musterte ihn aufmerksam, böse und mißtrauisch. Es verstrich etwa eine Minute; er hatte sogar das Gefühl, in ihren Augen eine Art Hohn zu erkennen, als hätte sie alles schon durch-schaut. Er merkte, wie er verwirrt wurde, wie ihn die Furcht übermannte, eine solche Furcht, daß er, hätte sie ihn noch eine halbe Minute so angestarrt und kein Wort gesprochen, vor ihr davon gelaufen wäre.

»Aber was schauen Sie denn so, als ob Sie mich nicht kennten?« stieß er, plötzlich ebenfalls zornig, hervor. »Wenn Sie wollen, nehmen Sie das Pfand; wenn nicht, muß ich zu jemand anderem gehen; ich habe wenig Zeit.«

Er hatte das gar nicht sagen wollen; die Worte kamen ihm wie von selbst über die Lippen.

Die alte Frau beruhigte sich, der feste Ton des Besuchers ermutigte sie sichtlich.

»Warum kommst du denn so plötzlich, mein Lieber ... was ist das?« fragte sie und blickte auf das Pfand.

»Eine silberne Zigarettendose – ich habe es Ihnen doch das letztemal schon gesagt.«

Sie streckte die Hand aus.

»Was bist du denn so blaß? Auch die Hände zittern! Fastest du etwa, mein Bester?«

»Fieber habe ich«, antwortete er stockend. »Da wird man blaß, ob man will oder nicht ... wenn man nichts zu essen hat«, setzte er hinzu; es war kaum zu verstehen, was er sagte. Die Kräfte verließen ihn wieder. Aber seine Antwort klang einleuchtend; die Alte nahm das Pfand.

»Was ist das?« fragte sie, während sie Raskolnikow noch einmal mit starrem Blick musterte und das Pfand in der Hand wog.

»Eine silberne ... Sache ... eine Zigarettendose ... sehen Sie sie sich an.«

»Hm, es kommt mir gar nicht so vor, als wäre das aus Silber ... Ach, hast du das verschnürt!«

Während sie sich bemühte, den Bindfaden aufzukno-ten, drehte sie sich zum Fenster um, dem Licht zu – sie hatte trotz der Hitze alle Fenster in der Wohnung geschlossen –; sie kümmerte sich einige Sekunden lang überhaupt nicht um

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