»Das ist doch jene Alte«, fuhr Raskolnikow in dem gleichen Flüstern fort, ohne sich bei dem Ausruf Sametows auch nur zu rühren, »von der Sie damals im Revier, wie Sie sich er-innern werden, erzählten; ich fiel dabei in Ohnmacht. Nun, verstehen Sie jetzt?«

»Was soll das? Was meinen Sie ... mit ,verstehen'?« fragte Sametow, der allmählich unruhig wurde.

Das unbewegliche, ernste Gesicht Raskolnikows verwan-delte sich mit einem Schlag, und er brach plötzlich wieder in das gleiche nervöse Lachen aus wie vorhin, als wäre er völlig außerstande, sich zusammenzunehmen. Und schlagartig er-innerte er sich mit außerordentlicher Klarheit daran, was er in jener Minute vor wenigen Tagen empfunden hatte, als er mit dem Beil in der Hand hinter der Tür stand, während der Riegel hüpfte, die Leute draußen fluchten und an der Türe rüttelten, und als er plötzlich Lust bekam, sie anzuschreien, sie zu beschimpfen, ihnen die Zunge herauszustrecken, sie zu verhöhnen und zu lachen, laut, laut, laut zu lachen!

»Sie sind entweder verrückt oder ...« nahm Sametow das Gespräch wieder auf und hielt dann inne, als hätte ihn ein plötzlicher, unversehens aufgetauchter Gedanke betroffen gemacht.

»Oder? Was – ,oder'? Nun? Na, sagen Sie es doch!«

»Nichts!« antwortete Sametow zornig. »Das ist alles Un-sinn!«

Beide verstummten. Nach dem jähen Lachanfall war Ras-kolnikow auf einmal nachdenklich und traurig geworden. Er stützte die Ellbogen auf den Tisch und hielt sich den Kopf. Es schien, als hätte er Sametow ganz vergessen. Das Schweigen dauerte ziemlich lange.

»Warum trinken Sie Ihren Tee nicht? Er wird kalt«, sagte Sametow.

»Was? Wie? Der Tee? ... Bitte sehr ...« Raskolnikow nahm einen Schluck aus dem Glas, steckte ein Stück Brot in den Mund, sah Sametow an und schien sich plötzlich an alles zu erinnern und sich gleichsam aufzuraffen; doch im selben Augenblick nahm sein Gesicht wieder den alten spöttischen Ausdruck an. Er trank noch einen Schluck Tee.

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