ihr in die Tasche, wobei er Obacht gab, daß er sich nicht mit dem Blut beschmierte – griff in ebenjene rechte Tasche, aus der sie das letztemal die Schlüssel genommen hatte. Er war bei vollem Verstand; er spürte keine Schwäche und keinen Schwindel mehr; doch seine Hände zitterten noch immer. Später erinnerte er sich, daß er sogar sehr sorgsam und vor-sichtig zu Werke ging und die ganze Zeit aufpaßte, daß er sich nicht mit Blut besudelte ... Die Schlüssel fand er sofort; alle hingen sie so wie damals zusammen in einem Bund an einem stählernen Ring. Er eilte mit den Schlüsseln gleich in das Schlafgemach. Das war ein sehr kleiner Raum mit einer riesi-gen Ikonenwand an der einen Seite. An der anderen Wand stand ein großes Bett, sehr sauber, mit einer aus Flicken zu-sammengenähten, wattierten Seidendecke. An der dritten Wand stand die Kommode. Sonderbar: sobald er die Schlüssel an der Kommode auszuprobieren begann, sobald er ihr Klir-ren hörte, krampfte sich ihm gleichsam der ganze Körper zusammen. Plötzlich packte ihn wieder das Verlangen, alles liegen und stehen zu lassen und fortzueilen. Doch das dauerte nur einen Augenblick; es war zu spät, um wegzugehen. Er lachte sogar über sich selbst, als ihn plötzlich ein anderer beunruhigender Gedanke überfiel. Es war ihm auf einmal so gewesen, als könnte die Alte vielleicht noch leben und noch einmal zu Bewußtsein kommen. Er ließ Schlüssel und Kom-mode, lief zu der Toten zurück, packte das Beil und holte noch einmal gegen sie aus, aber er schlug nicht zu. Es konnte keinen Zweifel geben, sie war tot. Als er sich bückte und sie wieder aus der Nähe betrachtete, sah er deutlich, daß der Schädel zerschmettert und sogar ein wenig seitlich ver-schoben war. Er wollte sie mit dem Finger berühren, aber er riß die Hand zurück; es war ja auch so alles klar. In-dessen hatte sich schon eine richtige Blutlache gebildet. Plötz-lich entdeckte er am Hals der Toten eine Schnur und zog daran, aber die Schnur war fest und riß nicht; zudem war sie ganz von Blut durchtränkt. Er versuchte die Schnur unter dem Kleid herauszuziehen, aber irgend etwas hatte sich ver-hängt. Ungeduldig holte er abermals mit dem Beil aus, um ohne weitere Umstände die Schnur oben am Körper der

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