Lenja, wohin wollt ihr?« schrie sie plötzlich erschrocken. »Oh, diese dummen Kinder! Kolja, Lenja, wo lauft ihr denn hin! ...«

Kolja und Lenja, ganz verstört durch die Menschen, die sich um sie drängten, und durch die Ausfälle ihrer wahnsin-nigen Mutter, hatten sich, als sie schließlich den Polizisten sahen, der sie festnehmen und irgendwohin abführen wollte, wie auf Verabredung plötzlich bei den Händen gefaßt und zu laufen angefangen. Heulend und weinend rannte ihnen die arme Katerina Iwanowna nach. Es war ein gräßlicher und erbarmenswerter Anblick, wie sie da lief, weinte und keuchte. Sonja und Poljetschka eilten hinter ihr her.

»Bring sie zurück, Sonja, bring sie zurück! Oh, diese dum-men, undankbaren Kinder! ... Polja! hole sie .. . euretwegen habe ich doch . . .«

Sie stolperte und stürzte hin.

»Sie hat sich blutig geschlagen! O Gott!« rief Sonja, die sich über sie beugte.

Alle liefen zusammen und drängten sich um sie. Raskolni-kow und Lebesjatnikow waren unter den ersten; auch der Beamte war gleich zur Stelle, und ihm folgte der Schutzmann; er knurrte »Ach!« und machte eine Handbewegung, als ahnte er, daß diese Sache mit Scherereien enden werde.

»Weg! Weg!« schrie er, um die Leute, die herumstanden, auseinanderzutreiben.

»Sie stirbt!« rief jemand.

»Verrückt geworden ist sie!« sagte ein zweiter.

»O Herr, beschütze uns!« meinte eine Frau und schlug das Kreuz. »Haben sie das Mädchen und den Kleinen schon? Ja, da bringt man sie; die Älteste hat sie eingeholt ... Ach, diese unvernünftigen Kinder!«

Doch als man Katerina Iwanowna genauer untersuchte, zeigte sich, daß sie sich keineswegs an einem Stein blutig ge-schlagen hatte, wie Sonja geglaubt hatte, sondern daß sie aus der Lunge blutete. Das Pflaster war bereits ganz rot.

»Das kenne ich, ich habe so etwas schon gesehen«, meinte der Beamte flüsternd zu Raskolnikow und Lebesjatnikow. »Das ist so bei der Schwindsucht; da schießt das Blut hoch

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