»Es ist wirklich so«, rief Dunja, während sie den Bruder offen und streng anblickte. »Als Mama die Treppe herauf-kam, bekreuzigte sie sich sogar vor Furcht.«

Sein Gesicht verzog sich wie in einem Krampf.

»Ach, was redest du da, Dunja! Rodja, sei bitte nicht böse ... Warum sagst du so etwas, Dunja?!« widersprach Pulche-ria Alexandrowna verwirrt. »Freilich, als ich hierherfuhr, malte ich mir während der ganzen Fahrt in unserem Abteil aus, wie wir einander sehen und über alles miteinander plau-dern würden ... und ich war so glücklich, daß ich die Fahrt nicht einmal spürte! Aber was rede ich da! Ich bin doch auch jetzt glücklich ... Warum sagst du solche Dinge, Dunja? Ich bin allein schon deshalb glücklich, Rodja, weil ich dich sehe ...«

»Lassen Sie es gut sein, Mama«, murmelte er verwirrt und drückte ihr die Hand, ohne zu ihr aufzusehen; »wir werden schon noch Zeit haben, nach Herzenslust miteinander zu reden!«

Bei diesen Worten erbleichte er in plötzlicher Bestürzung: wieder war das schon einmal empfundene entsetzliche Gefühl wie mit Eiseskälte durch seine Seele gezogen; wieder sah er mit einem Schlag ein, daß er jetzt eine furchtbare Lüge gesagt hatte, stand ihm klar vor Augen, daß er nicht nur nie wieder nach Herzenslust werde reden können, sondern daß er jetzt niemals und mit niemandem mehr über irgend etwas auch nur sprechen dürfe. Der Eindruck, den dieser qualvolle Ge-danke auf ihn machte, war so stark, daß Raskolnikow für einen Augenblick fast alles vergaß, aufstand und, ohne je-manden anzusehen, aus dem Zimmer gehen wollte.

»Was hast du?« rief Rasumichin und packte ihn am Arm.

Raskolnikow setzte sich wieder und blickte schweigend um sich; alle betrachteten ihn erstaunt.

»Was seid ihr denn so langweilig!« rief er plötzlich ganz unerwartet. »Sagt doch etwas! Was sitzen wir denn hier so herum! Na, so redet doch! Wir wollen uns unterhalten ... Da sind wir zusammengekommen, und jetzt schweigen wir ... Na, irgend etwas!«

»Gott sei Dank! Ich dachte schon, es finge wieder so etwas

- 292 -

Загрузка...