20 Fouché

Einen Mann gab es, den Bonaparte im gleichen Maße verabscheute, fürchtete und ertrug. Es ist der Mann, den wir kurz bei Mademoiselle de Fargas sahen, als sie die Bedingungen stellte, unter denen sie die Compagnons de Jéhu ausliefern wollte.

Der Abscheu, den Bonaparte empfand, rührte von dem Instinkt her, mit dem Tiere mehr noch als Menschen vor Dingen zurückscheuen, die ihnen schaden können.

Joseph Fouché, der Polizeiminister, war in der Tat sowohl hässlich als auch schädlich. Selten ist das Hässliche gütig, und Fouchés Moral oder eher Unmoral entsprach völlig seiner Hässlichkeit.

Bonaparte betrachtete Menschen nur als Mittel zum Zweck oder Hindernisse. Für den General Bonaparte war Fouché am 18. Brumaire nützlich gewesen. Für den Ersten Konsul Bonaparte konnte Fouché hinderlich werden. Wer zugunsten des Konsulats gegen das Direktorium konspiriert hatte, konnte zugunsten irgendeiner anderen Regierungsform gegen das Konsulat konspirieren. Fouché musste man also stürzen, nachdem man ihn befördert hatte, was beim gegenwärtigen Stand der Dinge nicht so leicht war. Fouché zählte zu denen, die sich bei ihrem Aufstieg an allen Unebenheiten festhalten, an alle Kanten klammern und auf allen Stufen, die sie erklommen haben, Rückhalt besitzen, weil sie keinen Halt, keine Hilfe je vergessen.

Mit der Republik verband Fouché der Tod des Königs, für den er gestimmt hatte; mit der Terreur verbanden ihn seine blutigen Taten als Konventskommissar in Lyon und Nevers, mit den Thermidorianern verband ihn seine Rolle beim Sturz Robespierres, mit Bonaparte der 18. Brumaire und mit Joséphine deren Angst vor Fouchés Erzfeinden Joseph und Lucien, während ihn mit den Royalisten wiederum die Gefälligkeiten verbanden, die er Einzelnen von ihnen als Polizeiminister erwies, nachdem er als Prokonsul ihre Klasse zerschlagen hatte. Als Herrscher über die öffentliche Meinung hatte er sich einen Teil von ihr dienstbar gemacht, und seine Polizei war weder die Polizei der Regierung noch die Polizei des Ersten Konsuls oder die Polizei aller, was sie hätte sein sollen, sondern schlicht und einfach Fouchés Polizei. In ganz Paris, in ganz Frankreich ließ er durch seine Spitzel und Agenten das Loblied auf seine Gewandtheit in den höchsten Tönen singen; überall wurde von Beweisen seiner unvorstellbaren Schläue und Geschicklichkeit gemunkelt, und der größte Beweis dieser Fähigkeiten war, dass alle an sie glaubten.

Fouché war seit dem 18. Brumaire Polizeiminister; niemand verstand, warum Bonaparte ihm so großen Einfluss zugestand, Bonaparte selbst am allerwenigsten, denn dieser Einfluss ärgerte ihn. Sobald Fouché den Raum verlassen hatte, sobald die geradezu hypnotische Wirkung nachließ, die er ausübte, sträubte sich alles in Bonaparte gegen Fouchés Macht über ihn; er sprach zornig, bitter, boshaft von ihm. Sobald Fouché erschien, kuschte der Löwe, vielleicht nicht gezähmt, aber besänftigt.

Besonders missfiel Bonaparte, dass Fouché sich für seine Pläne künftiger Größe überhaupt nicht erwärmen konnte, ganz im Gegensatz zu Joseph und Lucien, die ihn darin nicht nur unterstützten, sondern ihn dazu anstachelten. Eines Tages hatte er offen mit Fouché darüber gestritten.

»Nehmen Sie sich in Acht«, hatte der Polizeiminister gesagt, »wenn Sie das Königtum wieder einführen, werden Sie den Bourbonen in die Hand spielen, und diese werden eines schönen Tages den Thron besteigen, den Sie wiederrichtet haben werden. Niemand kann sich erdreisten, voraussagen zu wollen, welche Verkettung von Zufällen, Ereignissen und Katastrophen eintreten müsste, um zu einem solchen Ergebnis zu führen, doch es erfordert nicht mehr als gewöhnliche Intelligenz, um zu begreifen, wie lange Sie und Ihr Nachfolger mit solchen Ereignissen rechnen müssen. Unter dem Ancien Régime, das Sie augenscheinlich ansteuern – wenn nicht im Grundsätzlichen, dann zumindest in der Form -, wird die Anwartschaft auf den Thron Familiensache sein und nicht eine Frage der Regierungsart. Wenn Frankreich schon auf die errungene Freiheit verzichten und sich wieder der monarchistischen Willkürherrschaft beugen soll, warum sollte es dann nicht gleich das alte Herrschergeschlecht zurückhaben wollen, das ihm Heinrich IV. und Ludwig XIV. geschenkt hat, während Sie ihm nur die Tyrannei des Schwertes gaben?«

Bonaparte hatte zugehört und sich dabei auf die Lippen gebissen, doch er hatte zugehört. Aber insgeheim hatte er beschlossen, das Polizeiministerium aufzulösen, und da er sich am selben Tag nach Mortefontaine begab, um den Montag mit seinem Bruder Joseph zu verbringen, hatte er Josephs und Luciens Drängen nachgegeben und das erforderliche Dekret unterzeichnet, hatte es eingesteckt und sich am nächsten Tag voller Zufriedenheit mit seinem Entschluss und im Wissen, welcher Schlag dies für Joséphine sein würde, nach Paris zurückbegeben. Er war besonders reizend zu ihr. Das ermutigte die arme Frau, die in Fröhlichkeit wie Traurigkeit, Übellaunigkeit wie Munterkeit ihres Mannes nur die Scheidung lauern sah; und als er in ihrem Boudoir saß und Bourrienne Anordnungen erteilte, huschte sie leise neben ihn, setzte sich ihm auf die Knie, fuhr ihm zärtlich mit den Fingern durch die Haare, verharrte mit der Hand auf seinem Mund, damit er sie küsste, und sagte, als sie auf ihrer heißen Hand den ersehnten Kuß spürte: »Warum hast du mich gestern nicht mitgenommen?«

»Wohin?«, fragte Bonaparte.

»Nun, dorthin, wo du warst.«

»Ich war in Mortefontaine, und da ich weiß, dass zwischen dir und Joseph eine gewisse Feindseligkeit besteht...«

»Oh, du kannst ruhig auch sagen: zwischen Lucien und mir. Ich sage, zwischen Lucien und mir, weil sie mich feindselig behandeln. Ich bin niemandem gegenüber feindselig. Ich würde deine Brüder nur zu gerne lieben, aber sie können mich nicht leiden. Nun denn! Du wirst verstehen, wie besorgt ich bin, wenn ich dich bei ihnen weiß.«

»Sei unbesorgt, gestern war nur von Politik die Rede.«

»Ja, von Politik wie zwischen Cäsar und Mark Anton: Sie haben dich die königliche Augenbinde anprobieren lassen.«

»Wie? So gut kennst du dich in der römischen Geschichte aus?«

»Teurer Freund, ich lese von der ganzen römischen Geschichte nur die des Cäsar, und jedes Mal, wenn ich sie lese, muss ich zittern.«

Schweigen trat ein, und Bonaparte runzelte die Stirn; doch da Joséphine begonnen hatte, sprach sie todesmutig weiter.

»Ich flehe dich an, Bonaparte«, sagte sie, »ich flehe dich an, lass dich nicht zum König ernennen. Hinter alledem steckt nur dieser garstige Lucien, höre nicht auf ihn; er stürzt uns noch alle ins Verderben.«

Bourrienne, der seinem einstigen Mitschüler oft genug den gleichen Rat gegeben hatte, erbleichte vor Furcht, dass Bonaparte in Zorn geraten könne.

Doch dieser brach ganz im Gegenteil in Gelächter aus. »Du bist verrückt, meine arme Joséphine«, sagte er. »Diese Ammenmärchen reden dir deine alten Weiber aus dem Faubourg Saint-Germain ein, deine La Rochefoucauld und wie sie alle heißen. Du langweilst mich, verschone mich mit diesem Gerede!«

Im selben Augenblick wurde der Polizeiminister angekündigt.

»Haben Sie etwas mit ihm zu besprechen?«, fragte Bonaparte.

»Nein«, erwiderte Joséphine. »Sicherlich wollte er Sie aufsuchen und hat die Gelegenheit genutzt, um mich zu begrüßen.«

»Wenn Sie fertig sind, schicken Sie ihn zu mir«, sagte Bonaparte und erhob sich, »komm, Bourrienne.«

»Wenn Sie nichts Geheimes mit ihm zu besprechen haben, empfangen Sie ihn hier, dann bleibt mir Ihre Gesellschaft länger erhalten.«

»Ich vergaß wahrhaftig«, sagte Bonaparte, »dass Fouché zu Ihren Freunden zählt.«

»Zu meinen Freunden?«, wiederholte Joséphine. »Ich erlaube mir nicht, Freunde unter Ihren Ministern zu haben.«

»Oh«, sagte Bonaparte, »das wird er nicht mehr lange sein. Nein, ich habe nichts Geheimes mit ihm zu besprechen«, und mit perfider Miene sagte er zu Constant, der Fouché angekündigt hatte: »Lassen Sie den Polizeiminister herein.«

Fouché erschien und wirkte überrascht, Bonaparte bei seiner Gemahlin anzutreffen.

»Madame«, sagte Fouché, »heute Vormittag habe ich nicht mit dem Ersten Konsul zu tun, sondern mit Ihnen.«

»Mit mir?«, fragte Joséphine erstaunt und beinahe erschrocken.

»Oho!«, sagte Bonaparte und zwickte lachend das Ohr seiner Frau, was anzeigte, dass er wieder guter Laune war. Joséphine stiegen Tränen in die Augen, denn diese Gunstbezeigung Bonapartes war fast immer, vielleicht unbeabsichtigt, ausgesprochen schmerzhaft. Doch tapfer lächelte sie weiter.

»Ich hatte gestern«, sagte Fouché, »Besuch von Doktor Cabanis.«

»Du lieber Himmel!«, sagte Bonaparte. »Und was wollte dieser Philosoph in Ihrer Räuberhöhle?«

»Er wollte wissen, ob ich glaube, dass Sie einer bevorstehenden Heirat in seiner Familie zustimmen würden, bevor man sich offiziell an Sie wendet, und wenn ja, ob Sie sich dann dafür verwenden würden, die Zustimmung des Ersten Konsuls zu erwirken.«

»Ha, ha! Siehst du, Joséphine«, sagte Bonaparte lachend, »man behandelt dich bereits wie eine Königin.«

Joséphine versuchte zu lachen und sagte: »Die dreißig Millionen Franzosen, die in diesem Land leben, können nach eigenem Gutdünken und ohne meinen Segen heiraten; wer treibt es mit der Höflichkeit mir gegenüber gar so weit?«

»Die Gräfin von Sourdis, der Sie die Ehre erweisen, sie bisweilen zu empfangen. Sie verheiratet ihre Tochter Claire.«

»Und mit wem?«

»Mit dem jungen Grafen von Sainte-Hermine.«

»Sagen Sie Cabanis«, antwortete Joséphine, »dass ich von ganzem Herzen ihrem Ehebund zustimme, und sofern Bonaparte nicht spezielle Gründe hat, dies anders zu sehen als ich...«

Bonaparte setzte eine nachdenkliche Miene auf. Dann sagte er zu Fouché: »Kommen Sie zu mir, wenn Sie bei Madame waren. Komm jetzt, Bourrienne.« Und er stieg die kleine Treppe hinauf.

Kaum waren Bonaparte und sein Sekretär gegangen, legte Joséphine Fouché die Hand auf den Arm. »Er war gestern in Mortefontaine«, sagte sie.

»Ich weiß«, sagte Fouché.

»Wissen Sie, worüber er mit seinen Brüdern gesprochen hat?«

»Ja.«

»Ging es um mich? Ging es um die Scheidung?«

»Nein, in dieser Hinsicht können Sie beruhigt sein; es ging um etwas ganz anderes.«

»Ging es um das Königtum?«

»Nein.«

Joséphine atmete auf. »Ah!«, sagte sie. »Dann kümmert mich herzlich wenig, worüber sie gesprochen haben.«

Fouché lächelte sein gewohnt spöttisch-finsteres Lächeln. »Obwohl Sie einen Ihrer Freunde verlieren werden?«, fragte er.

»Ich?«

»Ja.«

»…«

»Zweifellos, denn seine Interessen waren auch Ihre.«

»Und wer ist das?«

»Ich darf Ihnen seinen Namen nicht nennen; sein Sturz ist noch ein Geheimnis. Ich will Ihnen nur vorsorglich raten, einen neuen Freund zu suchen.«

»Und wo soll ich den finden?«

»In der Familie des Ersten Konsuls: Sie haben zwei seiner Brüder gegen sich, nehmen Sie den dritten für sich ein.«

»Louis?«

»Ganz genau.«

»Er will meine Tochter unbedingt mit Duroc verheiraten.«

»Ja, aber Duroc liegt diese Heirat keineswegs so dringend am Herzen, wie man erwarten könnte, und diese Gleichgültigkeit kränkt den Ersten Konsul.«

»Hortense bricht jedes Mal in Tränen aus, wenn die Rede darauf kommt, und ich will nicht das Ungeheuer sein, das seine Tochter opfert; Hortense behauptet, ihr Herz gehöre ihr nicht mehr.«

»Pah!«, machte Fouché. »Wer hat schon ein Herz?«

»Ach«, sagte Joséphine, »ich habe ein Herz, das gestehe ich gerne.«

»Sie?«, fragte Fouché mit seinem hässlichen Lachen. »Sie haben kein Herz, Sie haben -«

»Seien Sie auf der Hut!«, warnte Joséphine, »sonst entschlüpft Ihnen am Ende eine Impertinenz.«

»Ich schweige, als Polizeiminister schweige ich; man sollte meinen, ich stünde im Begriff, mein Berufsgeheimnis zu verraten. Aber jetzt, da ich Ihnen nichts mehr zu erzählen habe, lassen Sie mich dem Ersten Konsul eine Neuigkeit verkünden, die er aus meinem Mund ganz gewiss nicht erwartet.«

»Und welche?«

»Dass er gestern meine Amtsenthebung unterzeichnet hat.«

»Also verliere ich?«, sagte Joséphine fragend.

»Mich«, sagte Fouché.

Joséphine, die sich der Schwere dieses Verlusts in der Tat bewusst war, stieß einen Seufzer aus und fuhr sich mit der Hand über die Augen.

»Oh, seien Sie unbesorgt«, sagte Fouché und trat näher, »es wird nicht für lange sein.«

Um keine zu große Vertrautheit zu verraten, verließ Fouché Joséphines Gemächer durch die Haupttür und trat durch den Pavillon de l’Horloge wieder ein, bevor er zu Bonapartes Kabinett hinaufging.

Der Erste Konsul arbeitete mit Bourrienne. »Ah!«, sagte er, als er Fouché erblickte, »Sie werden mich aufklären, jawohl.«

»Worüber, Sire?«

»Darüber, wer dieser Sainte-Hermine ist, der meine Einwilligung erbittet, um Mademoiselle de Sourdis zu heiraten.«

»Damit wir uns richtig verstehen, Citoyen Erster Konsul: Nicht der Graf von Sainte-Hermine erbittet Ihre Einwilligung, um Mademoiselle de Sourdis zu heiraten, Mademoiselle de Sourdis erbittet Ihre Einwilligung, um Monsieur de Sainte-Hermine zu heiraten.«

»Ist das nicht ein und dasselbe?«

»Nicht ganz: Die Sourdis sind eine bedeutende Familie und freundschaftlich verbunden; die Sainte-Hermines sind eine bedeutende Familie, deren Freundschaft es zu gewinnen gilt.«

»Sie haben mir also geschmollt.«

»Mehr noch, sie haben Sie bekriegt.«

»Als Republikaner oder als Royalisten?«

»Als Royalisten; der Vater wurde 93 guillotiniert, der älteste Sohn füsiliert; der zweitälteste, den Sie kennengelernt haben, wurde in Bourg-en-Bresse guillotiniert.«

»Den ich kennengelernt habe?«

»Entsinnen Sie sich eines Maskierten, der während Ihrer Mahlzeit in Avignon einen Geldsack mit zweihundert Louisdor zurückbrachte, den man versehentlich einem Weinhändler aus Bordeaux in der Eilpost geraubt hatte?«

»Oh, gewiss doch! Ach, Fouché, solche Männer könnte ich gebrauchen.«

»Einem ersten Herrscher dient man nicht aus Hingabe, Citoyen Erster Konsul, sondern aus Eigeninteresse.«

»Sie haben recht, Fouché. Ach! Wäre ich doch mein Enkel! Nun gut. Und der Dritte?«

»Der Dritte wird Ihr Freund sein, wenn Sie wollen.«

»Und wie das?«

»Zweifellos bittet Madame de Sourdis, die gewandte Schmeichlerin, Sie mit seinem Einverständnis um Ihre Zustimmung zur Heirat ihrer Tochter, als wären Sie ein Fürst. Geben Sie Ihre Einwilligung, Sire, und Monsieur Hector de Sainte-Hermine wird nicht anders können, als sich von einem Gegner in einen Freund zu verwandeln.«

»Schon gut«, sagte Bonaparte, »ich werde darüber nachdenken«, und dann fragte er, händereibend bei dem Gedanken, dass man ihm gegenüber inzwischen Formen wahrte, als hätte man es mit einem König zu tun: »Und welche Neuigkeit bringen Sie, Fouché?«

»Nur eine, aber sie hat eine gewisse Bedeutung, vor allem für mich.«

»Und das wäre?«

»Dass Sie gestern in dem grünen Salon in Mortefontaine dem Innenminister Lucien Bonaparte meine Amtsenthebung und meine Aufnahme in den Senat diktiert und sie danach unterzeichnet haben.«

Bonaparte machte eine jedem Korsen wohlvertraute Geste, die mit zwei Bewegungen des Daumens auf der Brust ein Kreuzzeichen beschreibt, und sagte: »Wer hat Ihnen diesen Bären aufgebunden, Fouché?«

»Einer meiner Spitzel, hol’s der Teufel!«

»Er hat Sie belogen.«

»Er hat mich so wenig belogen, dass sich das Dekret dort drüben befindet, auf dem Stuhl, in der Seitentasche Ihres grauen Gehrocks.«

»Fouché«, sagte Bonaparte, »wenn Sie hinkten wie Talleyrand, wüsste ich mit Sicherheit, dass Sie der Teufel sind.«

»Sie leugnen es nicht mehr, nicht wahr?«

»Meiner Treu, nein! Außerdem ist Ihre Entlassung so ehrenvoll, wie man es sich nur wünschen kann...«

»Ich verstehe: In meinem Zeugnis wird versichert, dass während der Dauer meiner Dienstzeit kein Silbergeschirr aus Ihrem Haushalt entwendet wurde.«

»Da die Befriedung Frankreichs ein Polizeiministerium überflüssig gemacht hat, versetze ich dessen Minister in den Senat, um ihn dort jederzeit zur Hand zu haben, falls ich das Ministerium wieder einrichten will. Ich weiß wohl, mein lieber Fouché, dass Sie im Senat nicht mehr die Verwaltung des Glücksspiels leiten werden, diese unerschöpfliche Goldgrube, aber Sie besitzen bereits ein unermesslich großes Vermögen, das Sie nicht genießen können, und Ihr Landbesitz in Pontcarré, den Sie unablässig vergrößern, ist wahrhaftig groß genug für Sie.«

»Habe ich Ihr Wort«, fragte Fouché, »dass, falls es wieder einen Polizeiminister geben sollte, dieser kein anderer sein wird als ich?«

»Das haben Sie«, sagte Bonaparte.

»Danke. Darf ich jetzt Cabanis davon informieren, dass seine Nichte Mademoiselle de Sourdis Ihre Einwilligung zu ihrer Heirat mit dem Grafen von Sainte-Hermine hat?«

»Das dürfen Sie.«

Bonaparte beugte leicht den Kopf, Fouché erwiderte dies mit einer tiefen Verbegung und ging.

Der Erste Konsul wanderte eine Zeit lang auf und ab, stumm, die Hände auf dem Rücken; dann blieb er abrupt hinter dem Sessel seines Sekretärs stehen. »Haben Sie das gehört, Bourrienne?«, fragte er.

»Was, General?«

»Das, was dieser Teufel Fouché gesagt hat.«

»Ich höre nichts als das, was zu hören Sie mir befehlen.«

»Er wusste, dass ich ihn abgesetzt hatte, dass ich es in Mortefontaine getan hatte und dass das Dekret seiner Amtsenthebung in der Tasche meines grauen Gehrocks steckt.«

»Ach«, sagte Bourrienne, »das erfordert keine Hexerei, dafür muss er nur den Kammerdiener Ihres Bruders anständig bezahlen.«

Bonaparte schüttelte den Kopf. »Dennoch«, sagte er, »ist dieser Fouché ein gefährlicher Mann.«

»Gewiss«, sagte Bourrienne, »doch Sie müssen zugeben, dass ein Mann, dessen Scharfsinn Sie so verblüfft, in unseren heutigen Zeiten überaus nützlich ist.«

Der Erste Konsul sah nachdenklich drein; dann sagte er: »Ich habe ihm schließlich versprochen, dass ich ihn zurückhole, sobald es Schwierigkeiten gibt, und es ist gut denkbar, dass ich mein Wort halten werde.«

Der Bürodiener erschien.

»Landoire«, sagte Bonaparte, »sehen Sie aus dem Fenster, ob ein Wagen mit Pferden bereit ist.«

Landoire verließ den Raum und beugte sich aus dem Fenster. »Ja, General«, sagte er.

Der Erste Konsul zog seinen Gehrock an und ergriff seinen Hut. »Ich fahre in den Staatsrat«, sagte er.

Nach einigen Schritten blieb er stehen. »Apropos, gehen Sie zu Joséphine und sagen Sie ihr, dass ich nicht nur mit der Heirat Mademoiselle de Sourdis’ einverstanden bin, sondern dass Madame Bonaparte und ich sogar ihren Ehevertrag mit unterzeichnen werden.«


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