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Seit langem schon schreibe ich nicht mehr. Seit Monaten lebe ich nicht mehr, daure nur fort zwischen Büro und Physiologie, in einem tiefinneren Stillstand des Denkens und Fühlens. Unglücklicherweise verschafft mir dies nicht einmal Ruhe: In der Fäulnis liegt Gärung.

Seit langem schon schreibe ich nicht nur nicht, sondern existiere nicht einmal mehr. Ich glaube, ich träume kaum noch. Die Straßen sind Straßen für mich. Ich erledige die Arbeit im Büro, widme ihr meine ganze Aufmerksamkeit, wenngleich ich auch immer wieder abschweife: ich schlafe in meinem Hinterkopf, statt nachzusinnen, und bin dennoch immer ein anderer hinter meiner Arbeit.

Seit langem schon existiere ich nicht mehr. Ich bin vollkommen ruhig. Niemand unterscheidet mich von dem, der ich bin. Soeben habe ich mich atmen gespürt, als hätte ich etwas Neues oder Aufgeschobenes vollbracht. Ich erlange das Bewußtsein, Bewußtsein zu haben. Vielleicht erwache ich morgen für mich selbst und nehme den Lauf meiner eigenen Existenz wieder auf. Ich weiß nicht, ob mich das glücklicher macht oder weniger glücklich. Ich weiß nichts. Ich hebe mein Spaziergängerhaupt und sehe, daß auf dem Hügel des Kastells die auf der gegenüberliegenden Seite untergehende Sonne mit einem Widerschein kalten Feuers in Dutzenden Fenstern brennt. Rings um diese hart flackernden Augen liegt der ganze Hügel weich im Licht des verlöschenden Tages. Zumindest kann ich mich traurig fühlen und mir bewußt sein, daß meine Traurigkeit sich soeben – ich habe es mit den Ohren gesehen – mit dem jähen Geräusch der vorüberfahrenden Straßenbahn gekreuzt hat, mit den zufälligen Stimmen junger Leute, dem vergessenen Summen der lebendigen Stadt.

Seit langem schon bin ich nicht mehr ich.


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