unentwegt ins Gesicht sah, als hätte er nicht mehr die Kraft, seinen Blick abzuwenden. »Er wollte ... Lisaweta ... gar nicht töten ... er tötete sie ... aus Versehen ... er wollte die Alte töten ... als sie allein war ... und ging hin ... doch plötzlich kam Lisaweta ... und da hat er ... auch sie er-schlagen.«

Abermals verstrich eine grauenvolle Minute. Beide sahen einander an.

»Kannst du es denn nicht erraten?« fragte er plötzlich, und er hatte das Gefühl, als stürzte er sich von einem hohen Turm.

»N-n-nein«, flüsterte Sonja; ihre Stimme war kaum zu vernehmen.

»Sieh mich an!«

Und kaum hatte er das gesagt, ließ wieder jenes Gefühl, das er schon kannte, seine Seele zu Eis erstarren: er blickte sie an, und da war ihm mit einemmal, als erkennte er in ihrem Gesicht gleichsam das Gesicht Lisawetas. Mit greller Deutlich-keit sah er den Gesichtsausdruck Lisawetas vor sich, als er da-mals mit dem Beil auf sie zuging und sie vor ihm zur Wand zurückwich und die Hände vorstreckte, mit völlig kindlichem Entsetzen in den Zügen ... genauso wie kleine Kinder aus-sehen, wenn sie plötzlich vor irgend etwas Angst bekommen, regungslos, aber unruhig auf den Gegenstand starren, der sie ängstigt, zurückweichen, die Händchen vorstrecken und an-fangen wollen zu weinen. Fast das gleiche geschah jetzt auch mit Sonja. Ebenso ohnmächtig, mit der gleichen Angst sah sie ihn eine Zeitlang an, streckte plötzlich die Linke vor, stieß ihn leicht mit dem Finger gegen die Brust, stand langsam vom Bett auf und wich mehr und mehr vor ihm zurück, wobei ihr Blick, den sie auf ihn gerichtet hielt, immer starrer wurde. Ihr Entsetzen teilte sich auch ihm mit; genau der gleiche Schreck spiegelte sich auch auf seinem Antlitz wider; in der-selben Weise begann er sie jetzt anzusehen, und seine Züge zeigten dabei sogar fast das gleiche kindliche Lächeln.

»Hast du es jetzt erraten?« flüsterte er endlich.

»O Herr und Gott!« schrie sie plötzlich aus tiefster Brust auf.

Kraftlos fiel sie aufs Bett, das Gesicht in die Kissen

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