dort? Das Büro ist doch bis um zehn geöffnet ... Er lehnte sich mit dem Rücken gegen das Geländer und blickte sich um.

Nun, was! Meinetwegen! sprach er energisch, verließ die Brücke und schlug die Richtung nach dem Revier ein. Sein Herz war traurig und leer. Denken wollte er nicht. Sogar der Kummer war ihm vergangen; er spürte nichts mehr von der früheren Energie, mit der er von zu Hause weggegangen war, damit »das alles ein Ende habe«. An ihre Stelle war völlige Apathie getreten.

Schließlich ist auch das ein Ausweg! dachte er, während er leise und matt den Kai des Kanals entlangging. Trotz allem mache ich ein Ende, weil ich's so will ... Ist das aber ein Aus-weg? Ganz gleich! Einen Klafter Platz werde ich haben – ha! Aber was für ein Ende ist das! Ist es wirklich das Ende? Werde ich es ihnen sagen oder nicht? Ach ... zum Teufel! Ich bin müde; wenn ich mich nur rasch irgendwohin legen oder setzen könnte! Am meisten schäme ich mich, weil das alles gar zu dumm ist. Pfeifen wir drauf! Pfui, was für Dumm-heiten mir in den Sinn kommen ...

Zum Polizeirevier mußte er geradeaus gehen und bei der zweiten Straßenkreuzung nach links einbiegen; dann waren es nur noch zwei Schritt. Doch als er zu der ersten Ecke ge-kommen war, blieb er stehen, dachte nach und machte einen Umweg durch zwei Straßen – vielleicht ohne jede Absicht, aber vielleicht auch, um wenigstens noch eine Minute zu zö-gern und Zeit zu gewinnen. Er ging mit gesenktem Blick. Plötzlich war ihm, als hätte ihm jemand etwas ins Ohr ge-flüstert. Er hob den Kopf und sah, daß er vor jenem Haus stand, dicht vor dem Tor. Seit jenem Abend war er nicht hier gewesen und nicht daran vorbeigegangen.

Ein unabweisbarer, unerklärlicher Wunsch lockte ihn. Er trat in das Haus, schritt durch die ganze Toreinfahrt, ging dann durch die erste Tür rechts und begann die bekannte Treppe zum vierten Stock hinaufzusteigen. Auf der schmalen, steilen Treppe war es sehr finster. Auf jedem Absatz blieb er stehen und blickte sich neugierig um. Im ersten Stock war der Fensterrahmen herausgenommen. Das war damals noch nicht, dachte Raskolnikow. Jetzt kam die Wohnung im zweiten

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