»Ich komme gleich zurück!« rief er der leichenblassen Pul-cheria Alexandrowna zu und lief aus dem Zimmer.

Raskolnikow erwartete ihn am Ende des Ganges.

»Ich habe ja gewußt, daß du mir nachkommen würdest«, sagte er. »Geh wieder zu ihnen und sei an ihrer Seite ... Sei auch morgen bei ihnen ... immer. Ich werde ... vielleicht wiederkommen ... wenn ich kann. Leb wohl!«

Und ohne ihm die Hand zu reichen, ließ er ihn stehen.

»Wohin gehst du denn? Was hast du? Was ist mit dir? Das ist doch nicht möglich! ...« murmelte Rasumichin fassungslos.

Raskolnikow blieb noch einmal stehen.

»Ein für allemal: du darfst mich nie nach etwas fragen. Ich kann dir nicht antworten ... Komm nicht zu mir. Viel-leicht werde ich hierherkommen ... Laß mich, aber sie ... laß nicht im Stich. Verstehst du?«

Auf dem Korridor war es ziemlich dunkel; sie standen neben der Lampe. Etwa eine Minute lang blickten sie einander schweigend an. Rasumichin erinnerte sich sein ganzes spä-teres Leben hindurch an diese Minute. Der lodernde, starre Blick Raskolnikows schien von Sekunde zu Sekunde stärker zu werden; er drang Rasumichin in die Seele, ins Bewußt-sein. Plötzlich erschauerte Rasumichin. Etwas Seltsames schien zwischen ihnen vorzugehen ... Ein Gedanke huschte vorüber, eine Art Andeutung: etwas Entsetzliches, Abscheu-liches, das plötzlich beide verstanden hatten ... Rasumichin wurde totenblaß.

»Verstehst du jetzt?« sagte Raskolnikow plötzlich mit schmerzlich verzerrtem Gesicht. »Geh zurück, bleib bei ihnen«, fügte er mit einemmal hinzu, wandte sich rasch um und ver-ließ das Haus ...

Ich will jetzt nicht beschreiben, was an jenem Abend bei Pulcheria Alexandrowna geschah, wie Rasumichin zu den beiden zurückkam, wie er sie beruhigte, wie er schwor, man müsse Rodja sich von seiner Krankheit erholen lassen, wie er schwor, Rodja werde unbedingt wiederkommen, jeden Tag kommen; seine Nerven seien sehr, sehr zerrüttet; man dürfe ihn nicht reizen; er, Rasumichin, werde ihn beobachten, ihm einen guten Arzt beschaffen, den besten Arzt, ein ganzes

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