Swidrigailow in dem Augenblick, da Katerina Iwanowna ge-storben war, in Sonjas Wohnung zu ihm gesagt hatte, schien der gewöhnliche Gang seiner Gedanken unterbrochen zu sein. Doch obgleich diese neue Tatsache ihn aufs äußerste beun-ruhigte, beeilte er sich doch aus irgendwelchen Gründen keineswegs, den Fall zu klären. Wenn er sich manchmal irgendwo in einem abgelegenen, einsamen Stadtteil aufhielt, in irgendeiner armseligen Kneipe, allein am Tisch und in tiefem Sinnen, kaum dessen bewußt, wie er hierhergeraten war, fiel ihm plötzlich Swidrigailow ein; es kam ihm mit einemmal klar und mit zermürbender Deutlichkeit zu Bewußtsein, daß er sich möglichst bald mit diesem Menschen einigen und, wenn es irgendwie anging, einen endgültigen Entschluß fassen mußte. Als er einmal irgendwo über die Stadtgrenze hinaus-gekommen war, bildete er sich sogar ein, Swidrigailow warte hier auf ihn und sie hätten hier ein Zusammentreffen ver-abredet. Ein andermal erwachte er vor dem Morgengrauen irgendwo in einem Gebüsch auf der blanken Erde und wußte nicht mehr, wie er dorthin geraten war. Übrigens hatte er Swidrigailow in diesen zwei, drei Tagen nach Katerina Iwanownas Tod schon ein paarmal getroffen, zumeist in Sonjas Wohnung, wohin Raskolnikow wie ohne Absicht und fast immer nur für einen Sprung gekommen war. Sie wech-selten jedesmal ein paar flüchtige Worte miteinander und brachten die Sprache niemals auf den wesentlichen Punkt, als wäre es zwischen ihnen als selbstverständlich vereinbart, dar-über vorläufig zu schweigen. Der Leichnam Katerina Iwanow-nas lag noch auf der Bahre. Swidrigailow sorgte für das Begräbnis und erledigte alle Wege. Auch Sonja war sehr be-schäftigt. Bei ihrer letzten Begegnung hatte Swidrigailow ihm erklärt, daß er die Angelegenheit mit Katerina Iwanow-nas Kindern bereits erfolgreich zu Ende geführt habe; dank einigen Verbindungen habe er etliche Leute ausfindig gemacht, mit deren Hilfe er alle drei Waisen unverzüglich in sehr an-ständigen Waisenhäusern unterbringen könne; auch das Geld, das er für sie angelegt habe, sei dabei sehr förderlich gewesen, da es weit leichter falle, Waisen, die ein Kapital besäßen, irgendwo unterzubringen als ganz arme Kinder. Er sagte

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