18 Charles de Sainte-Hermine (2)


Die Gefangenen gestanden, sich zusammengerottet zu haben mit dem Ziel, sich den Banden Monsieur de Teyssonnets anzuschließen, der in den Bergen der Auvergne eine Armee aufstellte; sie leugneten jedoch beharrlich, jemals das Geringste mit den Wegelagerern namens d’Assas, Adler, Montbar und Morgan zu tun gehabt zu haben. Dies konnten sie umso unbesorgter tun, als die Überfälle auf die Postkutschen stets von Maskierten verübt worden waren; nur in einem einzigen Fall war das Gesicht eines ihrer Anführer zu sehen gewesen, und das war der Fall meines Bruders.


Während des Überfalls auf eine Eilpost zwischen Lyon und Vienne hatte ein zehn- oder zwölfjähriger Knabe, der sich im Wagen des Aufsehers befand, dessen Pistole ergriffen und auf die Compagnons de Jéhu geschossen. Der Aufseher hatte aus Vorsicht keine Kugeln geladen gehabt, doch die Mutter des Knaben, die das nicht wissen konnte, war vor Angst um ihr Leben und das ihres Kindes ohnmächtig geworden. Mein Bruder hatte sich sogleich um sie gekümmert, hatte ihr Riechsalz gegeben und versucht, sie zu beruhigen. Mit einer ihrer Bewegungen hatte sie Morgan versehentlich die Maske abgestreift und das Gesicht des Grafen von Sainte-Hermine erblickt.


Doch die Sympathie, die den Angeklagten entgegengebracht wurde, war so groß, dass jedes ihrer Alibis durch Briefe und Zeugenaussagen bestätigt wurde, und auch die Dame, die das Gesicht des Banditen Morgan gesehen hatte, sagte aus, sie erkenne ihn in keinem der vier Angeklagten wieder.

In der Tat hatte nur der Staatsschatz unter ihren Überfällen zu leiden gehabt, was niemanden groß interessierte, da niemand zu sagen gewusst hätte, wem dieser gehörte.

Sie standen im Begriff, freigesprochen zu werden, als der Vorsitzende des Gerichts sich unvermutet und überraschend an die Dame wandte, die ohnmächtig geworden war, und sie fragte: ›Madame, wären Sie so freundlich, mir zu sagen, welcher dieser Herren so ritterlich war, Ihnen die Hilfe zukommen zu lassen, die Ihr Zustand verlangte?‹

Überrumpelt von dieser unerwarteten Höflichkeit, in dem Glauben, während ihrer Abwesenheit seien Geständnisse erfolgt, und in der Überzeugung, durch ihre Worte nun dem Angeklagten nicht mehr zu schaden, sondern ihm vielleicht sogar zu nützen, wies die Dame auf meinen Bruder und sagte: ›Herr Vorsitzender, das war der Graf von Sainte-Hermine.‹

Da sie alle das gleiche Alibi hatten, fielen alle vier in diesem Augenblick dem Henker anheim.

›Zum Henker, Hauptmann‹, sagte Jahiat und betonte das Wort ›Hauptmann‹, ›das wird dich lehren, ritterlich zu sein.‹

Ein Freudenschrei ertönte mitten im Gerichtshof: der Schrei der Diana de Fargas, die ihren Triumph auskostete.

›Madame‹, sagte mein Bruder mit einer Verbeugung zu der Dame, die ihn wiedererkannt hatte, ›Sie haben soeben vier Köpfe auf einmal rollen lassen.‹

Als sie erkannte, was sie angerichtet hatte, warf die Dame sich auf die Knie und bat um Verzeihung.

Zu spät!

Ich war im Gerichtshof und hätte fast das Bewusstsein verloren. Meine Liebe zu meinem Bruder war der Sohnesliebe nahe.

Noch am selben Tag wurden die Gefangenen, die ihre ganze Fröhlichkeit wiedererlangt hatten und nichts mehr abstritten, zum Tode verurteilt.

Drei der Angeklagten weigerten sich, gegen das Urteil Berufung einzulegen, während Jahiat, der vierte, hartnäckig darauf beharrte und sagte, er habe einen Plan. Um von seinen Gefährten nicht verdächtigt zu werden, aus Angst vor dem Sterben so zu handeln, erklärte er ihnen, er habe zarte Bande zu der Tochter des Gefängniswärters geknüpft und hoffe, während der Frist von sechs oder acht Wochen, die ihnen die Berufung verschaffen würde, durch sie eine Fluchtmöglichkeit zu finden.

Die drei anderen machten keine Schwierigkeiten mehr und unterzeichneten ihre Berufungsgesuche.

Bei dem Gedanken an eine eventuelle Flucht klammerte sich jede dieser jungen Seelen wieder an das Leben. Nicht dass sie den Tod gefürchtet hätten, doch ein Tod auf dem Schafott bot keinen Reiz und keinen Ruhm. Also ließen sie Jahiat zum Nutzen und Frommen ihres Zirkels seinem Verführungsvorhaben nachgehen und bemühten sich, so fröhlich wie möglich zu leben.

Die Berufung, die nur ein Kassationsgesuch war, ließ ihnen keinerlei Hoffnung: Der Erste Konsul hatte sich unmissverständlich geäußert; er wollte all diese Banden um jeden Preis vernichten und ausrotten.

Zur großen Verzweiflung der ganzen Stadt waren unsere Helden, die jedermanns Sympathie hatten, dem Tod geweiht. Ich ließ nichts unversucht, um zu meinem Bruder zu gelangen, doch vergebens.

Die Sympathie, die den Angeklagten entgegengebracht wurde, konnte wahrhaftig nicht verwundern: Sie waren jung, strahlend schön, bewundernswert elegant, selbstsicher, ohne arrogant zu sein, liebenswürdig zum Publikum und höflich zu ihren Richtern, wenn auch bisweilen spöttisch. Und sie entstammten den vornehmsten Familien der Gegend.

Diese vier Angeklagten, deren Ältester keine dreißig Jahre alt war, die sich gegen die Guillotine wehrten, aber nicht gegen das Füsilieren, die den Tod verlangten, die zugaben, ihn verdient zu haben, allerdings den Tod eines Soldaten, waren bewundernswert in ihrer Jugend, ihrem Mut und ihrer Großherzigkeit.

Wie man sich denken kann, wurde die Berufung abgelehnt.

Jahiat war es gelungen, Charlotte, die Tochter des Gefängniswärters, in ihn verliebt zu machen, doch der Einfluss des schönen Kindes reichte nicht aus, um den Gefangenen einen Weg zur Flucht zu verschaffen. Nicht dass der Oberwärter, ein wackerer Mann namens Comtois, im Herzen Royalist, doch vor allem ein redlicher Mann, die Angeklagten nicht zutiefst bedauert hätte. Einen Arm hätte er geopfert, um Ungemach von ihnen abzuhalten, doch er war nicht bereit, sich mit sechzigtausend Francs bestechen zu lassen, um ihnen die Flucht zu ermöglichen.

Drei Gewehrschüsse verrieten den Verurteilten, dass ihr Urteil nicht aufgehoben worden war.

Am Abend desselben Tages brachte Charlotte jedem der Gefangenen ein Paar geladene Pistolen und einen Dolch in ihr Verlies; mehr konnte das arme Kind nicht für sie tun.

Die drei Gewehrschüsse, die den Verurteilten ihr Schicksal mitteilten, hatten den Polizeikommissar erschreckt, der alle Bewaffneten zusammenzog, deren er habhaft werden konnte.

Um sechs Uhr morgens wurde auf der Place du Bastion das Schafott errichtet; sechzig Kavalleristen hatten vor dem Gitter des Gefängnishofs Aufstellung genommen. Hinter den Kavalleristen drängten sich an die tausend Zuschauer.

Die Hinrichtung war für sieben Uhr vorgesehen. Um sechs Uhr betraten die Gefängniswärter das Verlies der Gefangenen, die sie am Abend unbewaffnet und in Ketten zurückgelassen hatten. Die Gefangenen waren ohne Fesseln und bis zu den Zähnen bewaffnet. Zudem hatten sie sich wie Athleten für den Kampf gerüstet: den Oberkörper entblößt, die Hosenträger auf der Brust gekreuzt, die breiten Gürtel um die Taille mit Waffen gespickt.

In dem Augenblick, in dem am wenigsten damit zu rechnen war, wurde Kampfgetümmel laut. Dann sah man die vier Gefangenen aus dem Kerker stürmen.

Die Menge schrie auf wie ein Mann; jeder begriff, dass etwas Schreckliches bevorstand, als man die vier erblickte, Gladiatoren gleich, die in die Arena treten.

Es gelang mir, in die erste Reihe vorzudringen.

Als sie den Hof erreichten, sahen sie, dass das riesige Eisengitter geschlossen war und hinter dem Gitter auf der Straße die reglose Reihe der berittenen Gendarmen mit den Karabinern auf den Knien ein unüberwindliches Hindernis bildete. Sie blieben stehen, traten zusammen und schienen sich kurz zu beraten.

Dann trat Valensolles, der Älteste der vier, an das Gitter und verneigte sich mit einem anmutigen Lächeln voller Noblesse vor den Kavalleristen: ›Wohlan, denn, meine Herren.‹ Dann drehte er sich zu seinen Gefährten um: ›Adieu, meine Freunde‹, sagte er. Und er schoss sich in die Schläfe. Sein Leichnam drehte sich dreimal um sich selbst und fiel mit dem Gesicht zu Boden.

Daraufhin löste sich Jahiat aus der Gruppe, trat an das Gitter, zog seine zwei Pistolen und richtete sie auf die Gendarmen. Er drückte nicht ab, doch mehrere Gendarmen, die sich bedroht wähnten, senkten ihre Karabiner und feuerten. Zwei Kugeln durchschlugen Jahiats Körper.

›Danke, meine Herren‹, sagte er. ›Ich danke Ihnen, dass ich als Soldat sterben darf.‹ Und er fiel auf den toten Valensolles.

Unterdessen hatte Ribier offenbar überlegt, auf welche Weise er sterben wollte. Nun schien er sich entschieden zu haben.

Eine Säule trug das Gewölbe; Ribier ging auf die Säule zu, zog einen Dolch aus seinem Gürtel, drückte die Dolchspitze an seine linke Brust und den Griff an die Säule, umfasste die Säule mit beiden Armen, verneigte sich zu einem letzten Gruß vor den Zuschauern und danach vor seinen Freunden und presste seinen Körper dann eng an die Säule, bis die ganze Klinge des Dolchs in seiner Brust verschwunden war. Einen Augenblick stand er noch aufrecht, dann überzog Totenblässe sein Antlitz, und seine Arme fielen herab; seine Knie gaben nach, und er sank tot am Fuß der Säule zu Boden.

Die Menge war vor Entsetzen stumm und wie erstarrt.

Die Anwesenden erfasste schier Bewunderung: Sie begriffen, dass diese heldenhaften Banditen sterben wollten, doch einen selbst gewählten Tod, wie antike Gladiatoren, in Würde, nicht schmachvoll.

Mein Bruder stand als Letzter auf den Stufen der Freitreppe; erst in diesem Augenblick gewahrte er mich unter den Zuschauern. Er sah mich an und legte einen Finger vor den Mund. Ich begriff, dass er mir Schweigen gebot. Ich nickte, doch ich konnte mir die Tränen nicht verbeißen. Er machte ein Zeichen, dass er sprechen wolle. Alle verstummten.

Gott allein weiß, mit welchem Schmerz ich auf seine Worte wartete.

Wer einem solchen Schauspiel beiwohnt, ist auf Worte ebenso begierig wie auf Taten, vor allem wenn Erstere Letztere erklären. Ohnehin konnte die Menge sich nicht beklagen: Man hatte ihr vier Köpfe versprochen, die auf die gleiche eintönige Weise fallen sollten. Stattdessen wurden ihr vier unterschiedliche Todesarten geboten, vier geradezu pittoreske, dramatische, überraschende Todeskämpfe – denn niemand zweifelte daran, dass der Anführer sich einen ebenso originellen Tod ausdenken würde wie seine Gefährten.

Charles hielt weder Pistole noch Dolch in der Hand. Beides steckte in seinem Gürtel.

Er umschritt Valensolles’ Leichnam und stellte sich zwischen Jahiat und Ribier. Von dort aus verbeugte er sich lächelnd vor den Zuschauern wie ein Artist von seinem Publikum.

Die Menge brach in Applaus aus.

So schaulustig die Menge war, wage ich dennoch zu behaupten, dass unter ihr kein Einziger weilte, der nicht einen Teil des eigenen Lebens gegeben hätte, um das Leben des letzten Compagnon de Jéhu zu retten.

›Meine Herren‹, sagte Charles, ›Sie sind gekommen, um uns sterben zu sehen; drei von uns sind bereits tot. Nun bin ich an der Reihe. Gerne will ich Ihre Neugier befriedigen, doch ich möchte Ihnen einen Tauschhandel vorschlagen.‹<

›Sprechen Sie! Sprechen Sie!‹, wurde von allen Seiten gerufen. ›Alles, was Sie verlangen, soll Ihnen gewährt werden!‹

›Bis auf Ihr Leben!‹, rief eine Frauenstimme, dieselbe, die bei der Urteilsverkündung einen Freudenschrei ausgestoßen hatte.

›Bis auf mein Leben, selbstverständlich‹, wiederholte mein Bruder. ›Mein Freund Valensolles hat sich erschossen, mein Freund Jahiat wurde erschossen, mein Freund Ribier hat sich erdolcht, und mich würden Sie gerne guillotiniert sehen. Das verstehe ich.‹

Angesichts der Kaltblütigkeit und Gelassenheit, mit der er diese sarkastischen Worte sagte, ging ein Beben durch die Menge.

›Nun‹, sagte Charles, ›gutherzig, wie ich bin, habe ich nichts dagegen, es Ihnen mit dem Sterben ebenso recht zu machen wie mir selbst. Ich bin bereit, mir den Kopf abschneiden zu lassen, aber ich will freiwillig zum Schafott gehen, wie zu einem Essen oder zu einem Ball, und ich bestehe darauf, dass mich niemand anrührt. Wer mir näher kommt‹ – und er deutete auf seine zwei Pistolen – ›auf den schieße ich. Abgesehen von Monsieur‹, sagte Charles und wies auf den Henker, ›aber das geht nur uns beide an und erfordert auf beiden Seiten nichts als gute Umgangsformen. ‹

Das schien der Menge zuzusagen, denn von überall ertönten zustimmende Rufe.

›Hören Sie das?‹, sagte Charles zu dem Gendarmerieoffizier. ›Zeigen Sie sich entgegenkommend, Hauptmann, und es wird keine Schwierigkeiten geben.‹<

Der Gendarmerieoffizier war nur zu bereit, Entgegenkommen zu zeigen. ›Wenn ich Ihnen Hände und Füße nicht fesseln lasse‹, sagte er, ›versprechen Sie dann, nicht zu entfliehen?‹

›Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort‹, sagte Charles.

›Wohlan!‹, sagte der Gendarmerieoffizier, ›dann treten Sie beiseite, und lassen Sie uns die Leichname Ihrer Gefährten mitnehmen.‹

›Das ist nur recht und billig‹, sagte Charles und dann, an die Menge gewendet: ›Sie sehen, nicht ich bin schuld an der Verzögerung, sondern diese Herren sind es.‹ Und er wies auf den Henker und seine zwei Gehilfen, die die Toten in einen Karren luden.

Ribier war noch nicht tot: Er öffnete die Augen. Sein Blick schien jemanden zu suchen. Charles dachte, er suche ihn. Er ergriff seine Hand. ›Hier bin ich, lieber Freund‹, sagte er, ›sei unbesorgt: Ich bin dabei!‹ Ribier schloss die Augen, seine Lippen bewegten sich, doch kein Ton drang aus seinem Mund. Am Rand seiner Wunde kräuselte sich rötlicher Schaum.

›Monsieur de Sainte-Hermine‹, fragte der Offizier, als die Toten und der Halbtote weggeschafft waren, ›sind Sie bereit?‹

›Ich stehe zu Ihrer Verfügung, Monsieur‹, erwiderte Charles und verneigte sich mit ausgesuchter Höflichkeit.

›Dann kommen Sie.‹

Charles wollte sich unter die Soldaten einreihen.

›Wäre es Ihnen lieber, Monsieur‹, fragte der Offizier, ›den Weg im Wagen zurückzulegen?‹

›Zu Fuß, Monsieur, unbedingt zu Fuß; ich lege Wert darauf, dass man sieht, dass ich mich aus einer Grille heraus guillotinieren lasse. Führe ich im Wagen, könnte man denken, die Furcht wäre mir in die Beine gefahren.‹<

Wie ich vielleicht schon sagte, war die Guillotine auf der Place du Bastion errichtet worden; um dorthin zu gelangen, musste man zuerst die Place des Lices überqueren, die so heißt, weil in früheren Tagen dort Reiterspiele abgehalten wurden, und dann an der Mauer des Gartens des Palais Monbazon entlanggehen.

Der Karren führte den Zug an, gefolgt von einem Dutzend Dragoner. Danach kam der Verurteilte, der hin und wieder zu mir blickte. In einem Abstand von etwa zehn Schritten folgten ihm die Gendarmen unter Leitung ihres Hauptmanns.

Am Ende der Gartenmauer wendete der Zug sich nach links. Durch die Öffnung zwischen dem Garten und der Markthalle erblickte mein Bruder mit einem Mal das Schafott.

Bei diesem Anblick wurden mir die Knie weich.

›Pah!‹, sagte Charles. ›Das ist die erste Guillotine, die ich sehe; ich wusste nicht, dass sie ein so hässliches Ungetüm ist.‹

Und mit einer blitzschnellen Bewegung riss er seinen Dolch aus dem Gürtel und stieß ihn sich bis zum Heft in die Brust.

Der Gendarmeriehauptmann gab seinem Pferd die Sporen und streckte den Arm aus, doch mein Bruder zog eine seiner doppelläufigen Pistolen aus dem Gürtel und zielte auf ihn. ›Halt!‹, rief er, ›es war abgemacht, dass niemand mich berührt. Ich sterbe allein, oder wir sterben zu dritt – Sie haben die Wahl.‹

Der Hauptmann hielt inne und ließ sein Pferd einen Schritt zurück tun.

›Gehen wir weiter‹, sagte mein Bruder und machte sich tatsächlich wieder auf den Weg.

Mit Augen und Ohren hing ich an dem geliebten Opfer und ließ mir kein Wort, keine Geste entgehen; ich erinnerte mich an das, was er Cadoudal geschrieben hatte, als er mich nicht unter ihm dienen lassen wollte, da er mich zu seinem Nachfolger und Rächer bestimmt hatte. In meinem Herzen gelobte ich, alles zu tun, was er von mir verlangte.

Unterdessen ging er weiter; das Blut rann aus seiner Wunde.

Als er das Schafott erreichte, zog Charles den Dolch aus seiner Brust und stieß ihn ein zweites Mal hinein. Er stand noch immer. ›Wahrhaftig‹, rief er zornentbrannt,›man sollte meinen, meine Seele wäre an meinen Körper gefesselt!‹

Die Gehilfen des Henkers hoben Valensolles, Jahiat und Ribier von dem Karren.

Valensolles und Jahiat waren tot, und ihre Köpfe fielen unter der Guillotine, ohne dass ein Tropfen Blut vergossen wurde.

Ribier ließ einen Klagelaut ertönen: Er lebte noch. Als das Fallbeil seinen Kopf abtrennte, floss das Blut in Strömen, und ein Schauer lief durch die Menge.

Nun war mein armer Bruder an der Reihe; er hatte mich zuletzt fast ununterbrochen angesehen.

Die Gehilfen wollten ihm auf das Schafott helfen.

›O nein!‹, sagte er. ›Rührt mich nicht an. So war es ausgemacht.‹ Und er stieg die sechs Stufen hinauf, ohne zu straucheln.

Oben angekommen, riss er den Dolch aus seiner Brust und versetzte sich einen dritten Stich. Dann erklang ein schauriges Lachen aus seinem Mund, und aus den drei Wunden spritzte das Blut.

›Meiner Treu‹, sagte er zu dem Henker, ›mir reicht es jetzt, sieh du, wie du zurechtkommst‹, und mir rief er zu: ›Wirst du dich erinnern, Hector?‹

›Ja, Bruder‹, erwiderte ich.

Und er legte sich freiwillig auf das Brett vor dem Fallbeil.

›So‹, sagte er zu dem Henker, ›ist es so recht?‹

Die einzige Antwort war das Herabsausen des Fallbeils, doch mittels der unbezähmbaren Lebenskraft, die ihm nicht erlaubt hatte, von eigener Hand zu sterben, fiel sein Kopf nicht in den Korb wie die der anderen, sondern sprang darüber hinweg, rollte das ganze Schafott entlang und fiel dann zu Boden.

Ich zwängte mich durch die Reihe der Soldaten, die als Barriere vor der Menge standen und sie von dem Schafott fernhielten, stürzte mich auf den geliebten Kopf, bevor man mich aufhalten konnte, ergriff ihn mit beiden Händen und küsste ihn. Seine Augen öffneten sich für eine Sekunde, seine Lippen bebten unter den meinen.

Oh, ich schwöre es bei Gott, er hatte mich erkannt.

›Ja, ja, ja!‹, sagte ich zu ihm, ›sei unbesorgt, ich werde dir gehorchen.‹<

Die Soldaten wollten mich zuerst fortdrängen, doch einzelne Stimmen riefen: ›Es ist sein Bruder!‹, und man ließ mich in Ruhe.«


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