Zimmer, das von der Familie Kapernaumow vermietet wurde; links führte eine jetzt geschlossene Tür zu den an-deren Räumen. Auf der anderen Seite, in der rechten Wand, war noch eine Tür, die immer fest verriegelt war. Sie führte in die Nachbarwohnung, die eine eigene Türnummer hatte. Das Zimmer Sonjas sah wie eine Scheune aus; es hatte den Grundriß eines sehr unregelmäßigen Vierecks, und das machte es häßlich. Die eine Wand mit drei Fenstern, die auf den Kanal hinausgingen, schloß den Raum schräg ab, wes-halb die sehr spitze Ecke ganz in der Tiefe verschwand und bei der schwachen Beleuchtung nicht einmal richtig zu erken-nen war; die andere Ecke bildete einen häßlich stumpfen Winkel. Der ganze große Raum war fast unmöbliert. In der Ecke rechts stand das Bett, daneben, näher zur Tür hin, ein Stuhl. An derselben Wand wie das Bett stand dicht vor der Tür zu der Nachbarwohnung ein einfacher Brettertisch mit einer blauen Decke; neben dem Tisch standen zwei Rohr-stühle. An der gegenüberliegenden Wand, nahe dem spitzen Winkel, stand schließlich noch eine kleine Kommode aus ein-fachem Holz, die sich in dieser Öde zu verlieren schien. Das war das gesamte Mobiliar. Die vergilbten, schäbigen, zerris-senen Tapeten waren in den Ecken ganz schwarz geworden; offenbar war es hier im Winter feucht und muffig. Die Armut sprang in die Augen; nicht einmal das Bett hatte einen Vorhang.

Schweigend sah Sonja den Besucher an, der ihr Zimmer so aufmerksam und ungeniert musterte, und schließlich begann sie vor Angst geradezu zu zittern, als stünde sie vor ihrem Richter, der über ihr Geschick zu entscheiden hätte.

»Ich komme spät ... ist es schon elf?« fragte er, noch immer ohne sie anzusehen.

»Ja«, murmelte Sonja. »Ach ja!« fuhr sie plötzlich hastig fort, als läge darin ihre ganze Zuflucht. »Eben hat die Uhr meiner Wirtsleute geschlagen ... Ich habe es selbst gehört ... Es ist elf.«

»Ich bin zum letztenmal zu Ihnen gekommen«, sprach Ras-kolnikow finster weiter, obgleich er doch zum erstenmal hier war; »ich werde Sie vielleicht nie wiedersehen ...«

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