Bis zum gestrigen Tag phantasierte er und war fast nicht bei Bewußtsein ... Ob du mir glaubst oder nicht, Porfirij, er konnte sich gestern kaum auf den Beinen halten, doch sobald Sosimow und ich ihm den Rücken gekehrt hatten, zog er sich an, nahm insgeheim Reißaus und trieb sich bis beinahe Mitter-nacht irgendwo herum, und das, obwohl er kaum seiner Sinne mächtig war, sage ich dir! Kannst du dir das vorstellen? Wirklich eine tolle Geschichte!«
»Tatsächlich nicht seiner Sinne mächtig? Ich bitte Sie!« Por-firij schüttelte mit einer seltsam weibischen Gebärde den Kopf.
»Ach, Unsinn! Glauben Sie das nicht! Sie glauben es übri-gens auch so nicht!« entfuhr es Raskolnikow in seiner rasen-den Wut. Doch Porfirij Petrowitsch schien diese merkwür-digen Worte überhört zu haben.
»Wie hättest du denn weggehen können, wenn du bei Ver-stand gewesen wärst?« ereiferte sich Rasumichin. »Wozu bist du weggegangen? Weshalb? ... Und warum heimlich? Du kannst doch überhaupt nicht bei klarem Verstand gewesen sein! Jetzt, da alle Gefahr vorüber ist, sage ich dir das ganz offen!«
»Die beiden gingen mir gestern ausgesprochen auf die Ner-ven«, wandte sich Raskolnikow plötzlich mit dreist-heraus-forderndem Lächeln an Porfirij. »Und da lief ich ihnen davon, um mir eine Wohnung zu suchen, damit sie mich nicht fän-den, und nahm einen Haufen Geld mit. Herr Sametow hier hat das Geld gesehen. Sagen Sie nur, Herr Sametow, war ich gestern bei Verstand, oder phantasierte ich? Entscheiden Sie den Streit!«
Er hätte in diesem Augenblick Sametow erwürgen mögen. Dessen Blick und Schweigen mißfielen ihm aufs höchste.
»Nach meiner Meinung war das, was Sie sagten, recht ver-nünftig und sogar gerissen, nur waren Sie ziemlich reizbar«, erklärte Sametow trocken.
»Heute hat mir Nikodim Fomitsch erzählt«, warf Porfirij Petrowitsch ein, »daß er Sie gestern sehr spät abends in der Wohnung eines Beamten gesehen habe, der unter die Pferde geraten sei ...«