Ihrem Besuch entdeckte, eine mir gehörende Banknote im Wert von hundert Rubel verschwunden. Falls Sie wissen soll-ten und uns sagen könnten, wo dieser Geldschein jetzt ist, dann soll die Angelegenheit damit bereinigt sein. Darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort, und ich rufe alle Anwesenden da-für zu Zeugen auf. Im gegenteiligen Fall sähe ich mich leider gezwungen, höchst ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen ... die Folgen hätten Sie sich selbst zuzuschreiben.«

Tiefes Schweigen herrschte in dem Zimmer. Sogar die weinenden Kinder waren still geworden. Sonja stand toten-blaß da, starrte auf Luschin und vermochte nichts zu antwor-ten. Sie schien gar nicht begriffen zu haben, was er wollte. Einige Sekunden verstrichen.

»Nun also, wie steht die Sache?« fragte Luschin und sah sie unverwandt an.

»Ich weiß nicht ... ich weiß von nichts ...« stieß Sonja endlich mit matter Stimme hervor.

»Nein? Sie wissen von nichts?« fragte Luschin und schwieg abermals einige Sekunden. »Denken Sie nach Mademoiselle«, fügte er dann streng hinzu, als wollte er ihr gut zureden; »überlegen Sie sich's genau; ich bin bereit, Ihnen noch eine Bedenkzeit zu geben. Sehen Sie, wenn ich meiner Sache nicht so sicher wäre, würde ich es bei meiner Erfahrung selbstver-ständlich nicht wagen, Sie so geradeheraus zu beschuldigen; denn sollte eine so unmittelbare und öffentliche Beschuldigung falsch sein oder auf einem Irrtum beruhen, müßte ich ja dafür geradestehen. Das ist mir sehr wohl bekannt. Heute morgen habe ich für meine persönlichen Bedürfnisse einige fünfpro-zentige Wertpapiere im Nennwert von dreitausend Rubel verkauft. Die Abrechnung habe ich mir notiert, sie befindet sich in meiner Brieftasche. Als ich nach Hause kam, zählte ich - Andrej Semjonowitsch kann das bezeugen – das Geld nach, und nachdem ich zweitausenddreihundert Rubel gezählt hatte, steckte ich das Geld in meine Brieftasche und die Brief-tasche in die Seitentasche meines Rocks. Auf dem Tisch blie-ben ungefähr fünfhundert Rubel in Banknoten liegen, dar-unter drei Hundertrubelscheine. In diesem Augenblick kamen Sie herein – auf meine Bitte hin –, und die ganze Zeit, die

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