erliegt im Augenblick seiner Tat irgendeinem Versagen des Willens und der Vernunft, an deren Stelle ein phänomenaler kindlicher Leichtsinn tritt, und zwar gerade dann, wenn Ver-nunft und Vorsicht am allernötigsten wären. Nach seiner Überzeugung lag die Sache so, daß diese Verdunklung des Verstandes und dieses Versagen des Willens den Menschen wie eine Krankheit befielen, sich allmählich entwickelten und kurze Zeit, ehe das Verbrechen begangen wurde, auf ihren Höhe-punkt gelangten; im Augenblick des eigentlichen Verbrechens oder noch etwas länger blieben sie auf diesem Höhepunkt, je nach der einzelnen Persönlichkeit, dann vergingen sie, wie irgendeine andere Krankheit vergeht. Die Frage war: Er-zeugt die Krankheit das Verbrechen, oder ist das Verbrechen selbst irgendwie seiner besonderen Natur nach immer von einer Art Krankheit begleitet? Diese Frage zu entscheiden, fühlte er sich noch nicht imstande.

Als er zu dieser Schlußfolgerung gekommen war, fand er, daß ihm persönlich bei seinem Vorhaben solche krankhaften Umwälzungen nicht zustoßen könnten. Er würde im vollen Besitz seines Verstandes und seines Willens bleiben, würde über sie verfügen können, während er seinen Plan in die Tat umsetzte, einzig weil das, was er plante, »kein Verbrechen« war ... Wir wollen jedoch den ganzen Prozeß beiseite lassen, durch den er zu dieser Entscheidung gekommen war; wir haben ohnedies schon allzusehr vorgegriffen. Wir möchten nur so viel hinzufügen, daß die faktischen, rein materiellen Schwierigkeiten dieser Sache in seinem Denken überhaupt eine höchst zweitrangige Rolle spielten. »Man braucht nur seinen ganzen Willen und seinen ganzen Verstand zu behal-ten, und die materiellen Schwierigkeiten werden zur rechten Zeit überwunden, wenn es gilt, sich mit allen Einzelheiten der Tat bis zu den unscheinbarsten Punkten vertraut zu machen ...« Aber die Tat wurde nicht in Angriff genommen. Immer weniger glaubte er an seine endgültigen Entschlüsse, und als die Stunde geschlagen hatte, kam alles ganz anders, irgendwie unversehens, ja, fast unerwartet.

Ein völlig unbedeutender Umstand trieb ihn in die Enge, noch ehe er die Treppe hinabgestiegen war. Als er zur Küche

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