Tränen geradezu zu ertrinken; sie wurde von Schluchzen geschüttelt und barg das vom Weinen verschwollene hübsche Gesichtchen an Sonjas Schulter.

»Wie gemein!« ließ sich plötzlich eine laute Stimme in der Tür vernehmen. Pjotr Petrowitsch blickte sich rasch um.

»Was für eine Gemeinheit!« wiederholte Lebesjatnikow, der ihm starr in die Augen sah.

Pjotr Petrowitsch schien geradezu zusammenzuschrecken. Alle bemerkten das und erinnerten sich später daran. Lebe-sjatnikow trat ins Zimmer.

»Und Sie wagen es, mich als Zeugen aufzurufen?« sagte er und ging auf Pjotr Petrowitsch zu.

»Was soll das heißen, Andrej Semjonowitsch? Wovon spre-chen Sie?« murmelte Luschin.

»Das soll heißen, daß Sie ... ein Verleumder sind; das will ich damit sagen!« erwiderte Lebesjatnikow heftig, wäh-rend er Luschin mit seinen kurzsichtigen kleinen Augen streng musterte. Er war furchtbar zornig. Raskolnikow konnte den Blick gar nicht von ihm wenden, als müßte er Andrej Semjonowitsch jedes Wort von den Lippen ablesen und es prüfen. Wiederum herrschte Schweigen. Pjotr Petrowitsch war ziemlich verwirrt, besonders im ersten Moment.

»Wenn Sie so etwas mir ...« begann er stockend. »Aber was haben Sie denn nur? Haben Sie den Verstand ver-loren?«

»Ich bin durchaus bei Verstand; aber Sie sind ein ... Be-trüger! Ach, wie gemein das ist! Ich habe alles gehört, was Sie gesagt haben; absichtlich habe ich gewartet, um das Ganze zu begreifen; denn offengestanden ist mir die Sache bis jetzt noch nicht recht klar. Ich verstehe nicht, weshalb Sie das getan haben.«

»Ja, was habe ich denn getan? Hören Sie doch endlich auf, in so blödsinnigen Rätseln zu sprechen! Oder sind Sie etwa betrunken?«

»Sie trinken vielleicht, Sie gemeiner Mensch, aber ich trinke nicht! Ich trinke überhaupt nie Schnaps, weil das meinen Über-zeugungen widerspricht! Stellen Sie sich nur vor, meine Herrschaften: er, er selber hat Sofja Semjonowna mit eigenen

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