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Zusammenarbeiten, sich zusammentun, gemeinsam mit anderen handeln ist metaphysisch gesehen ein krankhafter Impuls. Die Seele, die jedem einzelnen gegeben ist, darf nicht für seine Beziehungen zu anderen herhalten. Die göttliche Tatsache, zu existieren, darf nicht der satanischen Tatsache, zu koexistieren, anheimgegeben werden.
Handle ich gemeinsam mit anderen, geht mir zumindest eines verlustig: alleine zu handeln.
Vertraue ich mich anderen an, mache ich mich klein, auch wenn ich mich scheinbar vergrößere. Zusammenleben heißt sterben. Einzig mein Bewußtsein von mir selbst ist für mich wirklich; andere sind in diesem Bewußtsein ungewisse Phänomene, und es wäre krankhaft, ihnen eine allzu wirkliche Wirklichkeit zu verleihen.
Kinder, die ihren Willen um jeden Preis durchsetzen wollen, sind Gott näher, denn sie wollen existieren.
Unser Erwachsenenleben beschränkt sich darauf, Almosen zu geben. Wir alle leben von fremden Almosen. Wir vergeuden unsere Persönlichkeit mit Orgien der Koexistenz.
Jedes gesprochene Wort verrät uns. Die einzig annehmbare Form der Verständigung ist das geschriebene Wort, denn es ist kein Stein in einer Brücke zwischen Seelen, sondern ein Lichtstrahl zwischen Sternen.
Erklären heißt nicht glauben. Jede Philosophie ist eine Diplomatie unter dem Signum der […] Ewigkeit; wie die Diplomatie ist sie eine dem Wesen nach falsche Sache, die nicht als Sache existiert, sondern als etwas ganz und gar Zweckgerichtetes.
Für einen Dichter, der veröffentlicht, gibt es kein würdigeres Schicksal als das Nicht-Erlangen des ihm vielleicht gebührenden Ruhms. Mit Ausnahme des wahrlich würdigen Schicksals des Nicht-Veröffentlichens. Ich sage nicht, daß er nicht schreiben sollte, dann wäre er kein Dichter. Ich meine den Dichter, der schreibt, weil dies seiner Natur entspricht, dessen geistige Beschaffenheit ihn aber davon abhält, zu zeigen, was er schreibt.
Schreiben heißt Träume in eine zugängliche Form bringen, heißt eine äußere Welt erschaffen als sichtbare Belohnung [?] unserer schöpferischen Wesensart. Veröffentlichen heißt diese äußere Welt anderen geben; aber wozu, wenn die ihnen und uns gemeinsame Außenwelt die wirkliche »Außenwelt« ist, die stoffliche, sichtbare, greifbare Welt? Doch was haben die anderen mit dem Universum in mir zu tun?