Aber ist das wirklich wahr? dachte er weiter. Wird sich denn auch dieses Geschöpf, das noch die ganze Lauterkeit seines Gemüts bewahrt hat, schließlich in diese widerliche, stinkende Grube hineinziehen lassen? Ist sie vielleicht schon auf dem Wege dazu, und hat sie nur deshalb durchhalten können, weil das Laster für sie seine Schrecken verloren hat? Nicht doch, nicht doch, das kann ja nicht sein! dachte er, wie es vorhin Sonja ausgedrückt hatte. Nein, vom Kanal wurde sie bis jetzt durch den Gedanken an die Sünde und an sie, an jene abgehalten ... Wenn sie bis jetzt noch nicht verrückt geworden ist ... Aber wer sagt denn, daß sie nicht schon verrückt ist? Ist sie denn noch bei klarem Verstand? Kann man dann so sprechen wie sie? Kann man bei klarem Ver-stand so denken wie sie? Kann man am Rande des Verder-bens stehen, am Rand der stinkenden Grube, in die sie bereits hineingezogen wird, und mit den Händen abwehren und sich die Ohren zuhalten, wenn jemand über die Gefahr spricht? Was will sie nur? Wartet sie auf ein Wunder? Ganz gewiß! Sind das etwa nicht die ersten Zeichen des Wahn-sinns?

Hartnäckig verbohrte er sich in diesen Gedanken. Eine solche Erklärung leuchtete ihm sogar mehr ein als jede andere. Er musterte sie aufmerksam.

»Du betest also viel, Sonja?« fragte er endlich.

Sonja schwieg; er stand neben ihr und wartete auf ihre Antwort.

»Was wäre ich ohne Gott?« flüsterte sie dann rasch und mit Nachdruck, während sie ihn mit aufblitzenden Augen schnell ansah und ihm fest die Hand drückte.

Tatsächlich, es ist so! dachte er.

»Und was tut Gott für dich?« fragte er, um sie weiter aus-zuforschen.

Sonja schwieg lange Zeit, als brächte sie es nicht fertig zu antworten. Ihre zarte Brust hob und senkte sich vor Erre-gung.

»Schweigen Sie! Fragen Sie nicht! Sie sind es nicht wert! ...« rief sie auf einmal und funkelte ihn streng und zornig an.

Es ist so! Es ist so! wiederholte er im stillen.

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