merkwürdig vor, wenn einem so etwas in Wirklichkeit be-gegnet ... Ach, wie schade, daß ich so wenig Zeit habe; denn Sie sind tatsächlich ein überaus interessanter Mensch! Lieben Sie übrigens Schiller? Ich liebe ihn ungemein.«

»Was für ein überheblicher Schwätzer Sie sind!« entgegnete Raskolnikow angewidert.

»Nun, bei Gott, das bin ich nicht!« antwortete Swidrigailow lachend. »Übrigens will ich mit Ihnen nicht streiten und bin meinetwegen ein überheblicher Schwätzer; aber warum soll man nicht große Reden führen, wenn es niemandem schadet? Sieben Jahre habe ich bei Marfa Petrowna auf dem Lande gelebt, und wenn ich jetzt auf einen klugen Menschen wie Sie stoße – auf einen klugen und höchst interessanten Menschen –, dann freue ich mich einfach darüber, schwatzen zu können; außerdem habe ich schon dieses halbe Glas Wein getrunken; das ist mir ein klein wenig zu Kopfe gestiegen. Aber vor allem gibt es da eine Sache, die mich sehr angeregt hat, über die ich aber ... schweigen werde. Wohin wollen Sie denn?« fragte Swidrigailow plötzlich erschrocken.

Raskolnikow war aufgestanden. Er fühlte sich bedrückt und beengt, und es war ihm irgendwie peinlich, hierherge-kommen zu sein. Er hielt Swidrigailow nachgerade für den ödesten und belanglosesten Halunken der Welt.

»Ach, ach! Bleiben Sie doch sitzen, gehen Sie noch nicht«, bat Swidrigailow, »und bestellen Sie sich wenigstens Tee. Na, bleiben Sie sitzen, ich werde keinen Unsinn mehr schwat-zen, das heißt, ich werde nichts mehr über mich sagen. Ich will Ihnen etwas erzählen. Wenn Sie mögen, erzähle ich Ihnen, wie mich eine Frau, um in Ihrem Stil zu sprechen, ,retten' wollte. Das wäre sogar eine Antwort auf Ihre erste Frage, denn diese Frau war Ihre Schwester. Darf ich es er-zählen? Wir bringen damit wenigstens die Zeit herum.«

»Erzählen Sie, aber ich hoffe, daß Sie ...«

»Oh, seien Sie unbesorgt! Außerdem kann Awdotja Romanowna einem so abscheulichen, nichtswürdigen Men-schen wie mir nur tiefsten Respekt einflößen.«

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