»Alles tut er!« flüsterte sie hastig, während sie wieder zu Boden blickte.

Das ist ihr Ausweg! Das ist auch die Erklärung für ihren Ausweg! folgerte er in Gedanken, während er sie mit gieri-gem Interesse beobachtete.

Mit einem neuen, seltsamen, fast krankhaften Gefühl starrte er dieses blasse, magere, unregelmäßige, eckige Gesichtchen an, diese sanften blauen Augen, die in solchem Feuer, in einem so strengen, lodernden Gefühl funkeln konnten, diesen zarten Körper, der noch vor Entrüstung und Zorn zitterte, und das alles kam ihm noch sonderbarer vor, fast unmöglich. Eine Gottesnärrin! Eine Gottesnärrin! sagte er sich immer wieder.

Auf der Kommode lag ein Buch. Sooft er daran vorbei-gegangen war, hatte er es bemerkt; jetzt nahm er es in die Hand und sah es aufmerksam an. Es war das Neue Testament in russischer Übersetzung. Das Buch, in Leder gebunden, war alt und zerlesen.

»Woher hast du das?« rief er ihr durch das Zimmer zu.

Sie stand noch immer an der alten Stelle, drei Schritte vom Tisch entfernt.

»Irgend jemand hat es mir gegeben«, antwortete sie gleich-sam widerstrebend, und ohne ihn anzusehen.

»Wer hat es dir gegeben?«

»Lisaweta; ich bat sie darum.«

Lisaweta? Seltsam! dachte er.

Alles an Sonja war ihm auf unbegreifliche Weise von Minute zu Minute merkwürdiger und wunderbarer geworden. Er trug das Buch zu der Kerze und begann darin zu blättern.

»Wo steht die Geschichte von Lazarus?« fragte er schließ-lich.

Sonja blickte hartnäckig zu Boden und antwortete nicht. Sie stand ein wenig abgewandt vom Tisch.

»Wo steht die Geschichte von der Erweckung des Lazarus? Such sie mir heraus, Sonja!«

Sie blickte ihn von der Seite an.

»Nein, nicht da ... sie steht im vierten Evangelium! ...« flüsterte sie streng, ohne sich zu rühren.

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