Der Fremde blieb auf der Schwelle stehen, blickte Ras-kolnikow schweigend an und tat einen Schritt ins Zimmer. Er sah genauso aus wie gestern – dieselbe Gestalt, dieselbe Kleidung –, aber sein Gesicht und sein Blick hatten sich völ-lig verwandelt: er schaute jetzt seltsam bedrückt drein, blieb eine Weile stehen und seufzte tief. Es fehlte nur noch, daß er die flache Hand an die Wange gelegt und den Kopf zur Seite geneigt hätte, und er hätte aufs Haar einem Bauernweib ge-glichen.

»Was wollen Sie?« fragte Raskolnikow, bis ins Mark getroffen.

Der Mann schwieg, und plötzlich verneigte er sich tief vor ihm, fast bis zur Erde. Zumindest berührte er mit den Fin-gern der rechten Hand den Fußboden.

»Was wollen Sie?« rief Raskolnikow.

»Ich bitte Sie um Verzeihung«, antwortete der Mann leise.

»Wofür?«

»Für meine bösen Gedanken.«

Beide blickten einander an.

»Ich hatte mich geärgert. Als Sie damals kamen, vielleicht im Rausch, und die Hausknechte aufforderten, mit aufs Polizeirevier zu gehen, und als Sie nach dem Blut fragten, da ärgerte ich mich, daß man Sie laufen ließ und für einen Betrunkenen hielt. Ich ärgerte mich so, daß ich nicht schlafen konnte. Und da ich mir Ihre Adresse gemerkt hatte, kam ich gestern hierher und fragte ...«

»Wer kam her?« unterbrach ihn Raskolnikow, der sich zu erinnern begann.

»Ich; das heißt, ich habe Sie beleidigt.«

»Sie wohnen also in jenem Hause?«

»Ja; damals stand ich mit den anderen im Torgang, oder haben Sie das schon vergessen? Ich habe dort auch meine Werkstatt, seit langem schon. Ich bin Kürschner, ein Klein-bürger, und arbeite zu Haus... Ich ärgerte mich so ...«

Plötzlich entsann sich Raskolnikow deutlich der ganzen Szene, die sich vorgestern in dem Torweg abgespielt hatte; er erinnerte sich, daß damals außer den Hausknechten noch einige andere Leute, auch Frauen, da gestanden hatten. Es fiel

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