hören, Banknoten; da wird in Moskau eine ganze Gesellschaft ausgehoben, die Lose der letzten Prämienanleihe gefälscht hat, und unter den Hauptschuldigen befindet sich ein Professor für Weltgeschichte; da wird aus rätselhaften finanziellen Gründen einer unserer Botschaftssekretäre im Ausland er-mordet ... Und wenn jetzt diese alte Wucherin von jeman-dem aus den höheren Gesellschaftskreisen umgebracht wurde – denn Bauern verpfänden doch keine goldenen Wert-sachen –, womit kann man dann diese gewisse Verderbtheit des zivilisierten Teiles unserer Gesellschaft erklären?«

»Es hat viele wirtschaftliche Umwälzungen gegeben ...« entgegnete Sosimow.

»Womit man das erklären soll?« griff Rasumichin Pjotr Petrowitschs Worte auf. »Man könnte es vielleicht mit allzu stark eingewurzelter Untüchtigkeit erklären.«

»Wie meinen Sie das, bitte?«

»Was hat dieser Professor in Moskau auf die Frage, war-um er Wertpapiere gefälscht habe, geantwortet? ,Alle be-reichern sich auf die verschiedenste Art und Weise, und so wollte auch ich möglichst rasch reich werden!' Ich entsinne mich nicht genau des Wortlautes, aber der Sinn war der, daß er sich möglichst rasch und mühelos auf fremde Kosten be-reichern wollte! Die Leute sind gewohnt, aus dem vollen zu leben, alles fertig vorgesetzt zu bekommen, Vorgekautes zu essen. Nun, und wenn dann die große Stunde geschlagen hat, trachtet jeder, an sich zu reißen, was ihm vor Augen kommt ...«

»Aber die Moral? Die Grundsätze sozusagen? ...«

»Warum zerbrechen Sie sich darüber den Kopf?« mischte sich Raskolnikow unerwartet ein. »Das entspricht doch Ihrer eigenen Theorie!«

»Wieso meiner Theorie?«

»Denken Sie das, was Sie vorhin gepredigt haben, bis in die letzten Konsequenzen durch, und das Ergebnis ist, daß man Menschen abschlachten darf ...«

»Aber ich bitte Sie!« rief Luschin.

»Nein, so ist es nicht!« widersprach auch Sosimow.

Raskolnikow lag blaß da; seine Oberlippe zitterte, und er atmete mühsam.

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