habe; daß er folglich mit Grund erzürnt gewesen sei, weil ich meine Schwester und Sofja Semjonowna auf eine Stufe stelle; und daß er schließlich, indem er mich angriff, auch die Ehre meiner Schwester, seiner Verlobten, verteidigt und bewahrt habe. Mit einem Wort: durch all das konnte er mich abermals mit den Meinen entzweien, und dann hoffte er natürlich, von neuem in Gnaden aufgenommen zu werden. Ich rede gar nicht erst davon, daß er gleichzeitig auch an mir persönlich Rache nehmen wollte, weil seine Annahme, daß mir die Ehre und das Glück Sofja Semjonownas sehr teuer seien, nicht unbegründet ist. Das war sein ganzer Plan! So fasse ich diesen Fall auf! Das war sein einziger Beweggrund, einen anderen kann es nicht geben!«

So oder beinahe so schloß Raskolnikow seine Rede, die von den Versammelten oft durch laute Ausrufe unterbrochen wor-den war, obgleich sie ihm sehr aufmerksam zugehört hat-ten. Doch trotz allen Unterbrechungen hatte er ruhig, genau, klar und bestimmt gesprochen. Seine energische Stimme, sein überzeugter Tonfall und sein strenges Gesicht machten auf alle einen außerordentlich tiefen Eindruck.

»Ja, so ist es, so ist es!« stimmte Lebesjatnikow begeistert zu. »Es muß so sein; denn sobald Sofja Semjonowna in unser Zimmer gekommen war, fragte er mich, ob Sie hier seien und ob ich Sie unter den Gästen Katerina Iwanownas nicht gesehen hätte. Zu diesem Zweck rief er mich ans Fen-ster und fragte mich dort leise aus. Offenbar war es für ihn von größter Wichtigkeit, daß Sie hier waren! Ja, so ist es, genauso.«

Luschin schwieg und lächelte herablassend. Übrigens war er sehr blaß. Er schien darüber nachzudenken, wie er sich herauswinden könnte. Vielleicht hätte er mit Vergnügen alles liegen und stehen lassen und wäre gegangen, doch im gegenwärtigen Augenblick war das fast unmöglich; es hätte bedeutet, die Richtigkeit der gegen ihn erhobenen Beschuldi-gungen und die Tatsache einzugestehen, daß er Sofja Semjo-nowna wirklich verleumdet hatte. Außerdem waren die An-wesenden, die ohnedies schon betrunken waren, auch in zu großer Erregung. Der Proviantbeamte, der freilich das meiste

- 515 -

Загрузка...