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5. 2. 1932


Ich habe Kopf- und Weltschmerz. Körperliche Schmerzen, spürbar schmerzhafter als moralische, schlagen sich im Geist nieder und lösen dort ihnen fremde Tragödien aus. Sie bewirken eine solch umfassende Ungeduld mit allem, daß nicht einmal die Sterne von ihr ausgenommen sind.

Die illegitime Auffassung, wonach wir als Seelen die Folgen eines materiellen, Hirn genannten Dings sind, das wiederum einem anderen materiellen, Schädel genannten Ding entstammt und innewohnt, kann ich nicht teilen, habe ich nie geteilt und werde ich wohl auch nie teilen können. Ich kann kein Materialist sein, wie man dies meines Erachtens nennt, denn ich kann keine klare, oder genauer, sichtbare Verbindung herstellen zwischen einer sichtbaren Masse grauer oder andersfarbiger Materie und diesem Etwas, das hinter meinem Blick die Himmel sieht und denkt, und sich Himmel vorstellt, die es nicht gibt. Doch auch wenn ich nie in den Abgrund der Annahme stürzen kann, ein Ding könne nur deshalb ein anderes sein, weil sich beide an derselben Stelle befinden, wie etwa eine Wand und mein Schatten auf der Wand, oder daß die Abhängigkeit der Seele vom Gehirn größer sei als meine Abhängigkeit von einem Gefährt, wenn ich mich fortbewegen will, so glaube ich doch, daß zwischen dem, was in uns reiner Geist ist, und dem, was in uns der Geist des Körpers ist, eine soziale Beziehung besteht, aufgrund derer es zu Streit kommen kann. Und im allgemeinen ist es die gewöhnlichere von zwei Personen, die damit beginnt.

Ich habe heute Kopfschmerzen, vielleicht kommt es vom Magen. Doch ist der Schmerz einmal vom Magen in den Kopf gelangt, unterbricht er mich in den Gedanken, die ich hinterrücks in meinem denkenden Gehirn anstelle. Wer mir die Augen zuhält, macht mich nicht blind, und doch hindert er mich am Sehen. Und daher empfinde ich jetzt, da mich der Kopf schmerzt, nichts wert- oder würdevoll an diesem Schauspiel, das sich mir, in diesem absurden, eintönigen Augenblick, in diesem Außen bietet, das ich kaum als Welt ansehen möchte. Ich habe Kopfschmerzen, und das heißt, ich weiß, daß mich die Materie beleidigt hat, und wie immer, wenn man mich beleidigt, empöre ich mich, und es dauert nicht lange, und ich lege mich mit allen an, einschließlich derer, die mir nahestehen und mich daher nicht beleidigt haben.

Ich möchte sterben, zumindest zeitweilig, doch das, wie gesagt, nur weil ich Kopfschmerzen habe. Aber just in diesem Augenblick kommt mir in den Sinn, mit wieviel mehr Noblesse dies ein großer Prosastilist sagen würde. Er würde Satz für Satz das namenlose Leid der Welt benennen; seine sinnenden Augen ersännen Passage um Passage die vielfältigen menschlichen Dramen dieser Erde, und beim Pochen fiebriger Schläfen entstünde auf dem Papier eine umfassende Metaphysik des Unglücks. Mir jedoch fehlt der stilistische Adel. Ich habe Kopfschmerzen, weil mich der Kopf schmerzt. Ich habe Weltschmerz, weil mich der Kopf schmerzt. Doch die Welt, die mich wirklich schmerzt, ist nicht die wahre Welt, diejenige, die existiert, weil sie nicht weiß, daß ich existiere, sondern diese andere Welt, die nur mir gehört, die mich, wenn ich mir mit den Händen durchs Haar fahre, fast fühlen läßt, daß mein Haar nur leidet, damit ich leide.


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