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Als das Christentum wie eine Sturmnacht, auf die der Tag folgt, über die Seelen hinwegfegte, spürte man die Zerstörung, die es unsichtbar anrichtete, ihr ganzes Ausmaß aber sah man erst, als es bereits vorüber war. Einige meinten, der eigentliche Schaden sei durch sein Verschwinden entstanden; doch den Schaden hat es nur offenbart und nicht verursacht.

Und so blieb in dieser Welt der Seelen der Schaden sichtbar und das Unglück offensichtlich, und keine Nacht deckte sie zu mit falscher Liebe. Die Seelen sahen sich, wie sie waren.

Daraufhin befiel die noch jungen Seelen jene Romantik genannte Krankheit, jenes Christentum ohne Illusionen, ohne Mythen, nackt und im Wesen dürr und krank.

In all ihrem Elend verwechselt die Romantik das, was wir benötigen, mit dem, was wir uns wünschen. Wir alle benötigen Dinge, die für das Leben, seine Erhaltung und seinen Fortbestand unerläßlich sind; wir alle wünschen uns ein vollkommeneres Leben, das Glück schlechthin, die Erfüllung unserer Träume und […]

Es ist menschlich zu wollen, was wir benötigen, und ebenso menschlich zu wünschen, was wir nicht benötigen, was uns aber wünschenswert erscheint. Krankhaft hingegen ist, wenn wir uns, was wir benötigen und was uns wünschenswert erscheint, gleich inständig wünschen und an der mangelnden Vollkommenheit leiden, als mangele es uns an Brot. Das genau ist das Elend der Romantik: sie will nach dem Mond greifen – als ließe er sich herunterholen.


»Man kann einen Kuchen nicht essen und gleichzeitig bewahren.«


Ob in den niederen Sphären der Politik oder im Innersten unserer Seele – überall das gleiche Elend.


Der Heide in der realen Welt wußte nichts von diesem krankhaften Wesen der Dinge und seiner selbst. Da er Mensch war, wünschte er sich ebenfalls das Unmögliche; doch er forderte es nicht. Seine Religion war […], und nur in den Herzkammern des Mysteriums und nur an die Initiierten, fern dem gemeinen Volk und den […], wurde das Wissen um die transzendenten Dinge der Religionen weitergegeben, sie füllen die Seele mit der Leere der Welt.


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