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Jede Verschiebung der gewohnten Stunden bringt dem Geist stets eine kalte Neuheit, ein leicht unbehagliches Vergnügen. Wer daran gewöhnt ist, sein Büro um sechs zu verlassen, und zufällig um fünf gehen kann, erlebt ohne Zweifel einen geistigen Feiertag und fühlt schmerzlich, daß er nicht weiß, was er mit sich anstellen soll.

Gestern verließ ich um vier das Büro, ich hatte etwas zu erledigen an einem entlegenen Ort, und um fünf hatte ich diesen entlegenen Auftrag ausgeführt. Zu dieser Stunde bin ich für gewöhnlich nicht unterwegs und befand mich daher in einer anderen Stadt. Das langsame Licht auf den bekannten Häuserfassaden schimmerte unerquicklich sanft, und die Passanten von eh und je gingen an mir in der fremd gewordenen Stadt vorüber, Matrosen, die gestern abend von ihrem Geschwader an Land gegangen waren.

Das Büro mußte um diese Zeit noch geöffnet sein. Ich kehrte dorthin zurück, zum begreiflichen Staunen der Kollegen, von denen ich mich schon verabschiedet hatte. Wie, noch einmal zurück? Jawohl, zurück. Dort, unter all den anderen, die für mich geistig nicht existierten, war ich frei, mußte nicht fühlen … Das Büro war in gewisser Weise mein Heim, das heißt der Ort, an dem man nicht fühlt.


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