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Etwas schreiben und es anschließend als schlecht erkennen ist eine der großen seelischen Tragödien. Und sie ist besonders groß, wenn man einsehen muß, daß dieses Werk das bestmögliche ist. Doch wenn man sich an ein Werk macht, im voraus wissend, daß es fehlerhaft und verfehlt sein wird, und beim Schreiben selbst sieht, daß dem auch so ist, so stellt dies den Gipfel geistiger Qual und Erniedrigung dar. Ich empfinde nicht nur die Verse, die ich augenblicklich schreibe, als nicht zufriedenstellend, sondern ich weiß auch, daß meine künftigen Verse mich ebensowenig zufriedenstellen werden. Dies verdanke ich einem philosophischen wie körperlichen Wissen, einer dunklen, gladiolengeschmückten Einsicht.
Warum also schreibe ich? Weil ich, der Prediger des Verzichts, noch nicht gelernt habe, ihn voll und ganz zu üben. Ich habe noch nicht gelernt, meiner Neigung zu Vers und Prosa zu entsagen. Ich muß schreiben, als müßte ich eine Strafe verbüßen. Und meine größte Strafe besteht im Wissen, daß, was immer ich schreibe, nichtig, verfehlt und ungewiß sein wird.
Bereits als Kind habe ich Verse geschrieben. Und so schlecht sie auch waren, ich hielt sie für vollkommen. Nie wieder werde ich das trügerische Vergnügen erleben, ein vollkommenes Werk zu schaffen. Was ich heute schreibe, ist weitaus besser. Es ist sogar besser, als manch einer der Besten schreiben könnte. Und doch bleibt es unendlich weit hinter dem zurück, was ich, nicht wissend warum, fühle, daß ich es schreiben könnte oder meinethalben auch sollte. Ich weine über meine schlechten Kindheitsverse wie über ein totes Kind, einen toten Sohn oder eine letzte entschwundene Hoffnung.