worden vor Sorgen und Kummer, und dennoch war dieses Antlitz sehr schön. Es war das Porträt Dunjetschkas, nur zwanzig Jahre älter und ohne jenen charakteristischen Aus-druck der Unterlippe, die bei Pulcheria Alexandrowna nicht vortrat ... Pulcheria Alexandrowna war gefühlvoll, aber nicht sentimental; sie war schüchtern und nachgiebig, aber nur bis zu einem gewissen Grad: sie konnte vieles nachsehen, sich mit vielen Dingen, sogar mit solchen, die ihrer Überzeugung widersprachen, abfinden, doch immer gab es eine Linie der Ehrenhaftigkeit, der Grundsätze und der Überzeugungen, eine äußerste Linie, die zu überschreiten keinerlei Umstände sie bewegen konnten.

Genau zwanzig Minuten, nachdem Rasumichin weggegan-gen war, wurde zweimal leise, aber hastig an die Tür ge-klopft; er war zurückgekommen.

»Ich gehe gar nicht hinein, ich habe keine Zeit!« sagte er rasch, als ihm geöffnet wurde. »Er schläft wie ein Bär; er schläft vortrefflich und ruhig; gebe Gott, daß er zehn Stun-den so weiterschläft. Nastasja sitzt bei ihm; ich habe ihr be-fohlen, nicht wegzugehen, bis ich zurückkomme. Jetzt hole ich Sosimow; er wird Ihnen berichten, und dann können auch Sie sich aufs Ohr legen; ich sehe ja, Sie sind völlig er-schöpft ...«

Und er lief schon wieder den Korridor hinunter. »Was für ein gewandter und ... ergebener junger Mann!« rief Pulcheria Alexandrowna ganz begeistert.

»Wie es scheint, ein prächtiger Mensch!« erwiderte Awdotja Romanowna eifrig und begann dann wieder im Zimmer auf und ab zu wandern.

Nach fast einer Stunde erklangen wiederum Schritte im Kor-ridor, und es wurde abermals geklopft. Beide Frauen hatten diesmal in der festen Überzeugung gewartet, daß Rasumichin sein Versprechen halten werde; und wirklich, es war ihm ge-lungen, Sosimow mitzubringen. Sosimow hatte sich sogleich bereit erklärt, das Gelage zu verlassen und nach Raskolnikow zu sehen, doch zu den Damen war er nur ungern und voll Mißtrauen gegangen, da er dem betrunkenen Rasumichin nicht glaubte. Seine Eitelkeit war sofort beruhigt, und es wurde

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