das Zimmer, was sie durch ein kleines Plakat im Tor und durch Zettel bekanntgab, die an die Scheiben der auf den Kanal hinausgehenden Fenster geklebt waren. Sonja war seit langem gewohnt, das Zimmer als leerstehend zu betrachten. Indes hatte während der ganzen Zeit hinter der Tür, die in die leere Stube führte, Herr Swidrigailow gestanden und heimlich gelauscht. Er blieb noch stehen, als Raskolnikow fortgegangen war, dachte eine Zeitlang nach, ging auf den Fußspitzen in sein Zimmer, das an den leeren Raum grenzte, holte einen Stuhl herbei und trug ihn, ohne Lärm zu machen, zu der Tür, die in Sonjas Gemach führte. Das Gespräch hatte ihn gefesselt und ihm sehr, sehr gut gefallen – so gut gefallen, daß er sogar den Stuhl holte, damit er das nächstemal, zum Beispiel schon morgen, nicht wieder die Unannehmlichkeit auf sich nehmen müßte, eine ganze Stunde lang zu stehen. So konnte er es sich bequem einrichten, um in jeder Hin-sicht ein vollkommenes Vergnügen zu haben.
Als Raskolnikow am nächsten Morgen, Punkt elf Uhr, das Polizeirevier betrat, die Kriminalabteilung aufsuchte und sich bei Porfirij Petrowitsch anmelden ließ, wunderte er sich gera-dezu darüber, wie lange man ihn warten ließ: es vergingen mindestens zehn Minuten, ehe man ihn hereinrief. Seiner Ansicht nach hätten sich jetzt alle nur so auf ihn stürzen müssen. Indessen stand er im Wartezimmer, und ständig kamen und gingen Leute an ihm vorbei, ohne sich über-haupt um ihn zu kümmern. In dem anstoßenden Raum, offen-bar einer Kanzlei, saßen einige Schreiber bei der Arbeit, und offensichtlich hatte keiner von ihnen auch nur den geringsten Begriff davon, wer und was Raskolnikow war. Unruhig und argwöhnisch sah er sich um, ob nicht irgendein Polizist in der Nähe stünde, um ihn zu bewachen, ob er nicht irgend-einen geheimnisvollen Blick auffangen könnte, der ihn beob-achtete und am Fortgehen hinderte. Aber nichts dergleichen war zu entdecken: er konnte einzig und allein einige Schrei-- 422 -