gepreßt. Doch sofort sprang sie wieder auf, rückte zu ihm hin, nahm ihn bei beiden Händen, drückte sie mit ihren zarten Fingern fest wie in einem Schraubstock und sah ihm aber-mals unbeweglich, wie erstarrt, ins Gesicht. Mit diesem ver-zweifelten Blick wollte sie vielleicht noch eine letzte Hoffnung erhäschen. Aber es gab keine Hoffnung mehr; es blieb kein Zweifel: alles war so! Sogar später, sooft sie sich dieses Augenblickes entsann, war es ihr seltsam und verwunderlich, wie sie so auf einmal hatte sehen können, daß kein Zweifel mehr bestand. Sie konnte doch nicht zum Beispiel sagen, daß sie irgend etwas Derartiges geahnt hätte? Trotzdem schien ihr plötzlich, sobald er ihr das gesagt hatte, als hätte sie gerade das vorausgeahnt.

»Laß gut sein, Sonja, genug! Quäl mich nicht!« bat er sie schmerzlich.

Er hatte es ihr nicht auf diese Weise sagen wollen, ganz und gar nicht, aber so war es eben gekommen.

Völlig verstört sprang sie auf und ging händeringend bis zur Mitte des Zimmers; doch gleich kam sie wieder zurück und setzte sich aufs neue neben Raskolnikow, so daß ihre Schulter beinahe die seine berührte. Plötzlich schrak sie zu-sammen, als hätte man sie mit einem Dolch durchbohrt, schrie auf und warf sich, ohne selbst zu wissen weshalb, vor ihm auf die Knie.

»Was haben Sie sich da angetan, warum?« stieß sie ver-zweifelt hervor.

Und sie sprang auf, warf sich ihm an den Hals, umfing ihn und preßte ihn fest, fest in ihren Armen.

Raskolnikow taumelte zurück und betrachtete sie mit traurigem Lächeln.

»Wie sonderbar du bist, Sonja – du umarmst und küßt mich, obgleich ich dir das gesagt habe. Du weißt nicht, was du tust!«

»Nein, jetzt gibt es keinen unglücklicheren Menschen auf der ganzen Welt als dich!« rief sie wie wahnsinnig; sie hatte seine Bemerkung nicht gehört und begann plötzlich zu schluchzen wie in einem hysterischen Anfall.

Ein schon lange nicht mehr gekanntes Gefühl durchströmte

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