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7. 4. 1933


Ich war ein Fremder in ihrer Mitte, dennoch bemerkte es keiner. Ich lebte als Spion unter ihnen, und keiner, nicht einmal ich, schöpfte Verdacht. Alle hielten mich für einen Verwandten: Keiner wußte, daß man mich bei meiner Geburt vertauscht hatte. So war ich den anderen gleich, ohne ihnen ähnlich zu sein, war ihr aller Bruder, ohne zur Familie zu gehören.

Ich kam aus wunderbaren Ländern, aus Landschaften, schöner als das Leben, doch von den Ländern habe ich keinem je erzählt, außer mir selbst, und die Landschaften aus meinen Träumen habe ich keinem je beschrieben. Meine Schritte klangen wie die ihren auf Dielen und Fliesen, doch mein Herz war fern, auch wenn es nahe schlug, falscher Herr über einen Körper, verstoßen und fremd.

Keiner erkannte mich unter der Maske der Gleichheit, keiner erfuhr je, daß ich eine Maske trug, denn keiner wußte, daß es in dieser Welt Menschen mit Masken gibt; keiner ahnte, daß neben mir stets ein anderer stand, der letztlich ich selber war. Sie hielten mich immer für mich.

Ihre Häuser gewährten mir Unterkunft, ihre Hände schüttelten die meine, sie sahen mich durch die Straßen gehen, als ginge ich dort wirklich; doch ich war nie der, der ich bin, in ihren Räumen; der, dessen Leben ich lebe, hat keine Hände, die andere schütteln könnten; der, als den ich mich kenne, geht durch keine Straße, es sei denn durch alle Straßen, und man sieht ihn dort nicht, es sei denn, er selbst wäre alle anderen.

Wir alle leben fern und namenlos; verkleidet leiden wir als Unerkannte. Einigen jedoch wird dieser Abstand zwischen dem einen und dem anderen Sein nie deutlich; anderen wird er, zu ihrem Entsetzen oder Kummer, gelegentlich hellauf bewußt, wie durch einen nicht endenden Blitz; für andere wieder ist er schmerzlicher und alltäglicher Bestand ihres Lebens.

Zu erkennen, daß, wer wir sind, nicht in unserer Hand liegt, daß, was wir denken und fühlen, stets eine Übersetzung ist, daß, was wir wollen, wir nicht nicht gewollt haben und vielleicht auch sonst keiner – dies alles in jeder Minute zu wissen, in jedem Gefühl zu fühlen, heißt das nicht fremd in der eigenen Seele sein, verbannt in den eigenen Wahrnehmungen?

Doch die Maske, die ich reglos beobachtete, als sie in dieser letzten Karnevalsnacht an der Straßenecke mit einem Unmaskierten sprach, streckte schließlich die Hand aus und verabschiedete sich lachend. Der Mensch ohne Maske ging nach links durch die Gasse an deren Ecke ich stand. Die Maske – ein einfallsloser Domino – zog weiter und entfernte sich durch ein Wechselspiel von Licht und Schatten in einem endgültigen Abschied, fremd meinen Gedanken. Da erst bemerkte ich, daß auf der Straße noch anderes war als brennende Laternen, dort nämlich, wo sie nicht waren, verbreitete ein matter Mond sein trübes Licht, heimlich, stumm und voller Nichts wie das Leben …


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