im Zimmer und ein stämmiges, rotbackiges Mädchen in einem aufgeschürzten gestreiften Rock, einen Tirolerhut mit Bän-dern auf dem Kopf; sie war etwa achtzehn Jahre alt, eine Art Straßensängerin, und sang trotz dem Chor im Nebenzimmer zur Begleitung des kleinen Leierkastens in ziemlich heiserem Alt einen Gassenhauer.

»Na, Schluß jetzt!« unterbrach Swidrigailow das Mädchen, als Raskolnikow eintrat.

Sie hörte sogleich auf und blieb in ehrerbietiger Erwartung stehen. Auch ihren schmissigen Gassenhauer hatte sie mit einem sonderbar ernsten, respektvollen Gesichtsausdruck ge-sungen.

»He, Filipp, noch ein Glas!« rief Swidrigailow.

»Ich trinke keinen Wein«, erklärte Raskolnikow.

»Wie Sie wollen; ich habe das Glas auch nicht für Sie bestellt. Trink, Katja, heute brauche ich euch nicht mehr, geht jetzt!«

Er schenkte ihr das zweite Glas voll und gab ihr eine gelbe Banknote. Katja leerte das Glas auf einen Zug, aber so, wie Frauen Wein zu trinken pflegen: ohne abzusetzen, jedoch in etwa zwanzig kleinen Schlucken; dann nahm sie den Geld-schein, küßte Swidrigailow die Hand, was er sich mit höchst ernster Miene gefallen ließ, und verließ das Zimmer, worauf sich auch der Knabe mit dem Leierkasten trollte. Man hatte sie beide von der Straße heraufgeholt. Swidrigailow war noch keine volle Woche in Petersburg, und doch stand alles in seiner Umgebung bereits irgendwie auf patriarchalischem Fuße mit ihm. Auch der Kellner Filipp war schon ein »Be-kannter« von ihm und schwänzelte unablässig um ihn herum. Die Tür zum Saal wurde geschlossen; Swidrigailow war in diesem kleinen Zimmer wie zu Hause und verbrachte viel-leicht ganze Tage dort. Das Gasthaus war schmutzig, schäbig und höchst drittrangig.

»Ich war auf dem Wege zu Ihnen; ich wollte Sie besuchen«, begann Raskolnikow, »und weiß gar nicht, weshalb ich vom Heumarkt plötzlich auf den A.-Prospekt abgebogen bin. Ich tue das nie und komme nie hierher. Vom Heumarkt biege ich immer nach rechts ab. Und auch der Weg zu Ihnen führt

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