»Wissen Sie, wo Pichegru sich gegenwärtig aufhält?«

»Ich habe ihm seine Wohnung besorgt, bei einem ehemaligen Kammerdiener namens Leblanc, der früher in seinen Diensten war. Er kommt mich teuer zu stehen, aber ich weiß über alles, was er tut, Bescheid.«

»Sie kümmern sich also um die Verhaftung Pichegrus?«

»Selbstverständlich. Sie können Réal beauftragen, Moreau festzunehmen, das wird nicht weiter schwierig sein, und dieser Vertrauensbeweis wird den guten Staatsrat entzücken. Er soll mir sagen, wann Moreau in das Temple-Gefängnis eingeliefert werden wird, dann kann er Pichegru dort eine halbe Stunde später entgegennehmen.«

»Sie wissen«, sagte Bonaparte, »dass ich am Sonntag eine Parade abnehme. Réal hat mir geraten, sie abzusagen.«

»Im Gegenteil, nehmen Sie sie ab«, sagte Fouché. »Ihre Parade wird die allerbeste Wirkung haben.«

»Das ist sonderbar«, sagte Bonaparte, der Fouché ansah, »ich hielt Sie nicht für mutig, doch Sie geben mir immer wieder Ratschläge, die von größtem Mut künden.«

»Ich gebe sie nur«, sagte Fouché mit seinem gewohnten Zynismus, »ich muss sie nicht befolgen.«

Der Befehl, die zwei Generäle zu verhaften, wurde gleichzeitig, am selben Tisch und mit derselben Feder unterzeichnet. Savary überbrachte Réal die Ordre für die Festnahme Moreaus, Fouché nahm die für Pichegru mit.

Moncey, einer von Moreaus besten Freunden, wurde in seiner Eigenschaft als kommandierender Gendarmeriegeneral angewiesen, diesen zu verhaften.

Dem Oberrichter wurde die Ordre zusammen mit einer Notiz Bonapartes überbracht, die lautete: »Monsieur Régnier, bevor Sie General Moreau in das Temple-Gefängnis bringen lassen, finden Sie heraus, ob er mir etwas zu sagen hat. In diesem Fall bringen Sie ihn in Ihrem Wagen zu mir. Möglicherweise können wir alles untereinander regeln.«

Keine derartige Empfehlung wurde Fouché für Pichegru mitgegeben. Und doch war Pichegru ein alter Bekannter Bonapartes, denn in der Militärschule zu Brienne war er sein Repetitor gewesen.

Bonaparte erinnerte sich nicht gerne an seine Schulzeit: Zu oft war er des bescheidenen Adelsstandes seiner Familie und seiner spärlichen Mittel wegen gehänselt worden.


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