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26. 7. 1934


Jeder gesunde Geist glaubt an Gott. Kein gesunder Geist glaubt an einen klar bestimmten Gott. Ein zugleich existentes und unmögliches Wesen lenkt alles, dessen Person, falls es sie denn hat, niemand bestimmen kann; dessen Absichten, falls es solche hat, niemand ergründen kann. Indem wir dieses Wesen Gott nennen, sagen wir alles, da wir mit dem Wort Gott, das keinen genauen Sinn hat, Gott bestätigen, ohne etwas zu besagen. Die Attribute unendlich, ewig, allmächtig, allgerecht oder allgütig, die wir ihm zuweilen beifügen, entfallen, wie alle unnötigen Adjektive, von allein, sofern das Substantiv ausreicht. Und Er, der, da Er unbestimmt ist, keine Attribute haben kann, ist aus eben diesem Grund das absolute Nomen.

Und die gleiche Gewißheit und die gleiche Unbestimmtheit haften dem Überleben der Seele an. Wir alle wissen, daß wir sterben; wir alle fühlen, daß wir nicht sterben werden. Nicht eigentlich ein Wunsch oder eine Hoffnung weckt in uns die dunkle Ahnung, daß der Tod ein Mißverständnis ist, sondern vielmehr eine in unserem Innersten angestellte Überlegung, eine Weigerung […]


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