Kaiserliche Legende



Meine Phantasie ist eine Stadt im Orient. Ihre gesamte räumliche Wirklichkeit erfreut die Sinne wie ein kostbarer, weicher Teppich. Die Zelte und Buden, die den Straßen einen bunten Anstrich verleihen, heben sich von einem, ich weiß nicht welchem Hintergrund ab, der nicht der ihre ist, wie gelbe oder rote Stickereien von leuchtend blauem Atlas. Die gesamte Geschichte dieser Stadt umschwirrt das Licht meines Traumes wie eine im Halbdunkel meines Zimmers kaum hörbare Motte. Meine Phantasie lebte einst inmitten von Pracht und empfing aus den Händen von Königinnen Juwelen, denen die Zeit ihren Glanz genommen hatte. Tief innere Trägheit bedeckte die Strände meiner Nicht-Existenz mit Teppichen, und Algen trieben auffällig wie schattiger Atem auf meinen Flüssen. Und so war ich Säulenhallen in vergangenen Zivilisationen, fiebrige Arabesken auf leblosen Friesen, die Schwärze der Ewigkeit im Geflecht zerbrochener Säulen, Masten untergegangener Schiffe, Stufen gestürzter Throne, Schleier, die nichts verhüllten und doch Schatten zu umhüllen schienen, Trugbilder, die aufstiegen wie Rauch aus umgestürzten Räucherfässern. Finster war meine Herrschaft und getrübt von Kriegen an fernen Grenzen der kaiserliche Friede in meinem Palast. Immer nah der unbestimmte Lärm ferner Feste; immer feierliche Umzüge unter meinen Fenstern; doch nicht ein rotgoldener Fisch in meinen Brunnenbecken, nicht ein Apfel im stillen Grün meiner Gärten, und hinter den Bäumen wiegte nicht ein Rauchfaden aus den Kaminen jener armseligen Hütten, in denen andere glücklich sind, mit schlichten Balladen das ängstliche Geheimnis meines Bewußtseins von mir in den Schlaf.


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