für irgend etwas leidenschaftlich dankte; zuletzt ging sie in ihr Zimmer und schloß sich ein.«

»Sie hat einen Brief bekommen?« fragte Raskolnikow be-troffen.

»Ja, einen Brief; wußtest du das nicht? Hm! ...«

Beide schwiegen.

»Leb wohl, Rodion. Weißt du, mein Lieber ... es gab eine Zeit ... Ach, leb wohl; siehst du, es gab eine Zeit ... leb wohl! Ich muß gehen. Ich werde mich nicht betrinken. Jetzt ist das nicht mehr nötig ... du täuschst dich!«

Er war in Eile; doch als er bereits draußen war und die Tür schon fast hinter sich geschlossen hatte, öffnete er sie noch einmal und sagte, wobei er es vermied, Raskolnikow anzu-blicken: »Übrigens – erinnerst du dich noch an diesen Mord, na, du weißt schon ... Porfirij ... das alte Weib? Nun, dann höre, daß der Mörder gefunden ist. Er hat freiwillig ein Ge-ständnis abgelegt und alle Beweise beigebracht. Es ist tatsäch-lich einer von diesen Arbeitern, von den zwei Malern, stell dir das bloß vor; erinnerst du dich noch, wie ich sie damals in Schutz nahm? Ob du mir glaubst oder nicht, aber diese ganze Szene mit seinem Kameraden, die Balgerei und das Gelächter auf der Treppe, als die Leute, der Hausknecht und die beiden Zeugen, hinaufstiegen – diese ganze Komödie hat er mit Absicht aufgeführt, um den Verdacht von sich ab-zulenken. Was für eine List, was für eine Geistesgegenwart bei einem so jungen Burschen! Es fällt einem schwer, das zu glauben; aber er selbst hat es erklärt, er selbst hat alles einge-standen! Und wie ich mich damals getäuscht habe! Nun, mei-ner Ansicht nach ist er geradezu ein Genie der Verstellungs-kunst und der Erfindungsgabe, ein Genie der kriminalistischen Irreführung – folglich braucht man sich über nichts zu wun-dern! Warum sollte es so ein Genie nicht geben? Und weil er nicht charakterstark genug war, um seine Rolle durchzuhal-ten, und ein Geständnis abgelegt hat, glaube ich ihm nur noch eher. So ist die ganze Geschichte wahrscheinlicher! ... Aber wie sehr ich mich damals getäuscht habe! Ich habe doch geradezu meine Hand für diesen Burschen ins Feuer gelegt!«

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