Er holte mit seinem Stöckchen aus. Mit geballten Fäusten stürzte Raskolnikow auf ihn zu, ohne auch nur daran zu denken, daß dieser kraftstrotzende Mann sogar mit zwei Leuten wie ihm fertigwerden konnte. Doch im gleichen Augenblick packte ihn jemand fest von hinten – zwischen die beiden trat ein Schutzmann.

»Lassen Sie das, meine Herren, prügeln Sie sich doch nicht auf offener Straße. – Was wollen Sie? Wer sind Sie?« wandte er sich dann streng an Raskolnikow und musterte dessen Lumpen.

Raskolnikow betrachtete ihn aufmerksam. Der Mann hatte ein wackeres Soldatengesicht mit grauem Schnurr- und Bak-kenbart und sah vernünftig aus.

»Sie brauche ich gerade«, rief er, während er den Schutz-mann am Arm faßte. »Ich bin ehemaliger Student, Raskolni-kow mit Namen ... das können auch Sie hören«, wandte er sich an den fremden Herrn; »aber Sie, kommen Sie; ich will Ihnen etwas zeigen ...«

Und er nahm den Schutzmann beim Arm und zog ihn zu der Bank.

»Da, sehen Sie, sie ist ganz betrunken; eben ging sie über den Boulevard – wer weiß, aus welchen Kreisen sie stammt; es sieht aber nicht so aus, als wäre sie eine Gewerbsmäßige. Höchstwahrscheinlich hat man sie irgendwo betrunken ge-macht und verführt ... zum erstenmal ... verstehen Sie? ... und sie dann so auf die Straße geschickt. Schauen Sie nur, wie zerrissen ihr Kleid ist; sehen Sie bloß, wie sie ange-zogen ist: irgend jemand hat sie angekleidet, nicht sie selber; und das waren ungeschickte Hände, Männerhände. Das sieht man. Und jetzt schauen Sie dorthin: dieser Stutzer, mit dem ich mich gerade schlagen wollte, ist mir unbekannt; ich bin ihm eben zum erstenmal begegnet; aber auch er hat sie jetzt auf der Straße bemerkt, wie sie betrunken, besinnungslos ihres Weges ging, und jetzt möchte er furchtbar gerne zu ihr, sie packen – da sie ja in einem solchen Zustand ist – und sie irgendwohin führen ... Ganz gewiß ist es so; Sie müssen mir glauben, ich irre mich bestimmt nicht. Ich habe selbst ge-sehen, wie er sie beobachtete und ihr folgte; nur habe ich ihn

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